Wie der „Black Knight“ die Schwarzen Berge verändert
Jeder fängt mal klein an. Das galt im vorliegenden Fall selbst für Gary Player, der wegen seiner stets schwarzen Spielkleidung auch „Black Knight“, der „Schwarze Ritter“, genannt wurde. Der Altmeister und weltweit erfolgreiche Golfplatz-Designer durfte im vorigen Sommer im Rahmen einer vorgezogenen „Eröffnungsfeier“ den symbolischen ersten Ball auf dem ersten Golfplatz der kleinen Balkan-Republik Montenegro abschlagen. Der Premierenball verschwand dann freilich - in Ermangelung eines kompletten Fairways oder Grüns - irgendwo in der Macchie, dem dichten mediterranen Buschwerk oberhalb der Adriaküste.
Erst im kommenden Sommer, ein Jahr nach dem symbolischen „Inaugural Event“, sollen die ersten drei von Gary Player gestalteten Bahnen von „The Peaks“ auf der kleinen Lustica-Halbinsel, auf denen mittlerweile das Fairwaygras heranwächst, „operational“ sein. Eine 9-Loch-Runde wird man ab Ende 2026 spielen können; und spätestens 2029, so der Plan, dürfen die Montenegriner und ihre Gäste zur ersten vollen Golfrunde auf dem Gary Player-Platz hoch über der südlichen Adria abschlagen.
Gigantische Projekte
Doch der scheinbar so bescheidene Beginn in kleinen Schritten täuscht. Der Ägypter Samih Sawiris hat - wie immer, wenn er irgendwo ein gewaltiges Tourismusprojekt aus dem Boden stampfen läßt - auch in Lustica Bay Großes vor. Die Orascom Development Holding des Milliardärs aus Kairo, der in Berlin Wirtschaftsingenieurwesen studiert hat und fließend Deutsch spricht, gilt als führender Entwickler kompletter neuer touristischer Destinationen mit mehreren Hotels, dutzenden oder gar hunderten Privatvillen und -Apartments - in der Regel inklusive Yachthafen, Golfplatz, Bars, Restaurants, Shoppingcenter und sonstiger touristischer Infrastruktur.
Das beeindruckende Portfolio von Orascom umfaßt allein vier Großprojekte am Roten Meer in Ägypten. Aber auch in die Golf-Emirate, nach Oman, Marokko, ins Vereinigte Königreich und ins Land der Eidgenossen will Sawiris Holding, die schon vor etlichen Jahren ihren Hauptsitz in die Schweiz verlagerte, zahlungskräftige Touristen und Investoren in großem Stil locken.
Neues touristisches Highlight
In Montenegro sicherte sich Samih Sawiris zur rechten Zeit ein wahres Filetstück in absoluter 1-A-Lage: schon vor 17 Jahren erwarb sein Unternehmen nicht weniger als 690 Hektar auf der Halbinsel Lustica, die von Süden in die Boka-Bucht hineinragt und die berühmte fjord-ähnliche, rund 30 Kilometer lange und verzweigte Bucht von Kotor vor den gelegentlich stürmischen Fluten der Adria abschirmt. Der von steilen Bergflanken gesäumte einzige südeuropäische “Fjord” mit den pittoresken historischen Städten Tivat und Kotor zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe und gilt neben dem kroatischen Dubrovnik als eines der großen touristischen Highlights der südlichen Adria.
In ein solches will Samih Sawiris nun die Halbinsel Lustica selbst verwandeln. Zusammen mit der Regierung Montenegros verwirklicht er hier ein XXL-Tourismusprojekt, das viele der kleinen Republik mit ihren gerade mal 620.000 Einwohnern eigentlich gar nicht zugetraut hätten. Die Gesamtinvestitionen werden auf stolze anderthalb Milliarden Euro geschätzt, wobei ein Zehntel in Straßen, Strom- und Wasserleitungen, Kanalisation und andere Infrastrukturmaßnahmen fließt.
Viermal größer als Monaco
Nicht ohne Stolz verweisen die Marketing-Leute von Lustica-Development darauf, daß die Gesamtfläche des neuen Touristenmagneten an den Gestaden der südlichen Adria mit 690 Hektar und fast sieben Kilometer Küstenlinie fast viermal größer ist als das berühmte, aber flächenmäßig vergleichsweise mickrige Großherzogtum Monaco. Kein Wunder, daß in Lustica Bay als Erstes ein stattlicher Yachthafen mit bislang 115 Liegeplätzen gebaut wurde. Wenn alles fertig ist, sollen es sogar 176 Liegeplätze sein, an denen Superyachten bis zu 45 Meter Länge festmachen können. Das sollte ausreichen für die allermeisten schwimmenden Spielgeräte der Promis und Oligarchen, die ihren Reichtum in den angesagtesten mediterranen VIP-Häfen zur Schau stellen wollen.
Gleich neben und oberhalb des Yachthafens inklusive Leuchtturm entstand das Marina Village - wobei der Name fast eine Untertreibung ist. Hier wurde eine komplett neue kleine Hafenstadt aus dem Boden gestampft mit komfortablen Wohnungen für mehr als tausend Einwohner, einer Uferpromenade mit Restaurants, Cafés, Bars und Edelboutiquen und dem 5-Sterne-Hotel The Chedi, wo sich schon eine Menge Film- und Sportstars im Gästebuch verewigt haben.
Schöner wohnen an der Adria
Oberhalb der Marina, auf einem kleinen Hochplateau mit spektakulärem Meerblick, nähert sich ein weiteres Ortszentrum, genannt Centrale, der Vollendung, mit noch mehr Wohnungen, um einen Marktplatz gruppierten Läden, mit Kindergarten, Schule, einem kleinen Hospital und anderen sozialen Einrichtungen. Und noch ein wenig weiter oben am Hang macht seit kurzem Botanika bella figura - zwei langgestreckte Gebäudereihen entlang der ersten drei nahezu fertig gestellten Golfbahnen des künftigen Gary-Player-Platzes. Exakt umfaßt die Botanika-Neighbourhood 44 Luxusvillen, 21 Townhouses und 80 Apartments mit allem denkbaren Komfort, denen in den nächsten Jahren viele weitere folgen sollen.
Insgesamt, so die Planung, soll Lustica Bay in Zukunft mehr als 3.000 Apartments sowie gut 300 luxuriöse Sea-View-Villen umfassen und mehr als 6.000 Menschen ein neues Zuhause bieten. „Schöner wohnen“ an der Adria. Zudem sollen bis zu sieben Vier- und Fünf-Sterne-Hotels die einst so ruhige und bis auf wenige kleine Dörfer naturbelassene Halbinsel in einen touristischen Hotspot verwandeln, der an der südlichen Adria seinesgleichen sucht.
Ein Golfplatz für die Bucket List
Und der nicht zuletzt Golftouristen aus ganz Europa anlocken soll. Der künftige Gary Player-Course, genannt The Peaks, soll so außergewöhnlich und exquisit werden, daß Golfer aus aller Welt ihn sozusagen wie einen unbedingt zu besteigenden Gipfel auf ihre Bucket List setzen. Bis es soweit ist, haben Steven McFarlane, Senior Designer bei “Black Knight International”, und sein Team allerdings noch jede Menge Arbeit vor sich. “Das Gelände von Lustica Bay mit seiner steilen Topografie und dramatischen Höhenunterschieden stellt uns vor große Herausforderungen”, sagt McFarlane.
Die niedrigste T-Box wird 130 Meter über dem Meeresspiegel liegen, das höchste Grün auf stattlichen 310 Metern. Die Frage ‘Buggy oder Tragebag?’ dürfte sich da für die allermeisten Gastspieler von vornherein erledigt haben.
Die von nahezu allen Besuchern als eine der schönsten Mittelmeerküsten gepriesene Region der südöstlichen Adria war bis dato eine komplett golffreie Zone. Zwar gab es vor gut zehn Jahren im Süden Kroatiens den Versuch, oberhalb von Dubrovnik mit einem vom Australier Greg Norman entworfenen Championship Course nebst großem Resorthotel touristisches Neuland zu betreten; doch das Projekt trat jahrelang auf der Stelle und wurde schließlich geschreddert - nicht zuletzt wegen des Widerstands der örtlichen Hotellerie, die sich verbissen gegen importierte Konkurrenz wehrte.
Von 18 Bahnen Meerblick
Kaum 50 Kilometer weiter südlich, in Montenegro, ist solcher Widerstand weit und breit nicht in Sicht. Im Gegenteil: Wenn man mit den Marketing-Verantwortlichen von Lustica Bay spricht, ist immer wieder die Rede von “Prime destination” und einer “World-Class destination”, die neue Standards im Tourismus der kleinen Balkan-Republik setze. Besonders stolz sind die Montenegriner darauf, daß ihr künftiger Signature Golf Course zu der kleinen Elite-Gruppe von Golfplätzen zählen wird, auf denen die Spieler von allen 18 Bahnen aus einen umwerfenden Meerblick genießen können - sei es auf die offene Adria oder auf die spektakuläre Bucht von Kotor, jenseits der die bis über 2.000 Meter hohen dicht bewaldeten Schwarzen Berge aufragen, denen Montenegro seinen Namen verdankt.
Der Schwarze Ritter selbst ist nach eigenem Bekunden überaus stolz, den Grünen Sport an die Balkan-Küste zu bringen - und hat regelrecht einen Narren gefressen an der wilden Schönheit der montenigrinischen Küsten-Landschaft. “Wenn ich mir noch ein Haus bauen sollte auf irgendeinem Golfplatz in der Welt”, sagte Gary Player schwärmerisch bei seinem jüngsten Besuch in Lustica Bay, “dann wäre das hier der richtige Ort.”
Es sollte für ihn kein Problem sein. Genügend Platz, auch in den allerbesten Hanglagen von The Peaks, ist noch reichlich vorhanden. Und außerdem fängt der Schwarze Ritter nach seiner grandiosen Karriere als Profi-Golfer und dem Bau von rund 300 Golfplätzen weltweit ja auch nicht wirklich klein an…
Die ganze Geschichte erzählt die jüngste Episode des Golfreise-Podcasts Ever Greens. Den Podcast unseres Autors Wolfgang Weber finden Sie bei Spotify, auf Apple Podcast, Deezer, überall sonst, wo es gute Podcasts gibt - auch auf golf.de und auf der Webseite www.ever-greens.de.