Interview

„Die Männerlastigkeit erschreckt mich immer wieder“


21. Juli 2022 , Thomas Kirmaier


„Frauen gehen viel kritischer mit ihren Fähigkeiten um“, sagt Ann-Katrin Thimm, Clubmanagerin im Frankfurter GC.
„Frauen gehen viel kritischer mit ihren Fähigkeiten um“, sagt Ann-Katrin Thimm, Clubmanagerin im Frankfurter GC.

Ann-Katrin Thimm (34) ist seit April 2020 Clubmanagerin des Frankfurter GC. Wir haben uns mit ihr über Sport, die Faszination Golf und die Rolle der Frauen unterhalten.

Frau Thimm, was wir auf Golfplätzen immer wieder entdecken, sind Frauenparkplätze. Eine gute Idee? Gibt’s die auch im Frankfurter GC?
Wenn es der Sicherheit dient, finde ich es richtig. Im FGC haben wir keine Frauenparkplätze, weil der Parkplatz gut einsehbar ist.

Die Damen des FGC spielen 1. Bundesliga, die Herren in der 2. Erhalten beide Teams gleich viel Aufmerksamkeit im Club?
Auch wenn die Herren nach wie vor beispielsweise in der medialen Aufmerksamkeit der Presse immer wieder einmal eine größere Präsenz haben, gibt es bei uns im Club keine Unterschiede, weder sportlich, noch kommunikativ und auch nicht in finanzieller Hinsicht.

Mit Dr. Gabriele Sachse als Präsidentin und Ihnen als Clubmanagerin hat der FGC quasi eine weibliche Doppelspitze. Das dürfte einmalig sein in Deutschland, oder?
Das kann ich gar nicht mit Sicherheit sagen, ich zumindest kenne keine weitere solche Konstellation.

Was machen zwei Frauen an der Spitze des Clubs anders als zwei Männer?
Ich glaube nicht, dass Frauen gegenüber Männern grundsätzlich etwas anders machen. Es liegt immer an der Kernkompetenz und den individuellen Führungsqualitäten eines jeden Einzelnen.

Wird dieses Damen-Duo an der Vereinsspitze in der täglichen Arbeit hin und wieder thematisiert?
Nein, gar nicht, was ich aber auch gar nicht schlimm finde, sondern eher positiv werte. Wir wollen doch Gleichberechtigung.

Warum gibt es an der Spitze der Verbände so gut wie gar keine Frauen?
Die nach wie vor gegebene Männerlastigkeit der Verbandsvorstände erschreckt mich immer wieder – beispielsweise, wenn ich mir deren Gruppenfotos anschaue. Ich würde mir wünschen, dass die Verbände, Vereine und Unternehmen sich weiterentwickeln und Möglichkeiten für ein stärkeres Gleichgewicht schaffen. Bei uns im FGC sind mit unserer Präsidentin und der Jugendwartin gleich zwei der sieben Vorstandsämter mit Frauen besetzt.

Nehmen Sie eine Veränderung wahr, dass mehr Frauen in die Golfbranche drängen?
Ich empfinde es eher gegenteilig. Durch Familienplanung und die entsprechenden Arbeitszeiten in der Golfbranche springen meines Erachtens Frauen eher ab. Nennen Sie mir Frauen zwischen 30 und 40 an der Spitze eines Golfclubs. Ich kenne keine weiteren.

Ihr Großvater hat einen Golfplatz betrieben, auf dem Sie groß geworden sind. Sie sind zunächst in der Hotellerie tätig gewesen, dann jedoch wieder zum Golf zurückgekehrt. Warum?
Die Faszination Golfsport! Da ich nebenbei immer aktiv in der Golfbranche aktiv war und das Interesse immer vorhanden, war das eine logische Folge.

Bei Tagungen oder Seminaren haben Sie es überwiegend mit Männern zu tun. Welche Vor- und Nachteile hat das?
Mehr Diversität, auch bezüglich des Geschlechter-Aspekts, würde mehr Vielfalt schaffen und das finde ich in Gruppen und Teams durchaus bereichernd.

Merken Sie im beruflichen Alltag, dass Sie eine Frau sind? Welche Momente fallen Ihnen da ein?
Ein gutes Beispiel: In der Coronazeit fanden unter den Clubs Video-Calls statt. In diesen Runden waren von ca. 25 Personen exakt zwei Frauen. In solchen Situationen fällt es natürlich extrem auf.

Liegt der Mangel an Frauen im gehobenen Management auch daran, dass viele Frauen sich die Verantwortung schlicht nicht zutrauen?
Vielleicht auch das. Ich nehme immer wieder wahr, dass Frauen viel kritischer mit ihren Fähigkeiten umgehen und sich meines Erachtens viel mehr zutrauen sollten und dürften.

Vervollständigen Sie bitte diesen Satz: Es braucht mehr Frauen im deutschen Golf, weil…
… eine gute Mischung aus Männern und Frauen immer nur produktiv und zukunftsorientiert sein kann.

Welche Frage in diesem Interview fehlt, weil es ein Mann geführt hat?
(lacht) Ich hoffe doch sehr, dass Sie keine Frage ausgelassen haben, weil ich eine Frau bin…

Nein, sicher nicht. Vielen Dank für das Gespräch!