Ben Griffin und sein kurioser Regelfall bei der Rocket Classic. | © Getty Images / instagram.com

Vom Fehlschlag ins Cart profitiert

Verzogene Schläge auf der Tour landen nicht selten auf Tribünen, hinter Scoreboards oder im Bereich anderer Turnierbauten. Da es sich hierbei meist um unbewegliche Hemmnisse handelt, erhält der Spieler einen straflosen Drop am nächstgelegenen Punkt vollständiger Erleichterung. Bei beweglichen Hemmnissen verhält es sich jedoch anders. Beispielsweise, wenn ein Ball im Schoß eines Zuschauers landet. Oder in einem herumstehenden Cart, wie es am ersten Tag der Rocket Classic geschah. Ben Griffin verzog seinen zweiten Schlag auf Loch 14 des Detroit Country Clubs (Par 5) nach rechts. Der Ball sprang einmal im Rough auf und landete im Getränkehalter eines Kamera-Carts.

 

Ein Referee musste her. So eine Situation dürfte Griffin noch nicht oft erlebt haben. Dabei ist der Fall eigentlich ganz klar: Da die sogenannte „Jib-Kamera“ auf Rädern steht, wurde sie als bewegliches Objekt angesehen. Der Referee wies Griffin deshalb an, so vorzugehen, als wäre der Ball in den Schoß eines Fans gefallen. Das heißt: Ball aufheben, das bewegliche Hemmnis entfernen und den Ball in diesem Bereich fallen lassen. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine Person, sondern um ein Nutzfahrzeug mit einer an einem hohen Kran montierten Kamera. Griffin machte also von Regel 15.2 Gebrauch. 

Für die Darstellung dieser Inhalte von Instagram benötigen wir Ihre Einwilligung. Wenn Sie die Inhalte aktivieren, werden Ihre Daten verarbeitet und es werden Cookies zum Zwecke der Reichweitenmessung und des profilbasierten Online-Marketings auf Ihrem Endgerät gespeichert sowie von diesem gelesen. Informationen und Hinweise zur Einwilligungs-, Widerrufs- und Widerspruchsmöglichkeiten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung und der Datenschutzerklärung von Instagram.
Inhalte laden
Instagram-Beiträge immer entsperren

„Der Spieler darf straflose Erleichterung in Anspruch nehmen, indem er den Ball aufnimmt, das bewegliche Hemmnis entfernt und den ursprünglichen Ball oder einen anderen Ball in folgendem Erleichterungsbereich droppt (siehe Regel 14.3):

 

  • Bezugspunkt: die geschätzte Stelle unmittelbar unterhalb der Stelle, an der der Ball in oder auf dem beweglichen Hemmnis lag.“

 

Griffin durfte vom Bezugspunkt aus innerhalb einer Schlägerlänge droppen. Dies musste jedoch unter folgenden Einschränkungen erfolgen:

 

  • muss im selben Bereich des Platzes liegen wie der Bezugspunkt, und
  • darf nicht näher zum Loch liegen als der Bezugspunkt.

 

In Griffins Fall war die Vorgehensweise eindeutig: Der US-Amerikaner konnte seinen Ball in einem Bereich des Roughs droppen, der durch das Cart plattgedrückt worden war. Der mehrmalige Sieger der PGA Tour hatte also durchaus Glück, dass sein Ball im Cart landete, da sich seine Balllage dadurch vermutlich sogar verbesserte. Manchmal können uns Golfern also auch bewegliche Hindernisse helfen.

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

Wie schon viele Leser richtig vermutet haben, gilt der Ball in dem Loch des Getränkehalters aus zweierlei Gründen nicht als eingelocht: Zum einen hatte das Loch für die Getränkeflaschen nicht den vorgeschriebenen Durchmesser und außerdem befand es sich nicht auf dem Grün des zu spielenden Lochs. Man darf wohl davon ausgehen, dass der Schlag trotzdem zum Vorteil des Spielers war, denn Carts stehen eher am Rand der Spielbahn, und ein Ball, der von einem Cart aufgehalten wird, bewegt sich zunehmend auf schlechtere Lagen zu. Der Ball muss dann aus dem Cart aufgenommen werden und an der Stelle gedroppt werden, die sich unter seiner ursprünglichen Lage im Cart befindet.

 

Sollte das Cart auf einem Weg gestanden haben, muss der Ball dennoch an dem Bezugspunkt auf dem Weg gedroppt werden, denn das im Moment angewandte Erleichterungsverfahren ist die Erleichterung vom beweglichen Hemmnis. Ist der gedroppte Ball danach wieder im Spiel und liegt tatsächlich immer noch auf dem Cartweg, darf im nächsten Schritt Erleichterung vom Cartweg genommen werden, denn dann befindet sich der Ball auf dem Weg und es existiert auch ein Bezugspunkt zur Bestimmung des Erleichterungsbereichs. Dieser Zwischenschritt muss sein, denn je nachdem, wie der Ball beim Droppen auf dem Weg springt, kann der Erleichterungsbereich auf der einen oder der anderen Seite des Wegs liegen.

 

Jetzt sollte man nicht glauben, der Schlag in das Cart sei eine Seltenheit. Bei Turnieren kommt es jedoch öfter vor, dass Bälle die Carts der Spielleitung oder von Pressemitarbeitern treffen oder darin liegenbleiben. Einer meiner interessantesten derartigen Regelfälle geschah auf der Wales Open 2005, als ein Spieler seinen Ball in dem Cart eines Marshals verloren hatte. Der Ball sprang von einem Cartweg aus unter das Cart und alle Zuschauer bestätigten, dass er nicht wieder zum Vorschein gekommen war. Da der Ball nicht zu finden war, erhielt der Spieler einen Freedrop für einen im beweglichen Hemmnis verlorenen Ball. Der Ball wurde dann später im Lenkgestänge des Carts eingeklemmt gefunden, wodurch sich die Regelentscheidung glücklicherweise als richtig erwies.

Weiteres zum Thema

Partner des DGV