Rory McIlroy

Audienz bei Woods im Wohnzimmer


18. Mai 2023 , Felix Grewe


Konkurrenten, die sich gut verstehen: Tiger Woods und Rory McIlroy.
Konkurrenten, die sich gut verstehen: Tiger Woods und Rory McIlroy. | © Christian Petersen/Getty Images

So etwas gibt es nicht häufig: Ein Superstar coacht einen langjährigen Konkurrenten. So geschehen kürzlich in Florida – wo Rory McIlroy Schwungtipps von Tiger Woods bekam.

Kennen Sie sich in der Tenniswelt aus? Wenn Sie zumindest Basiswissen mitbringen, dann stellen Sie sich einmal diese Szene vor: Rafael Nadal, der in diesem Jahr zum ersten Mal seit 2004 nicht bei den French Open antreten wird, empfängt in seiner Villa auf Mallorca kurz vor dem Sandplatz-Highlight von Paris Novak Djokovic zu einer Audienz. Nadal habe nämlich in den letzten Wochen einige kleine Schwächen im Spiel des Serben entdeckt und die wolle er nun mit ihm besprechen. Also trifft man sich, sitzt entspannt zusammen, plaudert über Technik und vielleicht auch Taktik – und geht am Ende inspiriert auseinander. Der eine, weil er helfen konnte, der andere, weil er Klarheit gewonnen hat. 

Woods & McIlroy – besondere Begegnung

So ähnlich soll es sich vor einigen Tagen, am Freitag vergangener Woche, in Florida zugetragen haben. Nur eben nicht zwischen Nadal und Djokovic, sondern zwischen Tiger Woods und Rory McIlroy. Zugegeben: Die Beziehung der beiden Tennisprofis mag von noch größerer Rivalität geprägt sein als die der beiden Golfstars. Trotzdem: Woods als Coach von McIlroy – das liegt im ersten Moment weit weg von dem, was vorstellbar erscheint. 

Kleine Reparaturen am Schwung

Der Mann, der von dieser ungewöhnlichen Begegnung zuerst berichtet hat, ist Eamon Lynch vom amerikanischen Golf Channel. Ihm zufolge habe Woods zuvor den Schwung von McIlroy unter die Lupe genommen und dabei einige Aspekte entdeckt, die sich verbessern ließen. Begleitet wurden die kleinen Reparaturen von McIlroys langjährigem Coach Michael Bannon. Man saß also zu dritt zusammen in Woods‘ Haus auf Jupiter Island. 

McIlroy über Woods' Ratschläge

„Wenn einem der größte Spieler aller Zeiten einen Ratschlag gibt, kann man das nicht ablehnen", kommentierte McIlroy am Dienstag am Rande seiner Vorbereitungen auf die PGA Championship. Und weiter: „Das war also wirklich cool." Man wäre gern dabei gewesen, um den zwei Superstars zu lauschen, wie sie diskutieren und analysieren. Obwohl McIlroy beteuert, es seien keine besonderen Gespräche gewesen. „Zwei Jungs, die sich über den Golfschwung unterhalten, wie wir es immer tun", sagte er zu einer Reporterin von Golf Channel. Eine Untertreibung, natürlich. „Nur ein paar kleine Dinge im Schwung, die ihm aufgefallen sind, die er vorher nicht gesehen hat“, so der Nordire. 
 

Erinnerungen an alte Zeiten: 2014 siegte Rory McIlroy zum zweiten Mal nach 2012 bei der PGA Championship.
Erinnerungen an alte Zeiten: 2014 siegte Rory McIlroy zum zweiten Mal nach 2012 bei der PGA Championship. | © Montana Pritchard/Getty Images


Neuer Enthusiasmus

Welche Dinge das waren, verriet McIlroy nicht. Dafür sprach er in seiner Pressekonferenz in Oak Hill recht offen und ausführlich darüber, warum es in den vergangenen Wochen nicht so gut lief bei ihm – was vielleicht, wenn man interpretieren möchte, doch ein bisschen was über Woods‘ Input verrät. Die Schlagfläche sei im Durchschwung etwas zu offen gewesen, dadurch habe sich eine Reihe kleinerer Fehlern ergeben, erklärte McIlroy. An der Lösung des Problems arbeite er seit den letzten Wochen – Woods‘ Beobachtungen dürften dabei hilfreich sein. Zumindest, so gab es McIlroy zu Protokoll, habe er die Sitzung mit dem US-Superstar mit dem Gefühl verlassen, gestärkt worden zu sein. „Nachdem ich mit ihm gesprochen hatte, war ich motivert, auf den Platz zu gehen und an einigen Dingen zu arbeiten", sagte McIlroy. „Es gab mir neuen Enthusiasmus für die nächsten Monate. Das und die Anwesenheit von Michael, der ein Auge auf die Dinge geworfen hat, haben mir eine wirklich produktive Woche beschert.“

McIlroy: Erwartungen reduzieren

Eine Woche, die mit der PGA Championship, dem zweiten Major-Turnier des Jahres enden wird – und wenn es nach McIlroy geht, dann mit seinem ersten Triumph bei einem der vier großen Events seit 2014. Damals gewann er, genau, zunächst die PGA Championship (bereits zum zweiten Mal nach 2012) und wenige Wochen später auch noch die British Open. Seitdem scheiterte er immer wieder an besseren Gegnern und den eigenen Ansprüchen. Die wolle er künftig reduzieren. „Weniger Erwartungen", sagte McIlroy am Dienstag auf die Frage, woran er im mentalen Bereich arbeite. „Ich versuche, die Dinge zu nehmen, die kommen, und nicht zu viel darüber nachzudenken. Ich versuche, da rauszugehen, ein gutes erstes Loch im Turnier zu spielen, und wenn ich das geschafft habe, versuche ich, ein gutes zweites Loch zu spielen und von da aus weiterzumachen." 

Wenn es klappt, dürfte daran auch Tiger Woods einen Anteil haben...