Reise

Greater Palm Springs: Tal voller Golfgeschichte und Legenden


10. Mai 2023 , Redaktion Golf.de


| © W.Weber/Y.Yovel

Der „Playground of the Presidents“ und der Hollywoodstars: Das Coachella Valley in Südkalifornien hat die höchste Golfplatz-Dichte weltweit. Reiseexperte Wolfgang Weber berichtet in seiner EverGreens-Reportage.

Nirgendwo auf der Welt gibt es mehr Golfplätze im Verhältnis zur Bodenfläche und zur Bevölkerungszahl als in Greater Palm Springs. Und nirgendwo tummelt sich so viel Prominenz aus der Musik- und Filmszene, aus IT-Business und Politik wie auf den 2232 top-gepflegten Fairways und Greens des Coachella Valley knapp drei Autostunden südöstlich von Los Angeles.

Text: Wolfgang Weber

Die Warnung, die uns Jim Campbel mit auf den Weg gibt, hat sich gewaschen. „Hier kommt jede Menge Wasser ins Spiel. Aber vor allem versucht, die vielen verdammt tiefen und steilen Bunker zu vermeiden“, beschwört er uns eindringlich vor der Runde auf dem Greg Norman Course. 33 seien es auf den Front-Nine und exakt doppelt so viele auf den Back-Nine. Ursprünglich hatte der Platz sogar insgesamt 107 Bunker, „aber acht sind jetzt weg, wir haben den Platz letzten Sommer ein bißchen entschärft“. Und dann entfährt Jim ein tiefer Stoßseufzer: „Well, Mr. Norman is kind of a difficult man.“

„Irgendwie ein schwieriger Mann“ sei Greg Norman? Ist damit wirklich nur sein Faible für diabolische Bunker gemeint? Jim versteht die doppeldeutige Frage sehr genau, grinst verschmitzt und sagt: „Oh no, we don‘t talk about that, no politics!“

Ist vermutlich besser so für ihn. Jim Campbell arbeitet als Starter und Gästebetreuer auf dem größten zusammenhängenden Golf-Gelände der gesamten USA: PGA West im südkalifornischen La Quinta im Coachella Valley, besser bekannt unter dem  Sammelbegriff Greater Palm Springs. PGA West umfaßt nicht weniger als neun aneinander grenzende, spektakuläre Design-Courses. Sie tragen die Handschriften von Golf-Legenden wie Jack Nicklaus, Arnold Palmer, Tom Weiskopf und Pete Dye. Und einer davon firmiert - gleichsam wie ein überlebender Dinosaurier aus längst vergangenen Zeiten - als „PGA West Greg Norman Course“.  

Es ist vermutlich die letzte verbliebene Kooperation zwischen der Professional Golfers Association und dem Australier, der sich als CEO der von Saudi Arabien fürstlich gesponserten Konkurrenz-Organisation LIV die Rolle als Feindbild Nr. 1 der PGA-Verantwortlichen redlich verdient hat. Im „Greg Norman Clubhouse“ hängen freilich nach wie vor zahlreiche Siegerfotos vom „Shark“ aus harmonischeren Zeiten, gerade so, als sei das Verhältnis auf Top-Management-Ebene nicht längst gehörig in Schieflage geraten.

Viele Bunker und viel Wasser kommen auf dem PGA West Greg Norman Course ins Spiel.
Viele Bunker und viel Wasser kommen auf dem PGA West Greg Norman Course ins Spiel. | © Weber/Yovel

 

„Greg Norman hat diesen Platz nun mal vor etlichen Jahren gestaltet, er war der Architekt“, sagt Clubmanager Brandon Rodenbeck mit einem unüberhörbaren Anflug von Verlegenheit. „Er hat nicht mehr viel mit uns zu tun, ist selten hier; aber er hat bisher auch nicht verlauten lassen, sich und seinen Namen aus dem Projekt zurückziehen zu wollen. We have a good relationship with him, absolutely,“ ergänzt Brandon und bemüht sich, dabei überzeugend zu klingen.

Unserem Flightpartner Tony Morales ist der Konflikt der Profigolf-Granden herzlich egal. Nach unserer Runde auf dem Greg Norman Course wird er die Nummer 38 auf seiner persönlichen To-Do-Liste „in the Desert“ abhaken können: Er hat es sich zum Ziel gesetzt, nach und nach alle Golfplätze in Greater Palm Springs einmal zu spielen; zumindest die, die als Public Courses für jedermann zugänglich sind - also rund die Hälfte der unfaßbaren insgesamt 124 Golfplätze im Coachella Valley. Eine derartige Golfplatz-Dichte in einem einzigen Tal, in einem eng begrenzten Gebiet mit ganzjährig gerade einmal 360.000 Einwohnern, gibt es weltweit kein zweites Mal. 

Tony Morales lebt mit seiner Familie eigentlich im vergleichsweise kalten, regnerischen Norden, im US-Staat Washington, verbringt aber mittlerweile fast die Hälfte des Jahres in der südkalifornischen Wüstenoase. „Ein paar Jahre sind wir immer wieder nach Phoenix/Arizona geflogen. Aber Palm Springs ist per Flug von Seattle aus noch besser erreichbar, und ich habe mit der Zeit festgestellt, daß mir sind Palmen lieber sind als Kakteen. Aber vor allem“, fügt er begeistert hinzu, „hat man hier ständig das Gefühl, in einem großen, total relaxten Summer-Camp zu sein.“

Zu verdanken ist dies Pionieren und Visionären des vergangenen Jahrhunderts wie Walter H. Morgan, einem reichen Unternehmenserben aus Los Angeles, der 1926 im damals noch weitgehend unerschlossenen östlichen Teil des Coachella Valley, am Fuß der Santa Rosa Mountains, das im spanischen Stil erbaute La Quinta Hotel eröffnete - und zugleich den allerersten Golfplatz des Tales zwei bis drei Autostunden südöstlich von L.A. Der 9-Löcher-Platz lockte mit Tages-Greenfees von einem Dollar, das Hotel mit allem seinerzeit verfügbaren Luxus; und das La Quinta - heute Top-Resort auf dem PGA West-Gelände - wurde zu einem wahren Magneten für Hollywood-Legenden, die sich in Filmpausen erholen wollten von Streß und Hektik in der Millionen-Metropole. 

Daß sich in den folgenden Jahrzehnten Celebrities wie Greta Garbo, Clark Gable, Shirley Temple, Ginger Rogers und Präsident Dwight D. Eisenhower ins Gästebuch des La Quinta Hotels eintrugen, lag nicht zuletzt daran, daß das von hohen Bergketten eingerahmte breite und langgestreckte Wüstental mit den Jahren immer grüner und anziehender wurde. Nachdem 1903 ein gewisser Bernard Johnson Dattelpalmen-Schößlinge aus Algerien importiert hatte, startete die Newcomer-Pflanze einen grandiosen Siegeszug und prägt heute das gesamte Tal. 

Wer das Erfolgsgeheimnis ergründen will, sollte die 1924 gegründete Dattelfarm „Shields Date Garden“ in Indio besuchen und bei einem - sagen wir, gewöhnungsbedürftigen - Dattel-Shake im Palmengarten den in Schleife laufenden originellen und nicht wirklich anzüglichen Dokumentarfilm „The Romance & Sex Life of the Date“ nicht versäumen. Das Coachella Valley ist heute größter Dattel-Produzent und -Exporteur in ganz Nordamerika. 

Nicht minder rasant als die Dattelpalmen eroberte der Golfsport das von den San Jacinto, Santa Rosa und Little San Bernardino Mountains rundum geschützte und mit gut 300 Sonnentagen im Jahr gesegnete Tal das schon von den hier ansässigen Cahuilla Indians als „Land der ewigen Sonne“ gepriesen wurde. 

Der von Lawrence Hughes designte, 1951 in Rancho Mirage eröffnete Thunderbird Country Club, der erste 18-Löcher-Platz von Greater Palm Springs, erhielt schnell dreifache Landes- und weltweite Werbung allerhöchster Güte: als Austragungsort des Ryder Cup, als Namensgeber der 1955 vom Band gelaufenen neuen Ford-Limousine „Thunderbird“ - der damalige Ford-Chef Ernest Breech war praktischerweise Club-Mitglied - und als “Playground of the Presidents“. Sämtliche US-Präsidenten von Eisenhower bis Obama waren Stammgäste in Rancho Mirage oder verbrachten dort - wie Gerald Ford - sogar ihren kompletten Lebensabend. 

Als sei man die ganze Zeit in einem einzigen großen Summercamp - Oasen-Feeling im Miramonte-Resort in Indian Wells, am Fuße der Santa Rosa Mountains.
Als sei man die ganze Zeit in einem einzigen großen Summercamp - Oasen-Feeling im Miramonte-Resort in Indian Wells, am Fuße der Santa Rosa Mountains. | © Weber/Yovel


Mehr als nur einen Hauch von Hollywood verspüren die Besucher des allwöchentlichen Village Fest in der quirligen Downtown von Palm Springs. Der „Walk of Stars“ entlang des Palm Canyon Drive und des Museum Way steht dem in der Filmstadt in nichts nach und ehrt über 400 Stars der Film- und Musikszene, von Elvis Presley über Elisabeth Taylor bis Frank Sinatra und Bob Hope. Der Unterschied: In Hollywood haben die meisten Stars nur gearbeitet, im Coachella Valley hingegen ihre Freizeit verbracht und echtes Privatleben genossen. 

Und tun es bis heute, wie Leonardo DiCaprio, der im April, wie die Yellow Press genüßlich berichtete, beim Coachella Valley Music & ArtsFestival mit neuer Freundin gesichtet wurde. DiCaprio erwarb vor einigen Jahren das einstige Zuhause der 1994 verstorbenen Schauspielerin, Sängerin und Talkmasterin Dinah Shore in der „Old Las Palmas“-Neighbourhood von Palm Springs. Die in den USA überaus beliebte Entertainerin machte sich früh um‘s Damen-Golf verdient: Sie brachte die Ladies-PGA-Tour in ihren Heimatclub Mission Hills Country Club, wo stolze 5 Jahrzehnte lang das renommierte Colgate Dinah Shore-Tournament stattfand.

Nur wenige Meilen entfernt, im ebenfalls sehr privaten und diskreten Tamarisk Country Club in Rancho Mirage, vergnügte sich ab 1947 rund drei Jahrzehnte lang nicht immer, aber immer öfter ein gewisser Frank Sinatra - oft in Begleitung seiner „Rat Pack“-Kumpel Dean Martin, Sammy Davis Jr. und Joey Bishop. Der Club grenzt an das berühmte Privatresort „Sunnylands“ der Milliardärsfamilie Annenberg, das vielen Präsidenten, Wirtschaftsbossen und Celebrities aus dem Kunst- und Filmgeschäft als exquisite Tagungsstätte - mit eigenem 9-Löcher-Golfplatz - diente und auch als das „Camp David des Westens“ gilt. 

Hochkarätige Konferenzen finden in der Villa „Sunnylands“, die heute der Annenberg Foundation gehört, immer noch statt. Gleichwohl kann jedermann die Villa und ihre  zauberhaften, weitläufigen Gärten ebenso besuchen wie das modernistische „House of Tomorrow“ in Palm Springs, in dem Priscilla und Elvis Presley 1967 ihren Honeymoon verbrachten. Gar als exklusives Ferienhaus oder für Hochzeiten und andere Events zu mieten ist heute das „Twin Palms Estate“, Frank Sinatras einstiges Zuhause in Palm Springs, das er deutlich mehr geliebt haben soll als seine Häuser in L.A. und New York.

Die gleichfalls aus den 60er Jahren stammende Villa Grigio, die einst Playboy-Chef Hugh Hefner und „James Bond“-Darsteller Roger Moore gehörte, hat hingegen unlängst einen neuen privaten Besitzer gefunden: Für den aus England stammenden Star- Innenarchitekten Martyn Lawrence Bullard war es auch beruflich von Vorteil, sein Wochenend-Domizil vom Strand von Malibu in die Wüstenoase zu verlegen; dort hat er mittlerweile weit mehr hochkarätige Kunden, die sich ihre - meist in streng bewachten Gated Communities vor den Augen der Öffentlichkeit abgeschirmten - Luxusimmobilien vom Meister aller Klassen stylen und dekorieren lassen möchten. 

Zu Bullards Kundenkreis im Valley gehören - so hat es sich herumgesprochen - Sir Elton John, die Schauspielerin Christina Aguilera, Topmodell Cindy Crawford, Modedesigner Tommy Hilfiger, die Osbornes und der Kardashian/Jenner-Clan, der gleich mehrere millionenschwere Anwesen in La Quinta besitzt. Zu deren Nachbarn zählen auch zahlreiche Golfprofis wie Ricky Fowler oder Phil Mickelson.

Letzterer ist, seit er auf der LIV-Payroll steht, im äußerst exklusiven Madison Club eindeutig besser aufgehoben als schräg gegenüber auf dem PGA West-Gelände. Keine Chance für Gastspieler, Zutritt zum privaten Madison Course zu bekommen? Brandon Rodenbeck, Chef auf dem kaum zwei Meilen entfernten Greg Norman Course, schüttelt bedauernd den Kopf: „No chance at all! Obwohl ich viele kenne, die gerne tausend Dollar und mehr zahlen würden, um dort einmal spielen zu dürfen.“ 

Und dann verrät Brandon, warum es vielleicht ohnehin besser ist, sich dort fernzuhalten: „Man nennt es auch die ‚10-Pfund-Runde‘ - denn alle drei Löcher haben die dort Komfort-Schlemmer-Stationen mit Shrimps, Lobster, Trüffel und Champagner. Man kann leicht zehn Pfund zunehmen bei einer Runde auf dem Madison Course.“

Auch wenn knapp die Hälfte der über 120 Golfanlagen im Coachella Valley zu streng abgeschirmten Privatclubs gehören, hinter deren bewachten Einfahrtstoren die meisten Celebrities ihren Luxus in „splendid isolation“ genießen, ist die Wüstenoase keineswegs ein Spielplatz und Feriendomizil nur für Superreiche. Für „Snowbirds“ wie Tony Morales sind Golfferien in Palm Springs eher günstiger als im benachbarten Arizona. Nicht weniger als 14 Airlines bieten derzeit aus drei Dutzend kanadischen und US-Städten Direktflüge nach Palm Springs an. 

Die schiere Masse an exzellenten Public Golf Courses führt dazu, daß Spitzen-Hotels wie das im spanisch-mexikanischen Stil erbaute Miramonte Resort in Indian Wells oder das gleich mit zwei top-manikürten 18-Löcher-Plätzen und nahezu unendlichen Entertainment-Angeboten werbende 884 Zimmer große JW Marriott Hotel im benachbarten Palm Desert passende Golf-Packages für nahezu jeden Geschmack und jede golferische und finanzielle Handicap-Klasse offerieren können. 

Es muß ja vielleicht nicht unbedingt der berühmte Stadium Course von PGA West sein, der Heimatplatz des aus den legendären Bob Hope Chrysler Classic hervorgegangenen The American Express PGA Tournament. Das Inselgrün der 17 trägt den bösen Beinamen „Alcatraz“ und gilt als „the hardest hole in the desert“. Es war bei der Turnier-Premiere 1987 bei den Tour-Spielern derart unbeliebt und verrufen, daß sie eine präzedenzlose, kollektive Petition unterschrieben: Der Platz mit diesem verteufelten Loch, forderten sie, solle ein für allemal aufs dem PGA-Tour-Programm gestrichen werden. Wurde er auch, für immerhin fast drei Jahrzehnte. Erst seit 2016 ist der Stadium Course von Pete Dye wieder Austragungsstätte eines jährlichen PGA-Turniers.

Geflissentlich übersehen wurde bei der Protestaktion von 1987, daß im selben Jahr in einem vom Fernsehen übertragenen sogenannten „Skins-Game“ mit Jack Nicklaus, Arnold Palmer und Fuzzy Zoeller dem Altstar Lee Trevino an eben diesem so gefürchteten „Alcatraz-Loch“ ganz locker ein “Hole-in-One“ gelang - und damit auch der entscheidende Punkt zum lukrativen Turniersieg gegen die drei anderen Altvorderen. Es geht also doch… 

An ein „Skins Game“ ganz anderer Art erinnert man sich bis heute im altehrwürdigen Tamarisk Country Club, in dem nicht nur Frank Sinatra und seine Boy-Group Legendenstatus erlangten. An einem besonders heißen Augusttag in den späten Fünfziger Jahren, das erzählt man sich immer noch gerne im Clubhaus am Fuß der San Jacinto Mountains, hat dort Harpo Marx von der berühmten Comedy-Truppe Marx Brothers eine komplette Golfrunde ohne den kleinsten Fetzen Textil auf der Haut gespielt. Bis auf Golfschuhe und Handschuh splitterfasernackt. Hoffentlich wenigstens gut eingecremt, mit hohem Lichtschutzfaktor. Really crazy, dieser Harpo Marx! Oder, wie Frankie-Boy „Ol‘ Blue Eyes“ die weder Etiquette-gerechte noch jugendfreie Golfrunde sicher besungen hätte: „He did it his way!“  

Die ganze Geschichte erzählt die neueste Episode des Golfreise-Podcasts „EverGreens“. Den Podcast von Wolfgang Weber finden Sie bei Spotify, Apple Podcast, Deezer, überall sonst, wo es gute Podcasts gibt - auch auf golf.de und auf der Webseite 
www.ever-greens.de.