Kreative und faire Fans aus Europa: Sie gehörten auch dank ihrer gebastelten Spielerkopf-Cutouts zu den Tops bei diesem 45. Ryder Cup in New York. | © Michael Reaves/Getty Images

Die Tops & Flops in New York

Luke Donald hat sich endgültig in die Geschichtsbücher eingetragen. Der Engländer ist nach Tony Jacklin (1985 und 1987) der erste Captain Europas, der dies- und jenseits des Atlantiks einen Ryder Cup gewinnen konnte. Auf Seiten der USA hat die Suche nach dem oder den Schuldigen bereits begonnen. Zwar sorgten Keegan Bradleys Männer am Sonntagnachmittag New Yorker Zeit dafür, dass drüben in Europa Golffans doch nicht so früh ins Bett gehen konnten, wie sie es nach dem Verlauf der Vierer an den beiden Vortagen geplant hatten, aber der US-Captain hat ein Heimspiel verloren – und Fehler eingestanden: „Ich habe definitiv einen Fehler beim Kurs-Setup gemacht. Ich hätte meiner Intuition ein bisschen mehr folgen sollen. Aus welchem Grund auch immer, das war nicht der richtige Weg, um den Kurs zu verbessern.“

 

In der Tat gehörte der Platz im riesigen Bethpage State Park auf Long Island definitiv zu den Verlierern dieses 45. Ryder Cups. Ähnlich wie der Weltranglistenerste Scottie Scheffler, die Golf-Mode und die heimischen Fans. Wo es Schatten gibt, da ist auch Licht und so wird dieser Ryder Cup auch mit ein paar echten Highlights beendet. Hier sind unsere Tops & Flops der 45. Ausgabe in den USA.

 

Die Tops

Irland – Die Bushs, Joe Biden, John F. Kennedy, Harry S. Truman, Ronald Reagan – die Liste ließe sich ewig fortsetzen: Zahlreiche ehemalige US-Präsidenten sind irischer Abstammung. „Wahrscheinlich haben hier nahezu 80 Prozent der Zuschauer irische Wurzeln“, hatten die Sky-Kommentatoren im Finish auf Grün 18 gewitzelt. Tatsächlich haben viele Millionen US-Amerikaner Vorfahren aus Irland. So richtig Irish ist dagegen Shane Lowry. Und genau der holte auf Grün 18 den entscheidenden halben Punkt, mit dem feststand: Der Cup bleibt in Europa. „Ich habe die Open in Irland gewonnen. Das war schon großartig. Aber der Ryder Cup bedeutet mir alles“, sagte ein erschöpfter und überglücklicher Lowry. Ausgerechnet ein Ire, wo doch die nächste Ausgabe des Ryder Cup 2027 in Adare Manor bei Limerick stattfinden wird. Lowry süffisant: „Ich glaube, es wir ein bisschen netter dort.“

 

Europas Fans – Es war klar, dass es schwierig werden wird mit dem kritischen und verwöhnten US-Publikum in New York. Am Anfang war's noch friedlich und fast zahm. Aber die amerikanischen Zuschauer bissen sich ins Turnier – und wurden unbequem. Ganz im Gegenteil die Fans, die sich aus Europa aufmachten, um ihr Team zu unterstützen. Sie gaben alles – nicht nur in Sachen Lautstärke, sondern auch in Bezug auf Fairness, Respekt und – vor allem – Kreativität. Das machte sich einmal mehr in den Kostümen bemerkbar, aber auch in Sachen Optik. Lustig: Wie immer wieder die Cutouts, also die selbst gebastelten Spielerköpfe von McIlroy, Rahm, Fleetwood und Co. über den Köpfen der Menge wanderten. Oder auch, was Humor im Rausche des Sieges betrifft: So wurde die offizielle Warnung auf Schildern des Bethpage Black Course kurzerhand mit KI umgebastelt. Dass der Platz quasi nicht mehr für „Highly Skilled Golfers“, sondern für Europäer empfohlen wird. Das Bild macht die Runde auf dem alten Kontinent. 

Cameron Young – Er ist der klare Sieger des US-Teams. Der 28-Jährige war als gebürtiger New Yorker nicht nur Lokalmatador und Publikumsliebling, sondern auch Punktelieferant, Motivator und bester Golfer im Team der Roten. In Session eins hatte Young noch Pause, wurde dann eingewechselt und landete an der Seite von Justin Thomas gleich einen Kantersieg gegen die Paarung Åberg/Højgaard. Auch am Samstag holte der sympathische und kämpferische Young einen Zähler und leitete am Sonntag im ersten Einzel gegen Justin Rose die Wende ein: Mit einem Birdie auf Bahn 18 machte er plötzlich dem ganzen Land doch noch mal Mut, dass da noch was geht. Die Aufholjagd war in vollem Gange. Dank Young, dem zuverlässigsten US-Golfer, der immerhin zu den vier Debütanten in seinem Team gehörte. Wir sind sicher, dass wir Cam in zwei Jahren in Irland wieder sehen werden. Starker Auftritt in allen Belangen. Nicht DeChambeau oder Scheffler zogen die Lok, sondern Young. Vielleicht der neue Captain America.

 

Tommy Fleetwood – Und wenn wir schon einen US-Akteur herausheben, wollen wir das auch bei den Europäern tun. Wobei das natürlich nicht einfach ist, denn bei der katastrophalen Performance in den Einzeln (nur ein Sieg von Ludvig Åberg) steht nach der großartigen Darbietung in den Vierern nämlich eigentlich das Team im Vordergrund. Ein Gesicht repräsentiert das Team aber bei dieser Ausgabe so gut wie kein anderes: Tommy Fleetwood. Der FedExCup-Champion holte die meisten Punkte, ließ sich durch seine coole, lockere und sympathische Art von den teils unfairen US-Fans überhaupt nicht beeindrucken und war vor allem am Freitag und Samstag immer da, wenn man ihn gebraucht hat. Wie schon bei vorangegangenen Ryder Cups: Fleetwood ist so etwas wie der nette Onkel im Team Europa, der den US-Boys so richtig weh tun kann. Dabei bleibt er immer fair, respektvoll und einfach nett. Mister Zuverlässig und für Captain Donald die Absicherung wie die Bank von England.

 

Alle Infos zum Ryder Cup hier > > >

 

Das Wetter – Klar, Golf ist Outdoor-Sport und somit stark von äußeren Bedingungen abhängig. Das zeigte sich schon im Vorfeld, als die Opening Ceremony wegen der angesagten starken Regenfälle verschoben werden musste. Je länger dieser 45. Ryder Cup aber dauerte, desto besser wurde das Wetter. Und das ist für die mediale Präsentation und die Stimmung vor Ort nicht ganz unwichtig. Als die Aufholjagd der US-Amerikaner durch Cam Young angeblasen war (siehe oben), kochte es im Bethpage State Park. Unter der wärmenden Abendsonne in New York, die die Anlage zur Crunch Time in ein wunderbares Licht tauchte, wurde es doch nochmal spannend, was viele kaum für möglich gehalten hatten. Okay, es hat schon epischere Ryder-Cup-Events gegeben, aber nach den eher durchwachsenen Prognosen der Wetterfrösche kam es am Wochenende dann doch anders. Als die gesamte Golfwelt in der entscheidenden Stunde zusah, knipste der Planet den Spot an. Traumhaftes Happyend. 

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Die Flops

Die Mode – Es war im Vorfeld ja schon viel diskutiert worden über die Team-Kleidung. Welche Farben? Welche Shirts? Welche Hosen? Natürlich kommt es auch und vor allem auf Funktionalität an bei den Klamotten, die die Stars beim Ryder Cup auf dem größten „Laufsteg“ der Welt präsentieren. Die US-Crew setzte diesmal auf das New Yorker Modelabel Ralph Lauren. Klar, klassisch Blau, Rot und Weiß. Aber es gab schon modischere Outfits. Die Hosen am Finaltag erinnerten teils an Thermo-Skihosen und die Polos hätten bei dem einen oder anderen auch eine Nummer kleiner ausfallen dürfen. Gut trainiert sind sie ja fast alle. Und dann war da noch der Mode-Fauxpas im Vorfeld bei der Eröffnungsfeier: Die US-Boys kamen mit weit aufgeknöpften Hemden und weißen Turnschuhen zum Empfang ins feine und historische Hempstead House auf Long Island. Und auch Team Europa hatte an einem Finaltag schon besser ausgesehen. Überall Streifen. Mal dickere, mal dünnere Streifen. Wir sehen für Adare Manor in zwei Jahren noch viel Luft nach oben in Sachen Mode.

 

McIlroys Mittelfinger – Es war das Gesprächsthema nach den Samstag-Sessions. Hat er das wirklich gemacht? Die einen verstanden es als Fingerzeig, die anderen als obszöne Geste. Wenn Rory McIlroy und Patrick Cantlay aufeinandertreffen, fliegen die Fetzen. Dass sich Europas Top-Spieler allerdings immer wieder dermaßen provozieren lässt, ist unverständlich. Es war klar, dass sie den Nordiren ins Ziel nehmen würden. „Shut the f... up!“, hat er ihnen einmal kurz vor seinem Schlag zugerufen. Natürlich soll Golf nicht mehr steif sein und lockerer werden, es gibt aber Gesten, die gehören nicht auf einen Golfplatz oder irgendeine andere Sportanlage. Diese Spieler sind Vorbilder, zumal eine Menge Kinder und Jugendliche zuschauen. Daher war der Mittelfinger ein Ausrutscher, für den es sich eigentlich zu entschuldigen gilt. Auch wenn es die pöbelnden Fans manchmal nicht anders verdient hätten. Negative Gedanken machen etwas mit dem Spieler. Vorbild Fleetwood: Einfach cool bleiben und überhaupt nicht reagieren. Dann wird die Menge schnell von alleine ruhig.

 

Scottie Scheffler – Okay, der Weltranglistenerste hat das Einzel der Superstars gegen McIlroy gewonnen. Knapp. Von einem Top-Star wie Scheffler erwartest du aber mehr als nur einen Punkt. Dass er alle vier Vierer-Sessions verlieren würde, das hätten wohl die kühnsten US-Pessimisten nicht zu träumen gewagt. Nur ein Pünktchen aus fünf Matches. Zu wenig für den derzeit besten Golfer der Welt. Er versuchte es auch mit mehreren Partnern: mal mit Russell Henley, mal mit J.J. Spaun und auch an der Seite des mit Adrenalin vollgepumpten Bryson DeChambeau verlor Amerika gegen die Herren Rose und Fleetwood. Nein, es war nicht der Ryder Cup des Scottie Scheffler, der nicht müde wurde, den Kapitän und den Teamspirit hervorzuheben. Die Körpersprache war nicht die eines Mannes, der ein Team, eine ganze Nation zum Triumph führt. Fast hatte man den Eindruck, Scheffler plagten andere, unbekannte Sorgen, als er im Abschluss-Interview nach seinem Einzel ungewöhnlich emotional wurde und vom US-Reporter nach dem Warum seiner Gefühle gefragt wurde.

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Der Platz – Was war darüber diskutiert worden, ob die Europäer auf dem so schwierigen Bethpage Black Course überhaupt eine Chance haben werden. Nicht nur wegen des Publikums; natürlich versuchten die Amerikaner, die Wiese so zu präparieren, dass es eine Art Home Turf werden wird. Mal abgesehen davon, dass kaum majestätische Bilder wie sonst anderswo von prunkvollen oder legendären Clubhäusern gezeigt werden konnten, weil der Bethpage State Park eben nicht die beeindruckenden Kulissen hergibt; der Platz war auch nicht wirklich so schwierig wie es im Vorfeld angekündigt worden war. Die Grüns waren vom vielen Regen zuvor nass, das Rough bestrafte kaum und wer den Drive völlig aus der Linie brachte, landete nicht selten auf runtergetrampelten Pfaden, auf denen die Ball-Lage fast besser war als auf dem Fairway. Kurz: Es gab schon deutlich schönere Anlagen bei Ryder Cups. Auch in den USA. 

 

Deutsche Sportmedien – Der Ryder Cup gehört zu den größten Sportevents der Welt. Wann und wo gibt es sonst einen Vergleich zwischen den USA und Europa? Okay, wegen Zeitverschiebung lief die Entscheidung eher zur ungünstigen Zeit nach Mitternacht auf Montag. Aber die Berichterstattung in deutschen Sportmedien ist sehr dürftig. Man muss lange an zig Fußball-Zweit- und Drittliga-Berichten vorbeiscrollen, bis man auf den großen Portalen überhaupt etwas findet zum Ergebnis in New York. Und irgendwo zwischen „Podolski halbnackt im Ultra-Block“ und Normalo-Ligaspielen in der NFL (American Football) findet sich dann was. Anders gehen britische, spanische oder skandinavische Medienhäuser damit um, die den Ryder Cup gleich auf ihre Titelseiten heben. Vielleicht lag's daran, dass diesmal wieder kein deutscher Spieler dabei war. Wir hoffen auf Adare Manor.

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