Einer von vielen Spielern auf der Tour mit dem langen Putter: Matti Schmid. | © 2025 Getty Images

Nah am Körper oder schon geankert?

In dem traditionsreichen Sport, in dem Etikette, Technik und jahrhundertealte Regeln aufeinandertreffen, sorgte eine unscheinbare, aber revolutionäre Waffe für hitzige Debatten: der sogenannte Broomstick-Putter. Sein ungewöhnliches Design und die Art der Nutzung führten zu einem einschneidenden Regelverbot und lassen bis heute die Emotionen hochkochen. Erst kürzlich, als Matti Schmid, Nutzer eines Broomstick-Putters, bei einem Turnier der PGA Tour um den Titel mitspielte, wurde das Thema wieder aufgegriffen.

 

Der Broomstick-Putter, der seinen Namen seiner Ähnlichkeit mit einem Besenstiel verdankt, ist deutlich länger als klassische Putter. Während Standard-Putter etwa 33 bis 35 Zoll messen, bringt es der Broomstick-Putter auf rund 48 bis 52 Zoll. Diese Länge erlaubt es den Spielern, den oberen Teil des Schlägers an Brust oder Kinn zu „ankern“, während die untere Hand den Schläger führt. Das Ergebnis ist ein stabilerer, ruhigerer Putt, besonders unter Druck. In den 1980er- und 1990er-Jahren begannen erste Tour-Profis mit Experimenten, doch den großen Durchbruch erlebte der Putter erst in den 2000er-Jahren. Spieler wie Bernhard Langer, Adam Scott oder Keegan Bradley nutzten den Broomstick-Putter als Mittel gegen das „Yips“-Syndrom, ein psychologisch bedingtes Zittern beim Putten, und gewannen damit Majors.

Die Regeländerung: Ankern verboten

Die wachsende Verbreitung der langen Putter und ihre offensichtlichen Vorteile riefen die Regelhüter auf den Plan. Schließlich trat 2016 eine tiefgreifende Änderung in Kraft: Seitdem untersagt Regel 10.1b der USGA (United States Golf Association) und der R&A (The Royal and Ancient Golf Club of St Andrews) das Ankern eines Schlägers am Körper während des Schlags. Hier heißt es: 

 

„Während des Schlags darf der Spieler den Schläger in keiner Weise verankern, weder 

 

  • direkt, indem der Schläger oder eine Griffhand gegen ein Körperteil gehalten wird (außer, dass es dem Spieler gestattet ist, den Schläger oder eine Griffhand gegen eine Hand oder einen Unterarm zu halten), noch 
     
  • indirekt mit Hilfe eines „Ankerpunkts“, indem ein Unterarm gegen ein Körperteil gehalten wird, um eine Griffhand als festen Punkt einzusetzen, um den die andere Hand den Schläger schwingen kann.“

     

Das Ziel ist es, die Integrität des Spiels zu bewahren. Kritiker argumentierten, dass das Ankern dem Putten einen wesentlichen Teil seiner Herausforderung nehme – die freie, ungestützte Bewegung der Hände. Das Verbot sollte sicherstellen, dass alle Spieler die gleichen Bedingungen haben und sich nicht mechanisch durch den Körper stabilisieren. Die entsprechende Regel beinhaltet folgenden wichtigen Absatz: „Berührt der Schläger des Spielers, die Griffhand oder der Unterarm beim Schlag leicht den Körper oder die Kleidung, ohne gegen den Körper gehalten zu werden, ist dies kein Verstoß gegen diese Regel.“

Warum bleibt das Thema so kontrovers?

Trotz des Verbots ist der Broomstick-Putter nicht verschwunden – nur das Ankern ist untersagt, nicht der Schläger selbst. Spieler dürfen ihn weiterhin verwenden, solange er nicht gegen den Körper gedrückt wird. Doch genau hier beginnt die Grauzone: Bernhard Langer etwa nutzt den Broomstick-Putter weiterhin auf der Champions Tour und erntet dafür regelmäßig Kritik. Zwar beteuert er, den Schläger nicht zu ankern, doch die Nähe zum Brustbein lässt manche Skeptiker zweifeln.

 

Die Regel ist schwer zu kontrollieren. Die Grenze zwischen „nah am Körper“ und „tatsächlich geankert“ ist oft subjektiv und visuell kaum eindeutig zu erkennen. Ein weiteres Argument ist, dass das Verbot Spieler benachteiligt, die den Broomstick-Putter aufgrund körperlicher Einschränkungen nutzen, etwa bei Rückenproblemen oder Tremor-Erkrankungen. Hier prallen sportliche Fairness und Inklusion aufeinander.

Rückkehr zum kürzesten Schläger im Bag

Einst war der Putter der kürzeste Schläger im Bag. Mit dem Aufkommen der Broomstick-Putter gilt dieser Grundsatz jedoch nicht mehr. DP-World-Tour-Profi Eddie Pepperell ist ein vehementer Verfechter dieser Idee und plädiert dafür, dass der Golfsport in diesem Fall zu seinen Wurzeln zurückkehren sollte. Erst kürzlich sprach er sich dafür aus, dass man darauf bestehen müsse, dass der Putter der kürzeste Schläger im Bag ist. Für den Engländer ist dies ein simpler Ansatz. Laut einem Referee der DP World Tour sei dies jedoch „extrem schwierig“ durchzusetzen.

 

„Wir haben mit einigen Spielern gesprochen, von denen wir dachten, dass sie kurz davorstanden, gegen die Regel zu verstoßen. Tatsächlich sind sie zu kürzeren Puttern zurückgekehrt, was gut ist“, sagte der Referee gegenüber BBC Sports. „Aber letztendlich muss man sich auf die Integrität der Spieler verlassen. Wie soll man das durchsetzen? Es steht ihr Wort gegen das ihre. Man befindet sich in einer Zwickmühle.“ 

 

Wenn man einem Spieler also vorwirft, gegen diese Regel verstoßen zu haben, spricht man ihm die Integrität ab. „Das Letzte, was ich tun möchte, ist, gegen Regeln zu verstoßen und als Betrüger bekannt zu sein“, entgegnete Langer einmal, als er zu diesem Thema befragt wurde. Zusammenfassend lässt sich zu diesem Thema sagen: Wie so oft im Golf können Regeln nur einen Rahmen vorgeben. Für deren Einhaltung ist am Ende jeder selbst verantwortlich.

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

Pro oder Contra, das ist die Frage nach der Verwendung von Broomstick-Puttern. 

 

Wenn es so einfach wäre, dass man den Spielern dabei generell einen unfairen Vorteil nachweisen (und nicht nur unterstellen) könnte, wäre ein Verbot in Kürze da. Es ist jedoch möglich, mit einem Broomstick-Putter einen regelkonformen Schlag zu machen, und dies spricht gegen das Verbot. Einen Schläger zu verbieten, weil man damit unter Verstoß gegen die Regeln spielen kann (falls man ihn verankert), stellt alle Spieler pauschal unter Verdacht, unehrlich zu spielen. Wenn die Länge des Schlägers reglementiert würde, um zum traditionellen Aussehen des Spiels zurückzukehren, kommt dann als nächstes die Frage nach der Notwendigkeit von Carbon-Schäften und Metallköpfen an den Hölzern? Sollen wir alle wieder zurück zu Stahlschäften und Persimmon-Holzköpfen? Das würde mit einem erheblichen Schlaglängenverlust einhergehen und das Platzdesign moderner Championship-Plätze in Frage stellen. Ganz nebenbei würden unsere Handicaps alle einen Satz nach oben machen, denn auch wir Amateure könnten unsere aktuelle Spielstärke dann nicht mehr halten. 

 

Auch in anderen Sportarten hat eine andere Technik und neues Material zu besseren Ergebnissen geführt. Nun steht es im Golf wieder einmal zur Diskussion, den Broomstick-Putter zu verbieten, weil es nicht „traditionell“ aussieht. Muss es so aussehen? Wenn man sich die Kleidung mancher heutiger Spieler anschaut und mit alten Bildern von Ben Hogan oder Gene Sarazen vergleicht, würde man sich bei manchen Spielern vielleicht auch gerne wieder ein traditionelleres Erscheinungsbild wünschen. Aber wünschen und umsetzen sind zwei verschiedene Dinge. Sollen die Traditionalisten doch ruhig sagen „das sieht komisch aus“. Wenn die Spieler damit leben können, die einen Broomstick-Putter verwenden, dann ist doch allen geholfen." 

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