Tradition, Test und Talent: Die Lytham Trophy
Lytham St. Annes/England – Wenn Anfang Mai der Wind über die Irische See weht und der Blick über die gepflegten Fairways des Royal Lytham & St Annes GC vor den Toren Blackpools schweift, beginnt für viele Top-Amateure die erste große sportliche Bewährungsprobe des Jahres: die Lytham Trophy. Parallel gehen die Spieler der U18 bei der Fairhaven Trophy auf die Jagd nach Titel und Erfahrungen. Für das Junior Team Germany sowie weitere deutsche Hoffnungsträger ist der traditionsreiche Links-Klassiker ein wichtiger Gradmesser mit internationalem Format.
Kleines deutsches Aufgebot
In der diesjährigen Ausgabe der Lytham Trophy stehen mit Lauri Diener, Leopold Heß, Anton von L’Estocq, Leon Heeder und Valentin Fischer fünf Spieler aus dem Junior Team Germany im Teilnehmerfeld. Ergänzt wird das deutsche Aufgebot durch Mika Schepp (GC Hetzenhof) und Simon Haas (GC Am Reichswald).
Ein Turnier mit Geschichte und Charakter
Die Lytham Trophy wurde 1965 ins Leben gerufen, weil man davon überzeugt war, dass der Norden Englands ein eigenes hochkarätiges Amateurturnier verdient. Gleich bei der Premiere teilten sich mit Clive Clark und Michael Bonallack, der später geadelt wurde, zwei große Namen des britischen Golfs den Titel. Seither entwickelte sich das Event zum Frühjahrs-Höhepunkt im Kalender vieler Nationalkader und College-Golfer. Insbesondere das anspruchsvolle Kursdesign und die exponierten Lage an der windanfälligen Küste von Lancashire sorgten für die nötige Attraktivität des Turniers, zumal der Platz mit seiner Tradition als Austragungsort von The Open und auch dem Ryder Cup wie ein Magnet auf ambitionierte Golfer wirkt.
Gespielt werden an drei Wettkampftagen insgesamt 72 Löcher im Zählspiel. Je eine Runde am Freitag und Samstag, gefolgt von zwei Runden am Finaltag für die besten 40 Spieler plus Schlaggleiche. Die Liste früherer Teilnehmer liest sich wie ein „Who’s Who“ des internationalen Golfsports. Und auch wenn es im Juniorenbereich naturgemäß häufig Wechsel bei den Turniersiegern gibt, bleibt ein Sieg bei der Lytham Trophy in jeder Vita ein herausragendes Ergebnis.
Ein Platz, der keine Fehler verzeiht
Royal Lytham & St Annes zählt zu den renommiertesten Links-Plätzen der Welt. Der Club wurde 1886 gegründet, 1926 zum ersten Mal Austragungsort der Open Championship und gehört seitdem zum festen Kreis der „Open-Rota“, also der regelmäßig wechselnden Gastgeber dieses Majors. Markenzeichen des Platzes sind 174 tief eingelassene Topfbunker, enge Fairways und Grüns, die strategisch von Wind und Bunkern gleichermaßen verteidigt werden. Die 18 Spielbahnen sind umrahmt von Eisenbahnschienen und viktorianischer Vorstadtarchitektur – ein Kontrast, der den einzigartigen Charakter des Kurses unterstreicht. Die Herausforderungen machen den Platz teils zu einem Biest, aber immerhin gilt er als gerecht und fair.
Langer siegte 2019
Bernhard Langer, der gerade zum Ehrenmitglied des Deutschen Golf Verbands ernannt wurde, hat 2019 in Lytham einen seiner größten Siege bei den Tour Champions eingefahren. Auf dem Platz, auf dem nun die Amateure um den Titel spielen, holte sich der in Amerika lebende deutsche Ausnahmegolfer die Senior Open Championship des R&A. Bernhard Langer ging damals mit einem Rückstand von drei Schlägen in die Finalrunde. In Führung lag Paul Broadhurst, der einst die Lytham Trophy gewonnen hat. Langer, damals 61 Jahre alt, kam mit Volldampf aus dem Clubhaus und spielte auf der Front Nine satte vier Birdies. Der zweifache Masters-Champion blieb souverän und sicherte sich mit einer 66 den Titel. Dieses Turnier war gleichzeitig das letzte Major, an dem Tom Watson teilnahm.
Große Namen, große Momente
Die Liste der Open-Sieger, die in Lytham triumphierten, liest sich wie ein historisches Archiv des Golfsports. Bobby Jones (1926), Bobby Locke (1952), Peter Thomson (1958), Bob Charles (1963), Tony Jacklin (1969), Seve Ballesteros (1979, 1988), Tom Lehman (1996), David Duval (2001) und Ernie Els (2012) – sie alle schrieben hier Geschichte.
Legendär ist etwa Ballesteros’ Drive auf einen Parkplatz am 16. Loch 1979, der ihm den Spitznamen „Car Park Champion“ einbrachte – ein kreativer Umweg zum Birdie. Oder Tom Lehmans 64er Runde 1996, die bis heute einen der niedrigsten 54-Loch-Scores in der Geschichte der Open Championship manifestierte.
Neben The Open war Lytham auch Schauplatz zweier Ryder Cups, mehrerer Walker Cups, Women’s Open Championships sowie der Senior Open. Die Aura des Ortes strahlt auf jedes Turnier ab, somit auch auf die Lytham Trophy.
Ein Deutscher ganz oben – Tino Schuster 1999
Der bislang einzige deutsche Sieger der Lytham Trophy ist Tino Schuster. Der Nationalspieler und spätere European-Tour-Profi setzte sich 1999 in einem starken internationalen Feld durch und markierte damit einen Meilenstein für den deutschen Golfsport.
Ausblick und Einordnung
Die sieben deutschen Teilnehmer erwartet mit dem Royal Lytham & St Annes GC ein Härtetest der besonderen Art. Taktisch, technisch und mental wird den Athleten alles abverlangt. Wer auf diesem Platz besteht, hat das Potenzial für größere Aufgaben. Das Turnier gilt nicht nur als Formbarometer zu Saisonbeginn, sondern auch als Bühne für individuelle Entwicklungssprünge.
Das Junior Team Germany reist vor allem mit jungen Talenten an. Spieler wie Leopold Heß, Lauri Diener und Anton von L’Estocq haben zwar schon das eine oder andere Turnier auf großer, internationaler Bühne bestritten, gehören aber wie Leon Heeder und Valentin Fischer eher zu den Spielern, die im Prinzip nur gewinnen können, indem sie hier Erfahrungen sammeln.