Kolumne

Die Sache mit der Badenudel


26. April 2023 , Christopher Tiess


Offensichtlich ein Budget-Fahrrad, denn auch hier sucht man die Halterung für die Badenudel vergeblich.
Offensichtlich ein Budget-Fahrrad, denn auch hier sucht man die Halterung für die Badenudel vergeblich. | © C.Tiess

Auf den folgenden Zeilen geht es um unerwartete neue Freunde. Es geht darum, dass unser Sport gar nicht so exklusiv ist. Und es geht um das verbindende Element von Schwimmhilfen.

THE SOCIAL GOLFER

Liebe Leidensgemeinschaft,

vor einiger Zeit ergab sich bei der Mitgliederversammlung eines renommierten Golfclubs folgende Szene: ein stattlicher Jahresüberschuss hat sich angehäuft – was in diesem Verein Gang und Gebe war. Eine Dame machte den Vorschlag, man könne doch von dem Geld ein Schwimmbad bauen. Daraufhin entgegnete eine weitere Dame: „Das mag ja eine gute Idee sein, aber wozu brauchen wir hier im Club ein Schwimmbad? Es hat doch jeder von uns eines zuhause!?“ 

Betretenes Schweigen.

Auch wenn diese Szenerie ohne Frage eine Klasse für sich ist: Golf darf nach wie vor als ein relativ elitärer Sport angesehen werden. Und wir finden uns kurioserweise in der Gesellschaft von Sportarten, die sich ihrerseits keineswegs als „Upper Class“ sehen. Nehmen wir zum Beispiel mal unsere Kameraden aus dem Fahrradsport. Sie denken jetzt wahrscheinlich: „Ah, kenne ich. Das sind die Herren mittleren Alters mit zu großen Bäuchen in zu engen Trikots.“ Vor allem aber sind das die Herren, bei denen das Wort „Ausrüstung“ nochmal eine ganz andere Bedeutung hat. Allein eine neue Schaltgruppe kostet mitunter deutlich mehr als eine Jahresmitgliedschaft im Golfclub. Und für ein Paar ordentliche Laufräder bekommt man im Pro Shop ohne Weiteres einen kompletten Satz brandneuer Eisen. 

Haben wir hier etwa ein paar natürliche Verbündete gefunden? Ein paar unerwartete „Partner in Crime“, bei denen wir nicht rot werden müssen, wenn wir über unseren neuen 500-Euro-Driver philosophieren? Ehrlicherweise wohl eher nicht, denn auch wenn unsere Portemonnaies gleich dick sind, so sind es unsere Fahrzeuge nicht. Und das ist ein Problem. Denn während wir in unseren SUVs auf der Landstraße gen Golfplatz fliegen, fluchen wir einfach zu oft über diese Typen, die da in ihren grellen Stretch Shirts auf ebenfalls grellen Fahrrädern umhergurken und mit ihren gerade einmal 40 km/h die Fahrbahn blockieren. Und die Biker fluchen ihrerseits über uns, die wir dann oftmals viel zu dicht an ihnen vorbeifahren. Hey – sollen die sich doch als Abstandshalter so eine Badenudel an den Gepäckträger klemmen. Aber für Gepäckträger fehlte bei denen dann wohl doch das Geld. Die haben ja nicht mal Schutzbleche an ihren Rennrädern.

Und doch ist der nächste Rennradler vielleicht deutlich mehr Seelenverwandter, als wir es wahr haben wollen. Der eine hat halt ein buntes Shirt an – und der andere eine bunte Hose. Wir müssen uns ja nicht gleich gegenseitig zum Geburtstag einladen, aber so ein Biker-Gruß in der nächsten Kurve ist bei mir jetzt auf jeden Fall vorgemerkt. So unter Premium-Sportlern. Und dann nehme ich meinem neuen Kumpel auch eine Badenudel mit. Für seinen Gepäckträger. Und falls er mich mal in meinem Schwimmbad besuchen will.

Mit sportlichem Gruß,
Ihr Christopher Tiess

The Social Golfer: Kolumnist Christopher Tiess ist auch im blauen Element zu Hause.
The Social Golfer: Kolumnist Christopher Tiess ist auch im blauen Element zu Hause. | © Foto: Mindshot/A. Rechel


Lebenserfahrungen, Reise-Anekdoten und immer wieder Geschichten aus dem Kuriositätenkabinett namens Golfsport: In seiner Kolumne „The Social Golfer“ spiegelt der Projektmanager, Journalist und Fotograf Christopher Tiess seine Eindrücke aus der Welt wider und schlägt dabei die Brücke zu gesellschaftlichen und sozialen Themen.