Open-Sieg! Schefflers unheimliche Dominanz
Als sich das Feld der 153. Open Championship auf die Zielgerade bewegte, schien zunächst alles möglich: Mehr als ein halbes Dutzend Spieler lagen innerhalb von zwei bis drei Schlägen – darunter Lokalmatador Rory McIlroy sowie Major-Sieger wie Wyndham Clark und Matthew Fitzpatrick. Bei mildem Wind und trockenen Bedingungen bot Royal Portrush eine perfekte Kulisse für ein dramatisches Finale. Eigentlich.
Denn tatsächlich ging es an diesem Sonntag lediglich um den zweiten Platz. Die Claret Jug war nach wenigen Löchern de facto vergeben – an einen Texaner, der in Nordirland sein eigenes Turnier spielte und ein Tempo vorgab, dem niemand auch nur ansatzweise folgen konnte.
Scheffler in eigener Liga
Scottie Scheffler, der Weltranglistenerste, zeigte erneut, warum er derzeit der Maßstab im Golf ist. Kaum Fehler, maximale Kontrolle – er spielte, als hätte er einfach keine Lust auf einen stressigen Titelkampf. Präzises Ballstriking und ein Putter, der über weite Strecken heiß lief, führten zu einer eindrucksvollen Demonstration. „Wenn er ordentlich puttet, gewinnt er. Wenn er gut puttet, läuft er dem Feld davon“, hatte Tiger Woods ihn treffend charakterisiert. Letzteres passierte.
Mit vier Schlägen Vorsprung gestartet, eröffnete Scheffler die Finalrunde mit drei Birdies auf den ersten fünf Löchern. Ein Doppelbogey auf der Acht – nach Fauxpas im Fairwaybunker – konterte er sofort mit einem Birdie auf der Neun. Danach ließ er nichts mehr anbrennen. Der Mann, der die Claret Jug graviert, durfte früh zur Arbeit schreiten.
„Ich war heute sicher nicht der Publikumsliebling, aber habe heute doch Unterstützung erfahren. Dafür möchte ich mich bedanken“, erklärte Scheffler. „Als Kind bin ich immer früh aufgestanden, um dieses Turnier zu verfolgen. Jetzt stehe ich hier mit der Trophäe. Es ist unglaublich.“
Am Ende stand eine 68er-Runde, ein Gesamtergebnis von -17 und ein souveräner Vier-Schläge-Vorsprung auf Harris English (-13). Den dritten Platz sicherte sich Chris Gotterup (-12), Sieger der Scottish Open. Das US-Podium war perfekt.
Scheffler holte damit nach dem CJ Cup Byron Nelson, der PGA Championship und dem Memorial Tournament bereits seinen vierten Saisontitel. Noch beeindruckender: Seine letzten zehn Starts beendete er alle innerhalb der Top Ten. Mit nun vier Major-Titeln – darunter zweimal das Masters und die PGA Championship – fehlt ihm nur noch der Sieg bei der US Open zum Karriere-Grand-Slam.
Ein dominanter Pragmatiker
Was Schefflers Dominanz so besonders macht, ist nicht nur die sportliche Bilanz – sondern seine fast entwaffnende Nüchternheit im Umgang mit Erfolg. Noch vor Turnierbeginn erklärte er: „Du gewinnst, umarmst deine Familie, feierst ein paar Minuten – und überlegst, was es zum Abendessen gibt.“ Siege seien erfüllend, aber flüchtig. „Man arbeitet so hart für etwas, das so kurz anhält.“
Scheffler macht keinen Hehl daraus, dass Golf für ihn kein Selbstzweck ist: „Ich liebe es, diesen Sport auszuüben. Aber es ist nicht das, was mich ausmacht.“ Wer auf dem Golfplatz nach dauerhaftem Sinn oder innerem Frieden suche, werde enttäuscht. Eine ungewöhnlich offene Haltung – und bemerkenswert ehrlich in einem Sport, der oft von Pathos durchzogen ist.
McIlroy T7, Schmid verbessert
Hinter dem US-Trio landeten Wyndham Clark und Haotong Li auf dem geteilten vierten Rang. Für Rory McIlroy endete eine emotionale Heimwoche mit einer soliden 69 (-2) und einem geteilten siebten Platz, den er mit Titelverteidiger Xander Schauffele und Robert MacIntyre teilte.
Matti Schmid, der 2019 in Portrush noch als Amateur sein Major-Debüt feierte, kam nach einer 70 (-1) auf Rang 69 ins Ziel – eine klare Verbesserung nach der 79 am Samstag. Stephan Jäger verpasste den Cut.








