Regelfest

Aufgesetzt oder gedrückt - wurde hier geschummelt?


11. März 2024 , Daniel Dillenburg


Kam bei seiner Aktion im Rough ohne Strafe davon: Wyndham Clark.
Kam bei seiner Aktion im Rough ohne Strafe davon: Wyndham Clark. | © Getty Images / X

US-Open-Champion Wyndham Clark sorgt bei seiner Schlagvorbereitung für eine Regelsituation, die ordentlich Gesprächsstoff auslöst. Es gilt die Frage zu klären: Setzte er seinen Schläger nur auf oder lag ein Drücken vor?

Eine Schlagvorbereitung – ganz viel Diskussion. Gegen Ende der dritten Runde des Arnold Palmer Invitationals in Bay Hill sorgte eine Aktion des amtierenden US-Open-Champions, Wyndham Clark, für ordentlich Gesprächsstoff. Auf Loch 18 lag sein Ball im dichten Rough. Bei der Vorbereitung seines zweiten Schlags hielten die TV-Kameras eine Bewegung des Balls fest, die vom US-Amerikaner verursacht wurde. War diese Aktion strafwürdig? Und wenn nicht: Hat Clark die Lage seines Balls verbessert, indem er das Gras mit seinem Schläger herunterdrückte? Bei der TV-Übertragung in den USA wurde heiß diskutiert.

„Das bringt auch mein Herz zum Flattern“, sagte Regel- und Videoanalyst der PGA Tour, Mark Dusbabek, beim Betrachten der Bilder. Zunächst galt es in der Situation zu klären, ob sich Clarks Ball nach der Definition im Regelwerk bewegte. Denn: Ein Ball gilt als bewegt, wenn ein ruhender Ball seine ursprüngliche Lage verlässt und an einer anderen Stelle zur Ruhe kommt und dies mit bloßem Auge sichtbar ist (unabhängig davon, ob dies jemand sieht). Dies trifft zu, gleich ob der Ball sich nach oben, unten oder seitlich aus seiner ursprünglichen Lage bewegt.

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In Clarks Fall sei es nicht mit bloßem Auge zu erkennen gewesen, ob der Ball seine ursprüngliche Lage verließ, und daher wurde der Videobeweis nicht berücksichtigt (Regel 20.2c). Dusbabek ergänzte: „Der Ball kann sich bewegen, aber solange er an seinen ursprünglichen Platz zurückkehrt, hat er sich technisch gesehen nicht bewegt. Wenn wir uns also dieses Video ansehen, sieht es so aus, als ob er an dieselbe Stelle zurückgekehrt ist.“ In diesem Fall habe also kein Regelverstoß stattgefunden.

Doch wie sieht es mit einer Verbesserung der Lage aus? Hier gilt es die Frage zu klären, ob Clarks Aktion als „leichtes Aufsetzen“ bewertet wird oder ob er den Schläger auf den Boden drückte, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Denn das Aufsetzen ist eine erlaubte Handlung – das Drücken nicht. Laut Regel 8.1b (4) gilt „leichtes Aufsetzen des Schlägers direkt vor oder hinter dem Ball“ als erlaubte Handlung. „Schläger leicht aufsetzen bedeutet, dass das Gewicht des Schlägers durch Gras, Boden, Sand oder anderes Material auf oder über der Bodenoberfläche getragen wird.“ Dies berechtigt aber nicht, den Schläger auf den Boden zu drücken.

Analyst stimmt Entscheidung nicht zu

Dusbabek tendierte in unserem Fall zum Aufsetzen und verteidigte Clark. „Ich weiß, dass es schlecht aussieht, dass er vielleicht versucht, den Bereich seines beabsichtigten Schwungs zu verbessern. Es sieht nicht so aus, als ob es genug ist. Ein Spieler darf seinen Schläger mit dem Gewicht des Schlägers auf dem Boden aufsetzen, also ist es im Grunde das, was er hier tut.“

Golf-Central-Analyst Brandel Chamblee widersprach Dusbabek vehement: „Ich würde den Regelhütern bei allem Respekt nicht zustimmen. Ich würde Wyndham Clark bei allem Respekt nicht zustimmen. Der Ball hat sich eindeutig bewegt. Er hat den Schläger eindeutig nicht leicht aufgesetzt.“ Daher forderte Chamblee eine Strafe für den 30-Jährigen aus Denver. „Ich brauche kein Video, um das zu sehen; ich habe es live gesehen und wusste, dass sich der Ball bewegt hat.“

„Habe nicht versucht, zu schummeln“

Clark äußerte sich nach seiner Runde zur heiß diskutierten Situation und beteuerte: „Ich hatte eigentlich keine Ahnung, dass das überhaupt passiert ist. Sie haben es mir in der Scoring Area erzählt. Sie haben mir das Video gezeigt. Ich habe nicht versucht, zu schummeln oder irgendetwas Ähnliches zu tun oder meine Lage zu verbessern. Ich habe einfach nur meinen Schläger hingelegt. Und, wissen Sie, offensichtlich zoomen sie heran und das lässt es schlimmer aussehen. Wir haben alle darüber gesprochen. Scottie [Scheffler, Clarks Mitspieler, Anm. d. Red.] und die Regelhüter waren der Meinung, dass der Ball sich nicht bewegt hat.“

Eindeutig zu bewerten war diese Aktion jedenfalls nicht. Doch am Ende lässt sich sagen: In dubio pro reo. Im Zweifel für den Angeklagten.

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

Das ist einer von den Fällen, bei denen man froh ist, wenn man an einer anderen Stelle des Platzes eine Spielergruppe „auf der Uhr“ hat, wenn es geschieht.

Es ist zunächst einmal glaubwürdig, dass man mit bloßem Auge nichts beobachten konnte, denn der Ball lag schon tief im Rough und eine Betrachtung von der Seite ist nicht eindeutig. Von oben ist es dem Spieler auch nicht sicher möglich, eine Abwärtsbewegung um ein paar Millimeter festzustellen.

Die Nahaufnahme der Kamera ist ohne Hilfsmittel auch nicht eindeutig, da sie sich während des Vorgangs bewegt. Es müsste die Oberkante des Balls im Verhältnis zu einem anderen genügend weit entfernten Fixpunkt im Gras betrachtet werden, aber wenn die Bewegung nur so zu ermitteln ist, wird sie nicht berücksichtigt.

Anders verhält es sich mit dem angeblichen Aufsetzen des Schlägers mit zusätzlichem Druck. Hier würde eine ganze Ansicht des Schlägers während dieses Vorgangs helfen, aus der man dann schließen könnte, ob der Spieler den Schläger locker hält oder drückt. Mit der Nahaufnahme ist es nicht eindeutig zu beurteilen.

Ich würde jedoch mit Sicherheit nach Beendigung des Lochs dem Spieler den Tipp geben, im Umgang mit seinem Ball zukünftig etwas vorsichtiger zu sein, da in Wiederholungsfällen der Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht mehr gilt.

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