K. Whitworth

Ewig besser als der Rest


26. September 2022 , Felix Grewe


Ein Leben für den Golfsport:
Ein Leben für den Golfsport: "Kathy" Whitworth wurde 1958 Profi und spielte bis 2005 auf der Womens Senior Golf Tour. | © Getty Images/Focus on Sport

Niemand gewann so viele Turniere wie „Kathy“ Whitworth – kein Mann und keine andere Frau. Die Amerikanerin hat viele Rekorde aufgestellt und ist bis heute eine bedeutende Botschafterin des Golfsports. Ein Porträt zum 83. Geburtstag.

Kathrynne Ann Whitworth war nie eine Frau, die besonders gern im Rampenlicht stand. Sie ist es offenbar bis heute nicht. Auf die Frage, womit sie, die erfolgreichste Golfspielerin der Geschichte, in Erinnerung bleiben wolle, antwortete „Kathy“ Whitworth einmal: „Ich denke, dass es reicht, wenn man sich überhaupt an mich erinnert.“ Sie fühle sich nicht als etwas Besonderes, nur weil sie mit 88 Titeln mehr Golfturniere gewonnen hat als jeder andere Mensch auf diesem Planeten. „Ich bin keine Ausnahmeerscheinung, ich hatte einfach das Glück, so erfolgreich zu sein“, behauptet Whitworth, die 1958 Profi wurde, 1990 das amerikanische Solheim-Cup-Team anführte und selbst bis 2005 auf der Womens Seniors Golf Tour aktiv war. „Was ich getan habe, um eine bessere Spielerin zu werden, macht mich nicht zu einem besseren Menschen.“ Bescheidenheit und Demut sind zwei Tugenden, die ihr bis ins hohe Alter (am 27. September feiert sie ihren 83. Geburtstag) wichtig zu sein scheinen.  

Fast 50 Jahre nach ihrem ersten Major-Sieg 1967: Kathy Whitworth 2016 im Las Colinas Country Club in Texas.
Fast 50 Jahre nach ihrem ersten Major-Sieg 1967: Kathy Whitworth 2016 im Las Colinas Country Club in Texas. | © Scott Halleran/Getty Images


88 Siege und 95 zweite Plätze

Dabei ist die Liste ihrer beeindruckenden Errungenschaften so lang, dass man ihr ein wenig mehr Eitelkeit nicht übelnehmen könnte. Wie gesagt, 88 Siege in 23 Jahren gelangen niemand anderem, nicht einmal Sam Snead oder Whitworths langjähriger Kontrahentin Mary Kathryn „Mickey“ Wright, die beide 82 Turniere gewannen. Bedenkt man, dass Whitworth zudem 95 Mal Zweite wurde, muten ihre Leistungen noch außergewöhnlicher an. 

17 Jahre lang mindestens ein Titel

Zwischen 1967 und 1975 triumphierte sie bei sechs Major-Events, achtmal führte sie am Ende einer Saison die Preisgeld-Rangliste der LPGA Tour an (1965-1968, 1970-1973), siebenmal war sie in den 60ern und 70ern die Spielerin des Jahres auf der amerikanischen Tour (1966-1969, 1971-1973) – es waren die zwei Jahrzehnte, in denen die Frau aus Texas die Hochphase ihrer Karriere erlebte. In 17 aufeinanderfolgenden Jahren gewann Whitworth mindestens einen Titel – ein Rekord, den sie mit dem vier Monate jüngeren Jack Nicklaus teilt. Der begann in der Ära von Arnold Palmer und Gary Player und kämpfte später gegen Lee Trevino, Tom Watson, Seve Ballesteros und Greg Norman. Whitworth spielte zunächst mit und gegen Mickey Wright, Louise Suggs und Betsy Rawls und später mit Nancy Lopez, Betsy King und Beth Daniel – sie alle, Whitworth inklusive, sind inzwischen Mitglieder der ehrwürdigen Hall of Fame. 

Klassentreffen: Kathy Whitworth, Patty Sheehan, Beth Daniel und Betsy King (v.l.) 2017 in der World Golf Hall of Fame.
Klassentreffen: Kathy Whitworth, Patty Sheehan, Beth Daniel und Betsy King (v.l.) 2017 in der World Golf Hall of Fame. | © Cindy Ord/Getty Images


Die 1-Million-Dollar-Frau

Als Whitworth 1967 bei der Raleigh Ladies Invitational ihren 30. Titel gewann, war sie gerade einmal 27 Jahre, 6 Monate und 27 Tage alt und hinter Wright die zweitjüngste Spielerin, mit so vielen Erfolgen. Whitworth hält nebenbei auch den Rekord für die meisten Hole-in-ones in einer Karriere – sie erzielte elf Asse! Doch noch schwerer wiegt, dass Whitworth 1981 als erste Frau die Marke von einer Million Dollar Preisgeld im Damengolf knackte. Zum Vergleich: 15 Jahre später kassierte Karrie Webb diese Summe erstmals innerhalb eines Jahres – mit gerade einmal vier Siegen, aber vielen Platzierungen unter den besten Fünf. 

Gedanken ans Aufgeben

Der Weg von Whitworth begann klassisch. Mit 15 Jahren bekam sie von ihrer Großmutter den ersten Schlägersatz geschenkt. Sie entdeckte ihre Liebe zum Golfspiel und gewann nach zwei Jahren die ersten Amateur-Titel in New Mexico, wo ihr Vater einen Eisenwarenladen besaß. Ihr Start auf der LPGA Tour allerdings verlief zunächst holprig. Nach 26 gespielten Turnieren hatte sie weniger als 1.300 Dollar Preisgeld verdient. Immer wieder dachte sie ans Aufgeben – doch ihr Durchhaltevermögen war stärker. Zum einen liebte sie das Spiel. Zum anderen schätzte sie die Herausforderungen, vor die sie der Golfsport stellte. 

Was früher besser war als heute

Wenn Whitworth rückblickend über ihre Karriere spricht, dann schwingt eine große Leidenschaft in ihren Worten mit, die ihren großen Erfolg erklärt. „Golf hat mich einfach an der Gurgel gepackt. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich es geliebt habe“, gestand sie in einem Gespräch mit Golf Digest kurz vor ihrem 70. Geburtstag. Dankbar sei sie, dass sie die Möglichkeit hatte, ihre Liebe zum Golf auf einem echten Platz und nicht auf einem Übungsplatz zu entwickeln, erzählte sie damals. „Viele junge Spieler haben diese Chance heute nicht mehr. Sie können zwar Bälle schlagen, aber sie haben nicht die Möglichkeit, einfach die Tasche mitzuschleppen und zu lernen, wie man spielt“, sagte Whitworth und ihre Augen sollen geleuchtet haben. Heute kümmert sie sich hauptsächlich um ihre eigene Stiftung, mit der sie Projekte unterstützt, die junge Frauen zu Selbstvertrauen, starken Werten und Verantwortungsbewusstsein inspiriert. Zudem hilft sie, jungen Mädchen den Zugang zum Golfsport zu ermöglichen. 

„Kathy“ Whitworth ist auch im Alter von 83 Jahren präsent in den Köpfen der Menschen, die mit Golf zu tun haben. Zu beeindruckend sind ihre Erfolge, zu entscheidend ihr Einfluss, den sie über Jahrzehnte auf ihren liebsten Sport genommen hat. „Ich denke nicht über das Vermächtnis von 88 Turnieren nach – ich habe gewonnen, weil ich gewinnen wollte, nicht um einen Rekord aufzustellen, den niemand übertreffen könnte", sagte sie vor einigen Jahren. Ob ihre Bestmarke jemals eingestellt wird, ist ungewiss. Sicher jedoch ist: Whitworth eine Ausnahmeerscheinung – auch, wenn sie das anders sieht. 

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