Amundi Masters

Sensationssiegerin


18. Juni 2023 , Stefan Bluemer


Siegerin Kristyna Napoleaova aus Tschechien (© DGV/stebl)
Siegerin Kristyna Napoleaova aus Tschechien (© DGV/stebl)

Die Geschichte von Kristyna Napoleaova ist so besonders, dass man es fast nicht glauben mag. Die Tschechin gewinnt nach Stechen das Amundi German Masters powered by VcG im G&CC Seddiner See und holt sich nicht ganz sieben Jahre, nachdem sie zum ersten Mal einen Golfschläger angefasst hat, ihren ersten Sieg auf der LET. Beste Spielerin des Finaltags ist Sophie Hausmann, die eine fabelhafte 64 (-8) auf den Platz zaubert.

Michendorf – Wie schon zum Auftakt, so auch am Finaltag: das Wetter war sommerlich und machte es den Athletinnen und Zuschauern beim Amundi German Masters powered by VcG im G&CC Seddiner See leicht, den Tag zu genießen. Nachdem am Morgen der Start noch wegen Nebels verzögert war, brannte später die Sonne gnadenlos über Brandenburg.

Kristyna Napoleaova ging mit Cara Gainer und Diksha Dagar gemeinsam im Leaderflight raus. Die Inderin verabschiedete sich relativ früh aus dem Kampf um den Sieg, kam am Ende mit einer 72 ins Clubhaus und teilte sich den dritten Platz mit Sophie Hausmann. Sophie Hausmann? Die war vom 19. Platz gestartet und lieferte eine Galavorstellung, die die Zuschauer in schieres Entzücken versetzte. Die Hubbelratherin, die in der Order of Merit der Epson Tour in den USA derzeit auf Rang 14 steht, kam am Finaltag mit einer überragenden 64 (-8) vom Platz. Mit blitzsauberer Scorekarte knallte die 26-Jährige Birdie nach Birdie auf den Platz und konnte sich auch aus kritischen Situationen mit famosen Schlägen retten. Marcus Neumann, Vorstand Sport im DGV, schaute lange Zeit bei der Spielerin des National Team Germany zu und war restlos begeistert von der Leistung, die er zu sehen bekam.

Mehrfach über Birdies jubeln durfte Sophie Hausmann
Mehrfach über Birdies jubeln durfte Sophie Hausmann | © DGV/stebl

 

Mit einem Gesamtscore von elf unter Par gelang es Sophie Hausmann zwar nicht mehr, noch in den Kampf um den Titel einzugreifen, aber mit dem dritten Platz wird die Hubbelratherin ein leichtes und motivierendes Gepäck mit zurück in die USA nehmen, wo sie in einer golfverrückten Wohngemeinschaft mit Polly Mack wohnt, die ebenfalls in den USA als Profi unterwegs ist.

Rückenwind für die USA

Den Rückenwind der Amundi German Masters möchte Sophie Hausmann mit hinüber über den großen Teich nehmen: „Ich habe in den letzten Tagen kein schlechtes Golf gespielt. Es waren da halt ein paar Fehler dabei, aber trotzdem bin ich heute mit einer positiven Einstellung in den Tag gegangen und wollte schauen, was hier noch geht. Es war ein Mix aus guten Schlägen ins Grün, nah an den Stock und guten Putts. Es war auch ein Quäntchen Glück dabei, denn es ist auch ein Putt aus mehr als zwölf Metern gefallen. An so einem Tag fällt dieser Putt. Ich habe insgesamt grundsolide gespielt. An der 17 musste ich einmal ums Par kämpfen, aber das war es auch schon. Das Gefühl, an einem solchen Tag auf das 18. Grün zu kommen und soviel Applaus zu bekommen, genau das ist Teil eines Turniers in Deutschland. Das war auch ein Grund dafür, hier herzukommen. Ich hatte mich tierisch auf dieses Event gefreut. Bei den letzten 18 Loch hatte ich mir gesagt, diese zu genießen. Meine Mutter war am Bag, die sehe ich auch nicht mehr so oft. Ein paar Mädels aus meiner Schulzeit waren in den letzten Tagen hier. Das war witzig. Es macht einfach Spaß, wenn ein bisschen deutsches Cheering im Hintergrund ist. Ein paar junge Mädels waren hier, die waren echt süß und haben mich sehr gut angefeuert. Aus schlechten Erfahrungen lernt man, aber eben auch aus guten. Vielleicht ist die Erkenntnis der Woche, auch in den USA einfach mein Spiel zu spielen, denn das ist gar nicht schlecht. Erwartungen angemessen anzusetzen, hilft. Körperlich bin ich fit und dann schauen wir mal, was in den nächsten Monaten in den USA noch geht.“

Noja knapp an Top Ten vorbei

Chiara Noja zog bei dem Turnier vor den Toren der Bundeshauptstadt die meisten Zuschauer an. Als derzeit in der Weltrangliste am besten positionierte Deutsche, sorgt die 17-Jährige für einige Hoffnungen. Im G&CC Seddiner See lief es teils gut, teils nicht so gut, aber ständig kämpfte die Dubai lebende Schülerin um ihren Platz in der Top Ten. Am Finaltag wurde die Scorekarte recht bunt und von Doppelbogey bis Eagle gab es alle Zahlen.
Für den Support durch die Zuschauer war das Talent, das aus Berlin stammt, aber früh schon von dort weggezogen war, sehr dankbar: „Die Atmosphäre war heute phänomenal. Wie die vielen, vielen Zuschauern mit mir gelitten haben, dafür bin ich super dankbar. Leider hat ein Double auf der 17 mich um den verdienten Lohn gebracht, aber das ist halt manchmal so beim Golf.“ Im Endklassement rangiert Chiara Noja mit sechs unter Par auf dem zwölften Platz.

Duell um Titel

Der Kampf um den Titel entspann sich von Beginn an vor allem zwischen der späteren Siegerin und der Britin Cara Gainer. Beide hatten bislang keine Erfahrung mit Siegen auf der LET.
Zwischenzeitlich lag die Tschechin, die lange Zeit als Fußballerin erfolgreich war und in der Jugendnationalmannschaft stand, zwei Schläge zurück, profitierte dann von erst einem Doppelbogey der Engländerin auf Loch 12 und kam nach einem eigenen Eagle auf Loch 13 mit einem Zähler Vorsprung auf das 18. Tee.

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Der Drive von Napoleaova ging links ins Rough und das Anspiel auf das Grün war durch einen Baum erschwert. Tatsächlich landete ihr Ball zwar auf dem Grün, aber ganz vorne, mit einer Welle vor der Fahne.
Gainers Drive war auch nicht perfekt, landete rechts unter den Bäumen, allerdings mit freier Bahn zur Fahne. Sie griff das Grün erfolgreicher an und lag in guter Distanz, um ihr Par zu halten. Die Tschechin ließ ihren ersten Putt deutlich zu kurz und so musste ein Stechen die Entscheidung bringen.

Erstes Extraloch

Loch 18 wurde für das Stechen ausgesucht und schon das erste Extraloch brachte die Entscheidung. Im zweiten Anlauf lochte Kristyna Napoleaova den wichtigen Putt und konnte ihr Glück kaum fassen.
Nachdem eine Verletzung ihre erste Karriere als Sportlerin von Sparta Prag beendet hatte, hat sie in unglaublich kurzer Zeit ihre zweite Sportkarriere als Profigolferin mit ihrem ersten Sieg gekrönt. Entsprechend glücklich war die Siegerin nach dem Stechen und gab augenzwinkernd als nächstes Ziel die Majors an. Zuzutrauen ist dieser Spielerin alle, die zwar mit den langen Eisen noch nicht immer sehr kontrolliert agiert, dafür aber im kurzen Spiel ein derart feines Händchen bewies, dass der eine oder andere Fehler locker ausgelichen werden kann.

Das sagt der Bundestrainer

„Ich fand, das war ein guter deutscher Tag, weil es gute deutsche Ergebnisse gab. Nicht alle Spielerinnen haben das gespielt, was sie sich für den Schlusstag erhoffen, weil da mit Sicherheit andere Erwartungen vorhanden sind, was ja auch ein Stück weit für die Qualität unserer Spielerinnen steht. Die haben den Anspruch, vorne mitzuspielen und vielleicht sogar zu gewinnen. Wir haben aber gute Ergebnisse. Wie Sophie Hausmann auf einmal ins rollen kam, ein Birdie nach dem anderen gespielt hat, war überragend. Das hat mich sehr gefreut. Über das gute Ergebnis von Celina Sattelkau freue ich mich auch sehr, weil sie noch Amateurin ist und es hier sehr gut gemacht hat. Helen Kreuzer hat mal wieder eine sehr tief Runde gespielt und dadurch noch einige Plätze gut gemacht. Dieses Wochenende war ein stückweit vom Finale der Women´s Amateur Championship in England überstrahlt. Mit einem Auge haben wir immer nach England geschaut. Wir waren häufig im Livescoring, um zu wissen, wie es sich für Chiara Horder entwickelt. Das rundet das Ergebnis in Berlin ab“, war auch Stephan Morales von den Leistungen der Athletinnen aus National Team Germany und Junior Team Germany sehr beeindruckt.

Neumann tief beeindruckt

Marcus Neumann, Vorstand Sort im DGV, hatte einen großen Tag für das deutsche Damengolf gesehen und war am späten Nachmittag sehr emotional: „Die Dualität der Ereignisse heute macht mich glücklich, versetzen mich aber auch ins Staunen. Die Runde, die ich hier vor Ort von Sophie Hausmann selbst miterlebt habe, war das beste Golf, was man zeigen kann. Nicht nur, weil es nur glatt lief, sondern auch, wie man eine Situation löst, in der man sich eine ganz besondere Herausforderung stellt. Sehr beeindruckt hat mich, wie Sophie hier gespielt hat. Ich muss gestehen, dass ich Kiki Horder in der Live-Übertragung aus England auch verfolgt habe. Wie sie ihren historischen, in Worte kaum zu fassenden Sieg nach den Anstrengungen der Qualifikation und vielen harten Matches angegangen ist und so von vorne weg marschiert ist, beeindruckt mich tief.“

 

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