Natur

Lebensraum Wiese bei GolfBiodivers im Mittelpunkt


21. Mai 2024 , Petra Himmel


Roughs auf der Golfanlage Gut Wulfsmühle; Artenreiches Grünland auf der Golfanlage Valley; Wollbienedrohne; Malvendickkopffalter
Roughs auf der Golfanlage Gut Wulfsmühle; Artenreiches Grünland auf der Golfanlage Valley; Wollbienedrohne; Malvendickkopffalter | © P.Tappe; S.R.Boteros; C.Buchhart

Der internationale Tag der biologischen Vielfalt, der 2001 von der UNO eingeführt wurde, ist auch für Golfer und Golfanlagenbetreiber ein Tag zum Innehalten.

Wie steht es angesichts des weltweiten Artensterbens, dokumentiert von Organisationen wie zum Beispiel der Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, um den Bestand von Arten auf Golfplätzen? Mit dieser Frage beschäftigt sich auch GolfBiodivers, das Forschungsprojekt des Deutschen Golf Verbandes im Verbund mit vier Universitäten und gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums.

Was ist der Unterschied zwischen biologischer Vielfalt und Artenvielfalt?

Dabei geraten in der landläufigen Diskussion über die Thematik manchmal die Begrifflichkeiten durcheinander. Biodiversität – oder biologische Vielfalt - wird oftmals mit Artenvielfalt gleichgesetzt. Artenvielfalt ist eigentlich nur ein Teilaspekt der Biodiversität, die zum Beispiel auch die genetische Vielfalt sowie die Vielfalt der Ökosysteme oder Lebensräume umfasst. Bei der Artenvielfalt geht es dagegen um die Anzahl biologischer Arten innerhalb eines bestimmten Lebensraumes. Das können zum Beispiel Pilze oder Insekten, Wirbeltiere oder Pflanzen sein.

Lebensraum Wiese

Schon aufgrund der Größe eines Golfplatzes und der zahlreichen unterschiedlichen Lebensräume, die von Teichen über Heide, Wald oder Wiesen reichen, ist für eine wissenschaftliche Untersuchung und Vergleichbarkeit der Ergebnisse eine Einschränkung nötig. Für das Projekt GolfBiodivers hat man sich deshalb für den Lebensraum ‚artenreiche Wiese‘ entschieden“, weil diese bei richtiger Pflege eine enorme Artenvielfalt beherbergen kann und außerdem in Deutschland ein typischer und besonders wichtiger Lebensraum ist. Selbst innerhalb des Lebensraums Wiese gibt es je nach Bodenbeschaffenheit und Region allerdings noch zahlreiche Unterschiede: Berg-, Feucht-, Fett-, Trocken-, oder Magerrasenwiesen zum Beispiel. 

Wichtig für die Wiesenbereiche und Waldsäume, die im Rahmen von GolfBiodivers untersucht werden, ist dabei, dass bei allen Golfanlagen, die in das Projekt eingebunden sind, mit dem gleichen Saatgut nachgesät wird. Bei der Saatgutmischung werden die Herkunftsregion und die Eignung für die spezifischen Bedingungen der Versuchsflächen berücksichtigt. Daher kann sich die Saatgutmischung je nach Region und Bodeneigenschaften variieren.

Außerdem unterliegen die Flächen dem gleichen Pflegeprogramm, was vor allem die Mahd betrifft, die maximal zweimal im Jahr erfolgt. 

Welche Arten sind schon da? 

Je größer die Artenvielfalt der Wiese desto größer ist die Artenvielfalt an Tieren und Insekten. „Wichtig ist es die Diversität der Blütenpflanzen zu erhöhen“, erklärt Prof. Dr. Tim Diekötter von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die ebenfalls am Projekt GolfBiodivers beteiligt ist. „Im Moment ist fast alles grasdominiert. Die Standorte sind häufig zu nährstoffreich, dann dominieren die Gräser und verdrängen die kleinen krautartigen Blütenpflanzen. Die wollen wir jetzt wieder fördern.“ 

Schließlich blühen unterschiedliche Pflanzen zu anderen Zeiträumen und bieten sich damit als Nahrung zum Beispiel für Insekten an, die wiederum etwa kleine Amphibien oder Vögel anlocken. Im Rahmen von GolfBiodivers wird mit Hilfe einer Analyse zum Beginn des Projektes jeweils festgestellt, wie hoch die Anzahl der vorhandenen Arten ist. 

Bereits nach der ersten Nachsaat machen sich im Folgejahr neue Arten auf den Wiesen bemerkbar. Kräuter haben sich entwickelt, die Bestäuber anziehen, während auf den bestehenden Wiesenflächen auf Golfplätzen der in Regel klassisch hohe Grasanteil für diese Tiere ungünstig ist. In hochwertigen Wiesen können Wildkräuter durchaus bis zu 30 Prozent des Bestandes ausmachen und eine Vielzahl von Lebewesen anlocken. Die Wechselbeziehungen zwischen Fauna und Flora sind nämlich eng. 

Sechs Jahre für die Optimierung

Käfer, Heuschrecken, Bienen und Schmetterlinge tummeln sich im Lebensraum Wiese. Wiesenbrüter wie der Kiebitz oder das Braunkehlchen leben hier ebenfalls. Wie stark ihre Zahl mit der Aufwertung im Rahmen von GolfBiodivers zunimmt, wird im Rahmen des sechsjährigen Projektes durch wiederholtes Monitoring überprüft. 

Dabei steht für die Wissenschaftler*innen fest: Das Potenzial, mit Hilfe einer optimierten Pflege, auf den Wiesen abseits der Spielbahnen einen artenreichen Lebensraum zu schaffen, ist groß. Oder, wie es Prof. Dr. Johannes Kollmann, Inhaber des Lehrstuhls Renaturierungsökologie an der TU München, 2023 bei der offiziellen Auftaktveranstaltung von GolfBiodivers in München gegenüber den Verantwortlichen der Golfanlagen formulierte: „Ich glaube, das, was Sie toll machen, können Sie noch toller machen.“

Gefördert wird das Projekt im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).