Menschen

Graue Haare, Tränen und Dankbarkeit


15. September 2023 , Thomas Fischbacher


Holprige Saison: Lydia Ko
Holprige Saison: Lydia Ko | © © golfsupport.nl/Brian Spurlock/ism

Lydia Ko kehrte 2022 zurück an die Spitze der Weltrangliste – in dieser Saison läuft aber wenig zusammen. Zuletzt fließen nach einer 82 sogar Tränen. Im Anschlus spricht die Neuseeländerin erfrischend offen über ihren Gemütszustand.

Wer auf Lydia Kos Vita blickt, dem fällt eines schwer zu glauben: Dass die Neuseeländerin erst 26 Jahre ist. Mit ihrem noch jungen Alter hat die jüngste Nummer eins der Golfwelt (17 Jahre) fast 800 Runden auf der LPGA Tour auf dem Buckel und gewann 17 Titel, zwei davon auf Major-Niveau. 


Ko hat aber auch schon erlebt, wie es sich anfühlt, wenn auf einmal nicht mehr so viel zusammenläuft. 2019 fiel sie auf Rang 40 der Weltrangliste – und kämpfte sich zurück. Nach einem überragenden vergangenen Jahr mit der Rückkehr auf den Golfthron nach fünf Jahren Abstinenz und drei Turniersiegen lief es allerdings wieder holprig. 

Der Tiefpunkt einer Saison, in der es seit Mai kaum mehr ein zufriedenstellendes Ergebnis gab, war eine 82 bei der CPKC Women’s Open in Kanada. Ausgerechnet bei einem Turnier, das Ko bereits drei Mal gewinnen konnte, erwischte sie den vom Ergebnis her schlechtesten Tag ihrer Laufbahn. 

Tränen nach 82

Ko stand in der Folge unter Schock, war frustriert, es flossen Tränen. Erst ein Gespräch mit den Eltern von Stacy Lewis rückt einige Dinge wieder zurecht. “Ich unterhielt mich mit ihnen und brach in Tränen aus, weil Stacys Mutter sagte: ‘Hey, egal was passiert, dein Mann wird immer für dich da sein, egal ob du mit einer 62, 72 oder 82 vom Platz kommst.’ Das hat mich wirklich getroffen.”

Ko, gebürtige Südkoreanerin, heiratete vergangenes Jahr in Seoul ihren Gatten Chung Jun. Trotz der privaten Glückseligkeit hat sie Probleme damit, die Ohrfeigen, die der Golfsport unabhängig vom Niveau so gerne verteilt, wegzustecken und sich sportlichen Misserfolg nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen. Vor allem nach einem so erfolgreichen Jahr, das sie selbst mit dem Prädikat "Cinderella Story” versieht. 

Viele Dinge würden sie beschäftigen in ihrem zehnten Jahr auf der Tour. Auch, ob es vielleicht an der Zeit ist, sich anderen Dingen als Golf zu widmen. In einem Interview zuletzt bei der Kroeger Queen City Championship gab sie einen emotionalen Einblick in ihre Stimmungslage. 

Emotionaler Einblick

“Ich hoffe, dass sich die Dinge so entwickeln, wie ich es will, aber ich muss einfach geduldig sein”, erklärte sie. “Der Golfsport hat mir so viele Möglichkeiten gegeben, und ich habe das Gefühl, dass ich auf meinem Weg so viele unglaubliche Menschen getroffen habe, dass es - selbst wenn ich jetzt aufhören müsste - ein Segen war. 

“Ich muss das einfach akzeptieren, aber manchmal ist es schwer, die Tatsache zu akzeptieren, dass - all die Dinge, die bisher passiert sind, großartig waren, aber solange ich spiele, werde ich einfach weitermachen. Golf hat mir graue Haare und vielleicht ein paar Falten beschert, aber gleichzeitig hat es mir so viel Freude bereitet. Durch Golf habe ich sogar meinen Mann kennengelernt. Ich denke, letzten Endes ist es ein Geschenk und ich bin dankbar, dass ich das tun kann.”

Es waren ehrliche Worte einer der talentiertesten und bekanntesten Golferinnen weltweit, die einen Einblick geben, wie schwer es den Besten der Welt fallen kann, schlechtes Golf zu verarbeiten und Geduld zu bewahren. Auch, wenn man mit 26 Jahren schon längst eine Hall-of-Fame-Laufbahn hingelegt hat – und aktuell zu den besten Zehn der Welt gehört