Nachruf

Grazie und addio Andi! Deutschland trauert um WM-Held Brehme


21. Februar 2024 , Thomas Kirmaier


Fußball-Held und Golfer: Andreas Brehme starb im Alter von 63 Jahren in München nach einem Herzstillstand. © Sammy Minkoff/Quellness & Golf Resort Bad Griesbach
Fußball-Held und Golfer: Andreas Brehme starb im Alter von 63 Jahren in München nach einem Herzstillstand. © Sammy Minkoff/Quellness & Golf Resort Bad Griesbach

Nur 44 Tage nach Franz Beckenbauer stirbt mit Andreas Brehme ein weiterer Held aus dem WM-Finale 1990 in Rom. Der gebürtige Hamburger war wie der „Kaiser“ nach seiner aktiven Karriere Berater, Kolumnist – und leidenschaftlicher Golfer.

8. Juli 1990, ein warmer Sommerabend in Rom. Im Stadio Olimpico steht die Uhr auf 21.43, als er am Elfmeterpunkt steht. Deutschland bekommt im Finale der Fußball-WM gegen Argentinien fünf Minuten vor Schluss beim Stand von 0:0 einen Elfmeter zugesprochen. Der Mann mit der Rückennummer „3“ sagt: „Den hau ich rein!“ Andi Brehme nimmt den Ball, legt ihn auf den Punkt, fixiert ihn wie ein Raubtier seine Beute und schießt ihn so platziert ins Netz, dass Keeper Goycochea zwar die Ecke riecht, aber keine Chance hat, die Fingerspitzen an die Kugel zu bekommen. Brehme, der Linksverteidiger, macht mit rechts eine gerade erst vereinte Nation zur glücklichsten der Welt. Ein Moment für die Ewigkeit in der ewigen Stadt, überall singen sie „Un'estate italiana“ von Gianna Nannini. Deutschlands Straßen versinken in einem Meer von Schwarz-Rot-Gold.

Möglich machte das alles Andreas Brehme. Der war am 9. November 1960 in Hamburg zur Welt gekommen. Sein Vater erkannte das Talent des Sohnes und förderte ihn in der Jugend des HSV Barmbek-Uhlenhorst. Über den 1. FC Saarbrücken (1980-1981) und den 1. FC Kaiserslautern (81-86) landete er beim FC Bayern und schließlich bei Inter Mailand, wo er zusammen mit Lothar Matthäus und Jürgen Klinsmann unter Giovanni Trapattoni kickte. Nach dem Ende der Saison 1995/96 wollte Brehme seine Laufbahn als Leistungssportler beenden, entschied sich aber um, als ihn am letzten Spieltag der Saison mit Kaiserslautern der Bundesliga-Abstieg ereilte. Legendär sein tränenreiches Interview im TV, als ihn Rudi Völler tröstete. Deutschland litt öffentlich mit seinem WM-Helden. Als Kapitän und Stammspieler führte er die Mannschaft zum direkten Wiederaufstieg. Zum sensationellen Gewinn der Meisterschaft in der folgenden Saison 1997/98 steuerte er noch fünf Einsätze bei.

Brehmes Magic Moment


Seine Karriere als Trainer war weniger von Erfolg gekrönt. Brehme war präsenter als Berater, Fernseh-Experte, Kolumnist, Unternehmer – und Golfer. Der kleine, weiße Ball hat es dem Hamburger Münchner angetan. Seine golferische Heimat war Bad Griesbach; er drehte immer wieder gerne Runden mit Freunden auf Mallorca, war Mitglied beim Eagles Charity Golf Club und suchte ebenso in Deutschland hin und wieder seine Bälle im Gebüsch. Sein Handicap? 11. Natürlich gab er auch seinem Freund Franz Beckenbauer bei den Turnieren von dessen Stiftung in Bad Griesbach immer wieder gerne die Ehre. Es waren Treffen alter Kumpels – mit gemütlichen Golfrunden, wobei Brehme nie das Rampenlicht suchte, sondern lieber im Hintergrund und manchmal fast schüchtern seine Späße machte.

Und dann natürlich Italien. Zum Land, in dem er Deutschland 1990 zum WM-Titel geschossen hatte, behielt er auf ewig eine besondere Beziehung. Wer am Gardasee und da insbesondere in Bardolino Glück hatte, traf Brehme beim Bummeln, Golfen oder bei einem Glas Vino – oder bekam heitere Geschichten der Einheimischen mit dem früheren „Il Eisenfuß“ im Ristorante erzählt. Noch heute hängen in den Lokalen unzählige Fotos von „ihrem“ Andi, den alle sehr gerne um sich hatten.

Gute Freunde kann niemand trennen: Franz Beckenbauer und Andi Brehme 2013 beim Kaiser Cup im Golf Resort Bad Griesbach
Gute Freunde kann niemand trennen: Franz Beckenbauer und Andi Brehme 2013 beim Kaiser Cup im Golf Resort Bad Griesbach | © Bernhard Röhnke


Brehme lebte zuletzt in Italien und in München. Anfang des Jahres hatte ihn der Tod seines Freundes und Mentors Franz Beckenbauer tief getroffen. Mitte Januar hatte er noch auf der Trauerfeier für den „Kaiser“ in der Münchner Arena teilgenommen. „Als kleiner Junge hatte ich, wie vermutlich jeder Junge in Deutschland, über meinem Bett ein Beckenbauer-Poster hängen. Später wurde er mein Boss und ich durfte mit ihm arbeiten. Und am Ende wurden wir enge Freunde. Ich habe deshalb dem Franz sehr viel zu verdanken.“

Nun ist Brehme nur 44 Tage nach Beckenbauer in der Nacht von 19. auf 20. Februar im Alter von 63 Jahren verstorben. Aus seiner Ehe mit der spanischen Stewardess Pilar hinterlässt er zwei erwachsene Söhne. „In tiefer Trauer teile ich im Namen der Familie mit, dass mein Lebensgefährte Andreas Brehme heute Nacht infolge eines Herzstillstandes plötzlich und unerwartet verstorben ist. Wir bitten, in dieser schweren Zeit unsere Privatsphäre zu wahren und von Fragen abzusehen“, heißt es in einer Mitteilung seiner Lebensgefährtin Susanne Schaefer. Deutschland trauert um seinen WM-Helden von 1990. Mit dem rechten Fuß links unten – das wird ihm diese Nation nie vergessen. Grazie und addio Andi!