Equipment

Neue Bälle für weniger Länge?


17. März 2023 , Thomas Kirmaier


Wollen den Longhittern an die Bälle: USGA-Chef Mike Whan (l.) und R&A-Boss Martin Slumbers.
Wollen den Longhittern an die Bälle: USGA-Chef Mike Whan (l.) und R&A-Boss Martin Slumbers. | © Getty Images

USGA und R&A wagen einen Vorstoß gegen immer längere Drives. Ihr Lösungsvorschlag: neue, Distanz verringernde Bälle für bestimmte Events ab 2026.

Wie weit kann so ein Golfball fliegen, wenn die schweren Jungs auf der Tour vom Tee Vollgas geben? Zahlen können ja nicht lügen und wenn man sich die Entwicklung der Driverlängen über die Jahrzehnte genauer anschaut, fällt auf, dass der Leitspruch der Olympischen Spiele wohl auch im Golf die goldene Regel ist. Citius, altius, fortius – Schneller (Schlägerkopfgeschwindigkeit), höher (Flugkurve), stärker (Muckis).

Seit den 1980er Jahren werden die Abschläge der Tour-Stars getrackt. Damals, vor 40 Jahren, hatte es kaum einen gegeben, der eine Durchschnittslänge von 270 Yards hatte. 1997 schaute alles auf John Daly, der als Erster überhaupt die Marke von 300 Yards knackte. Und heute? Für die langen Jungs auf der PGA Tour sind 300 Yards kein Maßstab mehr; Bryson DeChambeau hat die Kugel auch schon 400 Yards Richtung Grün bewegt. Carry!

Die Entwicklung geht nur in eine Richtung: nach oben. Der technologische Fortschritt macht das Equipment immer besser und Tourspieler und -spielerinnen werden immer fitter und athletischer. Nur wohin soll das noch führen? Eine Schraube, an der man drehen könnte, haben Verantwortliche der R&A und der USGA nun entdeckt, die Situation entsprechend analysiert und nun in einer Pressekonferenz einen umstrittenen Vorstoß gewagt: Durch eine sogenannte Model Local Rule (MLR) sollen nach den Plänen Ausrichter von wichtigen Turnieren die Möglichkeit haben, einen Ball mit Distanz verringernden Flugeigenschaften zu verwenden.


„Schlagweiten auf der Elite-Ebene sind in den vergangenen 20, 40 oder 60 Jahren stetig gestiegen“, sagte USGA-Chef Mike Whan. „Es ist inzwischen zwei Jahrzehnte her, dass wir unsere Teststandards für Schlagdistanzen zuletzt überarbeitet haben. Vorhersehbare, kontinuierliche Erhöhungen werden zu einem großen Problem für die nächste Generation, wenn sie nicht bald angegangen werden.“ Die geplante Regelung solle aber nicht für den Amateursport gelten.

Wie sieht das weitere Prozedere aus? Hersteller und Interessenvertreter des Golfsports können bis zum 14. August 2023 Feedback geben. Bei Annahme der MLR würde der Vorschlag mit den neuen Bällen erst ab Januar 2026 gültig. Golfbälle, die der MLR entsprechen, dürfen die aktuelle Obergrenze des Overall Distance Standards (ODS) von 317 Yards nicht überschreiten. Martin Slumbers, Chef der R&A: „Das ist ein wichtiges Thema für Golf und eines, das angegangen werden muss, wenn der Sport seine einzigartige Herausforderung und Attraktivität behalten soll.“

Die Reaktionen auf diesen Vorstoß fallen gemischt aus. Die Einen begrüßen die Idee und argumentieren, es müsse Schluss sein mit der maßlosen Grenzenlosigkeit im Golf. Zumal es auch ein Nachhaltigkeitsproblem darstellt, denn dem allgemeinen Trend, dass Golfplätze immer länger werden und somit mehr Ressourcen verschlingen (Wasser, Fläche, Düngung), müsse Einhalt geboten werden. Hersteller wie Titleist dagegen beklagen, dass eine solche neue Regelung der Distanz verringernden Bälle den Sport und die daran hängende Industrie um 30 Jahre zurückwerfen würde. Ob die MLR wirklich kommt, wird sich zeigen. Bis dahin sollen Daten und Zahlen gesammelt werden. Und bis dahin wird es ganz sicher noch eine Menge Meinungen für und wider geben.