Platzrekorde

Bestmarken – Teil 3: Kaymers unvergessene 59 im GC Am Habsberg


10. Februar 2022 , Thomas Kirmaier


Die Original-Scorekarte von Martin Kaymers 59 am 21. Juni 2006 hängt im Büro der PGA of Germany in München.
Die Original-Scorekarte von Martin Kaymers 59 am 21. Juni 2006 hängt im Büro der PGA of Germany in München.

Jeden Monat präsentieren wir einen Platzrekord. Eine Bestmarke, die irgendwo auf einem der rund 720 Plätze Deutschlands aufgestellt wurde. Nach dem Auftakt mit Matti Schmids 63 im Wittelsbacher GC und Florian Fritschs 64 im G&CC Seddiner See ist diesmal Kaymers sensationelle 59 dran.

Der 21. Juni 2006 war ein ganz normaler Mittwoch im Sommer. Bei der Fußball-WM in Deutschland schlug Portugal am Nachmittag Mexiko mit 2:1, Iran trennt sich zeitgleich 1:1 von Angola und US-Präsident Bush besuchte Wien. Nix Spektakuläres. Wäre da nicht ein Golfturnier irgendwo zwischen Regensburg und Nürnberg gewesen. Bei der Habsberg Classic, einem Event der EPD Tour (jetzt Pro Golf Tour), unterschrieb der damals noch 21-jährige Martin Kaymer eine Scorekarte, auf der eine 59 als Endergebnis stand. Platzrekord, Sensation, Wahnsinn. Die Medien – nicht nur Golf – stürzten sich auf diese magische Zahl.

6482 Meter war die Wiese des GC Am Habsberg in Velburg damals lang (weiße Tees). Okay, die Anlage ist mit relativ breiten, geraden Fairways und sehr großen Grüns ohne querliegende Bunker davor nicht unbedingt ein Monster, aber leicht ist der Par-72-Kurs nun auch wieder nicht. Mutige Spieler werden auf dem von Graham Marsh designten Platz belohnt, heißt es auf der Website des Clubs, der den Habsberg als Top-Anlage im Jura Golf Park bezeichnet.

Martin Kaymer als damals 21-Jähriger nach seiner sensationellen 59 im GC Am Habsberg.
Martin Kaymer als damals 21-Jähriger nach seiner sensationellen 59 im GC Am Habsberg. | © PGA of Germany


Kaymers Mitspieler und Zähler war damals Lee Spencer, Teaching Pro in der Holledau. In einem Artikel, den die Welt am Sonntag fünf Jahre später veröffentlichte, hatte Spencer seine Eindrücke so beschrieben: „Noch heute kann ich jeden einzelnen seiner 59 Schläge aufzählen. Niemals wieder habe ich eine solche Runde gesehen. Ob Traumschlag oder Fehler, Martin reagierte immer gleich: gar nicht. Wenn ich die Zahl 59 höre, denke ich an eingelochte Bälle aus hundert Metern oder an Treffer aus dem Sandbunker. An Wunderschläge eben, ohne die eine solches Ergebnis nicht zustanden kommen kann. Martins 59er-Runde aber hatte nichts mit Glück oder Schicksal zu tun. Wie unglaublich dieser Junge ist, wurde mir auf der elften Bahn klar, einem Par 5. Martin hatte noch 230 Meter vor sich und zog einen viel zu kurzen Schläger aus der Tasche – ein Eisen. Ich verstand nicht, warum er plötzlich vorsichtig spielen wollte. Da schwang er durch, und ich starrte ungläubig auf das Grün. Der Ball lag einen Meter hinter der Fahne. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich einen Schlag gesehen, bei dem ich sagen musste: Den kann ich nicht.“

Wer mit Golfsport in Deutschland zu tun hat, verbindet den Habsberg automatisch mit Kaymers fabelhafter 59. Dieser Score machte damals wie heute weltweit Schlagzeilen. Wenn man so will, ist hier, im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz, eine Art Kaymer-Tourismus entstanden. „Erinnerst du dich an diese Wahnsinns-Runde? Lass uns da mal hinfahren!“ Golfer aus der gesamten Republik wollen herausfinden, mit welcher Gesamtzahl sie vom 18. Grün gehen. 

Der GC Am Habsberg ist im Rahmen des Programms Golf & Natur mit Gold ausgezeichnet worden, erfüllt als Mitglied der Leading Golf Clubs of Germany höchste Qualitätskriterien. Und dann noch diese unfassbare 59; Kaymers Original-Scorekarte von damals hat einen Ehrenplatz in München bekommen – im Büro von Rainer Goldrian, Geschäftsführer der PGA of Germany. Der 21. Juni 2006 war halt doch kein ganz normaler Mittwoch.