Prägte die Golfszene über Jahrzehnte: Detlef Hennies.

Trauer um Golf-Journalist Detlef Hennies: Ein Leben für den Sport

Es würde ihm gefallen, dass diese Zeilen am späten Abend entstehen. Detlef hat seine Geschichten selbst oft genug erst nach Mitternacht fertiggestellt. „Kinder, brennt es, oder was ist hier los?“, rief er früher durchs Großraumbüro, wenn einige der Jüngeren es wagten, vor 19 Uhr die Tasche zu packen. Da hatte er sich gerade erst warmgeschrieben. „Das Heft hängt!“, flötete er, bereit, um sich einen Tag nach Redaktionsschluss endlich um die Titelstory zu kümmern. Seine Texte waren meistens die letzten, die fertig wurden. Fast immer waren sie die besten. 

Begegnungen mit Langer & Co.

Mehr als 25 Jahre war das Golf Magazin der berufliche Mittelpunkt im Leben von Detlef Hennies. Als Redakteur, Reporter, stellvertretender Chefredakteur und ab Ende 2016 für knapp vier Jahre als Chefredakteur hat er Deutschlands älteste Golfpublikation inhaltlich gestaltet, geprägt, weiterentwickelt. Er hat die jahrelange Kooperation mit dem amerikanischen Partner Golf Digest verantwortet, war Mitglied der British Golf Writers Association und Präsident der Vereinigung Deutscher Golf Journalisten. Am liebsten aber hat er von den großen Turnieren berichtet, aus Augusta, St. Andrews oder Pebble Beach. Gene Sarazan, Sam Snead, Tiger Woods, Arnold Palmer, Seve Ballesteros – die meisten Legenden hat er erlebt, viele persönlich getroffen. Der Rockstar Alice Cooper war einer seiner verrücktesten Flight-Partner und Bernhard Langer begegnete er von allen Stars wohl am häufigsten. „Wenn, dann richtig! Volles Brett!“, hat Detlef immer gesagt. 

In Flipflops über den Golfplatz

Detlef, aufgewachsen im niedersächsischen Elze bei Hildesheim, war ein Netzwerker. Seine Drähte, ein Begriff, den er gern nutzte, reichten bis in die tiefsten Ebenen der deutschen und internationalen Golfszene. Er war ein Weltreisender, auf allen Kontinenten unterwegs. Um den Golfsport drehte sich ein großer Teil seines Lebens. Und doch war er selbst nie der klischeehafte Golfer, innerlich nicht und äußerlich schon gar nicht. Polohemden? Akzeptabel. Pullunder mit Rautenmuster? Niemals. Hätte es ihm die Etikette erlaubt, wäre er in Flipflops über den Platz marschiert. Er mochte das Einfache.   

45 Partien für Hannover 96

Vielleicht, weil seine erste und große sportliche Liebe eine andere war: der Fußball. Mit Anfang 20, nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann, kickte er in der 2. Bundesliga für Hannover 96. 45 Partien absolvierte er für den Club, als rechter Außenverteidiger und im defensiven Mittelfeld. Mitte der 80er-Jahre dann der Seitenwechsel: Er volontierte an der Axel-Springer-Journalistenschule, begann als Fußball-Reporter bei BILD in Hannover und wurde vom Kumpel zum Kritiker seiner langjährigen Teamkameraden. „Den Chefs waren meine Storys oft zu soft“, erzählte er einmal. Er wechselte dann in die Hauptredaktion nach Hamburg – und begleitete fortan den großen HSV. 

Anschließend der Einstieg in die Golfszene als Redakteur bei Golf Sport, später dann der Wechsel zum Golf Magazin. Zuletzt war Detlef Teil unseres Teams von Golf.de. Er entwickelte das redaktionelle Konzept der 2022 vom Deutschen Golf Verband (DGV) neu gestalteten Seite mit und engagierte sich als Berater und für die Vermarktung der Plattform. 

„Schreib bloß nicht zu viel über Golf"

Ihm wären das längst genug Fakten und Zahlen. Einen Nachruf, der sich an jeder einzelnen Station seines Lebens entlanghangelt, wäre wohl kaum in Detlefs Sinne. „Will doch keiner lesen“, würde er sagen. Ein paar launige Anekdoten wären ihm lieber. Als er mich 2019 zur Phoenix Open nach Arizona schickte, dem wohl lautesten und verrücktesten Turnier aller Touren, gab er mir, der bis dato überwiegend in der Tennisszene unterwegs gewesen war, diesen Rat: „Schreib bloß nicht zu viel über Golf, das sollen die anderen machen!“ Er meinte die Konkurrenz. Er wollte die besondere Geschichte, am besten mitten aus der Horde der Feierwütigen aufgeschrieben. Hauptsache anders als normal.  

 

Mir geistern in diesen Tagen viele Erinnerungen an Detlef durch den Kopf. Ich weiß noch, wie ich Anfang 2011, in meinen ersten Wochen als Volontär beim Tennis Magazin (die beiden Redaktionen teilten sich damals ein Büro), ganz schön eingeschüchtert war von dem Mann, der mir gern mal am frühen Abend einen 50-Euro-Schein in die Hand drückte und mich zum Supermarkt gegenüber schickte, um Gin Tonic für die ganze Truppe zu kaufen. „Bei uns laufen die Jüngsten! Und zwar normalerweise ohne Aufforderung!“, spöttelte er. Seine Sprüche flogen schneller als seine Drives. Oft auch gefährlich tief. Aber immer mit einem liebevollen Augenzwinkern, das habe ich schnell gemerkt. 

Dauerhaft und ansteckend gut gelaunt

Denke ich an die guten alten Zeiten, sehe ich Detlef auf seinem Gymnastikball am Schreibtisch sitzen, wenn man reinkam gleich rechts in der Ecke. Ich sehe ihn Reiseanträge per Hand ausfüllen und höre ihn frotzeln: „Geht das eigentlich immer noch nicht elektrisch? Verdammter Pfeffer!“ Ich sehe ihn in seinen Hausschuhen zum Drucker schlurfen, nach nebenan „ins Kabuff“, wie er zu sagen pflegte, die Brille auf das etwas dünne, graue Haupthaar gesteckt. Ich höre ihn trällern: „Putz, Lametta, Quark und das alles für ‘ne Mark!“ Der Mann war dauerhaft und ansteckend gut gelaunt, mit einem herrlichen Sinn fürs Herumblödeln. Manchmal lachten wir Tränen vor unseren Rechnern. Ich weiß gar nicht, ob er überhaupt mürrisch sein konnte.  

Vertrauensperson, Ratgeber, Mutmacher

Aber Detlef war weit mehr als nur unser Mann für die gute Laune. Er war, auch über unsere Doppel-Redaktion hinaus, für viele eine Vertrauensperson, Ratgeber, Mutmacher, ein Anker. Detlef war wertschätzend, loyal, hilfsbereit, großzügig sowieso. Vor allem aber war er herrlich bescheiden und uneitel. Er musste sich nicht über Hierarchien definieren, sondern erreichte Menschen mit Empathie und Integrität. Kein Wunder, dass ich nie jemandem begegnet bin, der Detlef nicht mochte, ach was, der ihn nicht von Herzen gernhatte.

 

Erstrecht aber war Detlef ein journalistisches Vorbild. Weil er so unterhaltsam schrieb wie er erzählte, manchmal wunderbar flapsig und immer pointiert, und weil ihm die Qualität einer Geschichte auch unter Zeitdruck stets am wichtigsten war. Schnell und schmutzig, wie es heute in so vielen Redaktionen üblich ist, war nie sein Ding. Größte Freude hingegen hatte er daran, junge Menschen für hochwertigen Magazin-Journalismus zu begeistern. Er nahm sie gern unter seine Fittiche, förderte und forderte sie. 

Der Blocker an der Platte

Auch wir forderten ihn – am liebsten an der Tischtennisplatte im Keller des Hamburger Verlagshauses. Detlef war als Blocker gefürchtet, zwischen ihn und die Platte passten manchmal kaum mehr als ein paar Heftseiten. Wir schnibbelten und schmetterten, bis der Schweiß auf den grauen Teppich tropfte und wir brüllten, bis der Sicherheitsdienst um Mitternacht in der Tür stand. Detlef durfte nie fehlen an diesen Abenden. Sonst wären viele Erlebnisse heute längst vergessen. 

Beim jährlichen Sportabzeichen rannte er bis vor ein paar Jahren noch den meisten 30-Jährigen davon. Über 3.000 Meter war er fast nicht schlagbar. Detlef war ständig aktiv. Selbst bei Dauerregen radelte er quer durch Hamburg. Und er kickte jede Woche mit seinen Jungs „auf der roten Asche“ von Hamburg-Altona, wie er gern betonte. Bewegung war sein Lebenselixier – dass er die letzte Zeit seines Lebens durch die Folgen der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), einer degenerativen Erkrankung des Nervensystems, nahezu bewegungslos verbringen musste, ist eine grausame Absurdität des Schicksals. 

Glück für mehrere Leben

Lieber Dedl, so nenne ich dich jetzt auch am Ende dieses Textes, weil wir dich immer so genannt haben. Ein Lieblingskollege warst du für ganz viele – und manche waren so beschenkt, dich als einen richtig guten Freund bezeichnen zu dürfen. Ich könnte ein Buch füllen mit den Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit. Nur kommen jetzt keine neuen mehr dazu, was schmerzt. Am 15. September 2025 bist du verstorben, im Alter von 65 Jahren, mindestens 30 Jahre zu früh. Deine entsetzliche Erkrankung hast du nicht nur lange und tapfer ertragen, du hast sie auf bewundernswerte Weise akzeptiert und dich sogar noch für ihre Erforschung engagiert.

 

Als ich dich vor gar nicht langer Zeit fragte, wie du es schaffst, trotz aller Widrigkeiten noch immer so lebensfroh und heiter zu sein und dich für die banalsten Erlebnisse deiner Mitmenschen zu interessieren, da hast du mir geantwortet: „Ich habe so viele schöne Dinge erlebt und Glück gehabt, dass es für mehrere Leben reichen würde.“ Du warst dankbar. Du hast das Leben geliebt. Und du brauchtest wenig, um zufrieden zu sein – das hat dich zu einem wahrhaft reichen Menschen gemacht. Bis es nicht mehr ging, hast du ausgekostet, was möglich war. Vor allem die gemeinsame Zeit mit deiner Partnerin, deiner Tochter, deinem Sohn, deiner Familie, die dir alles bedeutet und die dich bis zuletzt mit aller Kraft und voller Liebe begleitet haben. 

Ich sollte nun aufhören zu schreiben. „Ist erschütternd lang geworden“, würdest du sagen, deine Brille aufsetzen und kürzen. Irgendwann, lieber Dedl, treffen wir uns alle wieder – wo auch immer. Bis es soweit ist, bleibst du nicht nur in Erinnerung, nein, du bleibst ein Teil von uns allen, deren Lebenswege du auf so wunderbare Weise bereichert hast. Die Big Five, die es ohne dich so nicht mehr gibt, werden einige Ouzo auf dich trinken, eiskalt natürlich, wie früher, „Bommes“ bestellen statt Pommes und Extra-Kroketten. Das verstehen jetzt zwar nur noch wenige, ist aber egal. Es ist ohnehin spät geworden, gleich 1:30 Uhr. Zu dieser Zeit hast auch du häufig deinen Laptop zugeklappt.

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