Regelfest

Bestraft, weil unvernünftig


26. Februar 2024 , Daniel Dillenburg


Musste auf der 18 einen schmerzhaften Drop hinnehmen: Sami Valimaki bei der Mexico Open.
Musste auf der 18 einen schmerzhaften Drop hinnehmen: Sami Valimaki bei der Mexico Open. | © Orlando Ramirez/Getty Images

Die Geschichte von zwei Drops: Nahezu identische Balllagen resultieren bei der Mexico Open in zwei unterschiedlichen Regelauslegungen. Haben hier die besseren Argumente eine Strafe verhindert?

Ein Zaun. Zwei Situationen. Zwei unterschiedliche Regelauslegungen. Aufmerksame Zuschauer der Mexico Open in der vergangenen Woche werden die Ähnlichkeit zweier Regelfälle auf Loch 18 des Vidanta Vallarta bemerkt haben und sich womöglich fragen, warum nur in einem der beiden Fälle eine straflose Erleichterung gewährt wurde. Sowohl S.H. Kim an Tag zwei also auch Titelanwärter Sami Valimaki an Tag vier machten Bekanntschaft mit einem Metallzaun auf der rechten Seite der 18. Spielbahn. Während Kim seinen Ball straflos im Rough droppen durfte, musste Valimaki einen Strafschlag in Kauf nehmen und somit seine Titelhoffnungen begraben. Doch worin unterschieden sich die beiden Fälle?

Hier ist die Erklärung des Regelkomitees der PGA Tour: „In Samis Fall [Sami Valimaki, Anm. d. Red.] war es für ihn eindeutig unvernünftig, den Ball zu spielen. Es gilt die Ausnahme von Regel 16.1.“ Regel 16.1 legt fest, wann eine Erleichterung wegen ungewöhnlicher Platzverhältnisse zulässig ist. So darf unter anderem keine Erleichterung in Anspruch genommen werden, wenn es „eindeutig unvernünftig ist, den Ball zu spielen“.

Sami Valimakis Ball am Metallzaun auf der 18.
Sami Valimakis Ball am Metallzaun auf der 18. | © twitter.com/GolfDigest


Unter 16.1a (3) heißt es weiter: „Regel 16.1 gewährt keine Erleichterung,

  • wenn es wegen etwas, von dem der Spieler keine straflose Erleichterung in Anspruch nehmen darf, eindeutig unvernünftig ist, den Ball zu spielen, wie er liegt (zum Beispiel, wenn der Spieler aufgrund der Lage des Balls in einem Busch keinen Schlag ausführen kann), oder
  • Beeinträchtigung ausschließlich deshalb gegeben ist, weil der Spieler einen unter den Umständen eindeutig unvernünftigen Schläger, Stand oder eine unter den Umständen eindeutig unvernünftige Spielrichtung wählt.“

In Kims Fall sei die Situation eine andere gewesen. „In S.H. Kims Szenario hätte er einen Schlag zur Seite von der anderen Seite des Zauns spielen können, was er auch angekündigt hatte, und so konnte er eine straflose Erleichterung bekommen.“ Hat Kim also einfach besser argumentiert? Dem Rules Official machte er klar, dass er über den Zaun springen könnte, um von dort aus weiterzuspielen. Dies wurde offensichtlich nicht als „unvernünftig“ bewertet und so kam Kim ohne Strafe davon. Den Cut verpasste er nach einem anschließenden Triple-Bogey zwar dennoch, aus der denkbar ungünstigen Lage am Zaun kam er aber – anders als Valimaki - mehr als glimpflich davon.

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

„Alibi zum Droppen“

Eigentlich hat der Referee und das Regelbuch hier alles erklärt. Aber da es mit „eigentlich“ immer so eine Sache ist, kommt hier noch ein Beispiel, das zeigt, wie sehr es darauf ankommt, dass der Spieler sich Gedanken über seinen nächsten Schlag macht.

Gelegentlich kommt man als Referee zu Situationen, bei denen der Spieler neben seinem Ball steht und zunächst nur sagt „Da liegt er!“

Danach kommt dann „Den will ich nicht spielen.“ und kurze Zeit danach auf Nachfragen „Kann ich hier droppen?“

Leider ist damit immer noch nicht klar, warum der Spieler droppen will, denn das entscheidet darüber, ob es straflos nach Regel 16 oder mit Strafschlag nach Regel 19 geschieht.

In diesem Fall hier kam dann wohl vom Referee die Frage, was den Spieler denn an der Lage stören würde, was beide Spieler mit „Der Zaun!“ beantwortet haben werden. Das ist der Moment für den Referee, zu fragen und zu prüfen, wie der Spieler den Ball spielen würde, wenn der Zaun nicht vorhanden wäre oder wenn es keinen Freedrop gäbe.

Führt ein Spieler dann die Simulation eines Schlags vor, den er spielen könnte, ist ihm der Freedrop sicher. Sagt er einfach nur, dass der Ball auch ohne den Zaun unspielbar wäre, darf der Zaun nicht als Alibi für einen Freedrop herangezogen werden und der Spieler kann seinen Ball nur für unspielbar halten.

Solche Fälle abseits des Fairways zeigen, wie sinnvoll eine Musterplatzregel sein könnte, die außerhalb des Fairways keine Freedrops erlaubt. Aber die gibt es (leider noch) nicht und darf auch nicht einfach von einem Club „erfunden“ werden.

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