Großer Titel für Charlie Woods – und ein stiller Moment für Tiger
Charlie Woods hat sein erstes großes Turnier der American Junior Golf Association (AJGA) im Streamsong Resort in Florida gewonnen. Drei Schläge lag er am Ende vor seinem stärksten Konkurrenten – nach Runden mit 70, 65 und 66 Schlägen. Das allein wäre keine Meldung wert, wenn Woods Junior nicht der Sohn vom berühmten Senior wäre. Doch bei einem, dessen Geburt vor etwas mehr als 16 Jahren bereits für Schlagzeilen sorgte, entstehen schnell große Geschichten.
Ein berühmter Vater – Vorteil oder zusätzlicher Druck?
Man könnte glauben, der Sohn von Superstar Tiger Woods habe es einfacher als andere auf dem Weg ins Profigeschäft. Die äußeren Bedingungen könnten nicht besser sein. Doch klar ist auch: Wer denselben Weg wählt wie sein übermächtiger Vater, muss mehr mitbringen als andere. Vor allem eine besonders ausgeprägte Resilienz im Umgang mit wolkenkratzerhohen Erwartungen. Ben Hogan sagte schon vor mehr als 40 Jahren: „Ich habe Mitleid mit reichen Kindern heutzutage. Sie werden nie die Möglichkeit haben, die ich hatte. (...) Jeder Tag, an dem ich Fortschritte machte, war eine Freude für mich – und das wusste ich zu schätzen.“
Im Schatten der Eltern
Auch in anderen Sportarten zeigt sich oft: Kinder berühmter Väter haben es manchmal besonders schwer. Im Tennis etwa scheiterte Julian Agassi, Sohn von Andre Agassi und Steffi Graf, früh an den Erwartungen der Öffentlichkeit, ein außergewöhnlicher Tennisspieler zu werden. Marcus Jordan blieb immer im Schatten von Basketball-Legende Michael Jordan. Und Mick Schumacher schaffte es zwar bereits in die Formel 1, wird aber vermutlich nie die überdimensionalen Fußabdrücke seines Vaters ausfüllen können.
Charlie Woods: Als Nummer 606 im Ranking zum Titel
Auch bei Charlie Woods liegt die Messlatte unfair hoch. Vor seinem Turniersieg wurde er auf Platz 606 der AJGA-Rangliste geführt – als einer der schlechtesten im Feld. Dass er dennoch gewann, erklärt viel über sein Potenzial und seine Willenskraft. „Allein schon sagen zu können, dass ich ein großartiges Turnier gewonnen habe und unter hohem Druck Leistung gebracht habe – das ist riesig für meinen weiteren Weg“, gab er anschließend zu Protokoll. „Ich konnte das bisher nicht behaupten. Aber jetzt kann ich es – und das ist ein großer Schritt für mein mentales Spiel.“
Der Blick nach vorn
Immer wieder erwähnt er selbst den Blick nach vorn. Das, was auch seinen Vater schon in jungen Jahren ausgezeichnet hatte. Weniger das Hier und Jetzt ist also von Bedeutung, sondern vor allem das, was kommen soll. Für Tiger Woods war das Golfspiel einst der Versuch, Nähe zu seinem Vater aufzubauen, dessen Ehe zu retten und Wohlstand für die Familie zu schaffen. Eine enorme Last für ein Kind. Charlie wirkt seinem Vater in vielen Aspekten ähnlich – seine Bewegungen, seine Mimik, seine Ernsthaftigkeit erinnern stark an Tiger. Vielleicht auch sein innerer Antrieb.
Charlie siegt und Tiger schweigt
Nach Charlies Triumph in Florida reagierte Tiger Woods übrigens – gar nicht. Kein öffentliches Statement, erst recht kein Interview. Es könnte das einzig richtige Verhalten eines Vaters sein, der den großen Traum des Sohnes zwar versteht und fördert, vor allem aber eines für ihn möchte: das Beste.
Ob Charlie Woods eines Tages als erfolgreicher College-Spieler durchstartet, ob er es auf die große Tour schaffen und vielleicht sogar Major-Turniere gewinnen wird? Zukunftsmusik. Die Gegenwart sind Bedingungen, die bei weitem nicht so einfach sein dürften, wie sie einem erscheinen können.








