Bei einem Rundgang über die Anlage wurde den Teilnehmern der Umgang mit den Aufwertungsflächen erklärt. | © DGV/Bensiek

GolfBiodivers: Vernetzung im Bielefelder Golfclub

„Es handelt sich um ein Realexperiment, in dem wir versuchen, neue Lebensräume für seltene und bedrohte Arten zu etablieren“, erklärte Wissenschaftlerin Frederike Velbert von der Universität Münster bei der jüngsten Vernetzungsveranstaltung im BGC. „Golfplätze eignen sich dafür in besonderer Weise, weil es zwischen den Spielbahnen große, naturbelassene Flächen gibt, die extensiv gepflegt werden.“

Vorgehensweise

Zunächst haben die Wissenschaftler der Uni Münster eine Inventur durchgeführt, also Bodenproben genommen und vorhandene Arten bestimmt. „Anschließend haben wir gemeinsam Blühstreifen und Saumvegetationen angelegt, einheimische Gehölze gepflanzt, Nisthilfen aufgestellt und Flachlandmähwiesen angesät“, berichtete der Bielefelder Head-Greenkeeper Jan Henrik Garten. Auf Letzteren sei die Mahd angepasst worden: Eine Fachfirma mähe die Wiesen zweimal im Jahr, lasse als Refugium für die Insekten nun aber Altgrasstreifen stehen. Das Schnittgut wird laut Garten nach vier Tagen von der Fläche entfernt, um diese abzumagern. Neben einer aufgewerteten Hälfte des Golfplatzes belibt die andere Hälfte bewusst unverändert, um den Erfolg der Maßnahmen später vergleichen und bewerten zu können.

Rundgang

„Ich habe von der Existenz des Programms GolfBiodivers erstmals durch die Einladung zu dieser Vernetzungsveranstaltung erfahren“, gestand Tanja Möller, Leiterin des Bielefelder Umweltamts. Vom Engagement des Golfclubs für mehr Artenvielfalt zeigte sie sich beeindruckt. Möller und zahlreiche Vertreter von anderen Golfclubs aus der Region ließen sich beim Rundgang über die Bielefelder Golfanlage den Umgang mit den Aufwertungsflächen erklären, etwa das Abmagern der Mähwiesen, aber auch die Auswahl des Saatguts, sprich, die gewünschten Pflanzen. „Wir wollen natürlich heimische Arten stärken, die die hiesigen Bestäuber wie Wildbienen bei der Nahrungsaufnahme bevorzugen“, sagte Frederike Velbert.

 

Fünf Clubs aus NRW

GolfBiodivers sei das größte Aufwertungsprogramm dieser Art in ganz Europa, betonte DGV-Auditor Dr. Gunther Hardt. Das Bundesumweltministerium sowie das Bundesamt für Naturschutz förderten das Projekt mit 2,7 Millionen Euro. Ziel ist laut Hardt, die Erkenntnisse aus Bielefeld und aus den anderen teilnehmenden Clubs später allen der mehr als 700 Golfanlagen hierzulande zur Verfügung zu stellen. 

 

In Nordrhein-Westfalen nehmen insgesamt fünf Golfanlagen am Programm „GolfBiodivers“ teil, neben Bielefeld auch der Golf- und Landclub Bad Salzuflen, der Golfclub Brückhausen, der Royal Saint Barbara's Dortmund Golf Club sowie der Golf- & Landclub Coesfeld. Hans-Georg Blümer, Geschäftsführer des Golfverbands Nordrhein-Westfalen, nahm ebenso an der Vernetzungsveranstaltung teil wie Jörg Vowinckel-Ewald, der DGV-Projektmanager GolfBiodivers, und Marc Biber, Abteilungsleiter Umwelt & Platzpflege.

 

„Der Bielefelder Golfclub ist besonders vorbildlich aufgestellt mit dem Vorstandsmitglied und Umweltbeauftragten Klaus Helmerding und Dr. Heiko Nebelsieck, der sich seit Jahren für das Thema Golf und Natur einsetzt“, sagte Auditor Hardt. So kooperiere der BGC seit Jahren bereits mit dem NABU und veranstalte zum Beispiel vogelkundliche Führungen über den Golfplatz. Auch die Ornithologen zeigen sich vom Lebensraum Golfplatz begeistert. Aber mehr geht immer.

Seltene Arten

„Unsere These ist: Wo wir aufwerten, gibt es anschließend mehr Pflanzen und Tiere“, sagt Wissenschaftlerin Frederike Velbert einerseits. Sollten einzelne Maßnahmen nicht erfolgreich sein, sei andererseits auch dies eine wichtige Erkenntnis. Der sehr nasse Herbst und das trockene Frühjahr haben die Ansaat der Blühwiesen laut Velbert jedenfalls sichtbar erschwert. Stolz berichtete die Forscherin indes, dass schon bei der Bestandsaufnahme im Bielefelder Golfclub seltene Arten wie Kaisermantel, Kleiner Feuerfalter und Ulmen-Zipfelfalter registriert worden seien, die den Sportplatz bei ihrer Nahrungsaufnahme offensichtlich schätzten.

 

„Wenn die ökologische Aufwertung wie erhofft gelingt, hilft das nicht nur gegen die globale Artenkrise“, unterstrich Heiko Nebelsieck. „Artenreiche Lebensräume können besser auf Wetterextreme reagieren, die mit dem Klimawandel einhergehen.“ Golfplätze seien insofern nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Noch bis 2029 läuft das insgesamt siebenjährige Programm.

Über den Bielefelder Golfclub

Der Bielefelder Golfclub wurde 1977 gegründet und verfügte zunächst über 13 Bahnen. 2008 wurde der Platz auf 18 Löcher erweitert. Nachdem die Driving Range des BGC durch Brandstiftung zerstört wurde, konnte der Club – auch dank öffentlicher Fördergelder – 2022 komplett neue Übungseinrichtungen eröffnen.

 

Die Golfanlage liegt am Nordhang des Teutoburger Waldes im Bielefelder Stadtteil Dornberg und ist zum Großteil von Wald gesäumt. Die Hanglage Richtung Norden schützt den Platz gerade im Sommer und in längeren Trockenperioden vor dem Austrocknen. Auf den Bahnen der Back-Nine gibt es mehrere Talmulden, die zum Teil von Quellbächen durchzogen sind. Diese sogenannten Sieks verleihen dem Bielefelder Golfplatz einen besonderen Charakter und erfordern ein genaues Spiel. Sie sind ebenso nicht zu betreten wie zahlreiche Biotopflächen auf dem Rest des Platzes.

 

Seit 2017 nimmt der Bielefelder Golfclub am DGV-Programm Golf & Natur teil und erreichte 2023 erstmals das Goldzertifikat. Der Club engagiert sich zudem für geistig behinderte Menschen, kooperiert mit der Mamre-Patmos-Schule und veranstaltet jährlich ein integratives Golfturnier. Der Club hat heute etwa 1050 Mitglieder und wird von Präsidentin Cornelia Burbach geführt.

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