Masters 1985

Als Langer den Urknall auslöste


15. März 2022 , Felix Grewe


Ein Moment für die Ewigkeit: Am 14. April 1985 gewinnt Bernhard Langer zum ersten Mal das Masters in Augusta.
Ein Moment für die Ewigkeit: Am 14. April 1985 gewinnt Bernhard Langer zum ersten Mal das Masters in Augusta. | © Augusta National/Getty Images

Mit seinem ersten Triumph beim Masters in Augusta legte Bernhard Langer nicht nur den Grundstein für seine beeindruckende Karriere. Er sorgte auch dafür, dass sich Deutschland zu einer Golfnation entwickeln konnte. Erinnerungen an den 14. April 1985...

Als Bernhard Langer vor 37 Jahren zum ersten Mal das Masters in Augusta gewinnt, ist der Schreiber dieser Zeilen noch nicht geboren, immerhin aber schon auf dem Weg. Es gibt sie also nicht, die eigenen Erinnerungen an diesen 14. April 1985, jenen Tag, als ein 27 Jahre alter Blondschopf, ganz in Rot gekleidet, unverhofft und unerwartet zugleich Sportgeschichte schreibt. Kaum ein Experte hätte damals mehr als ein paar olle Lakebälle auf den Triumph eines Deutschen bei einem der bedeutendsten Golfturniere der Welt gesetzt. Doch es kam bekanntlich anders und Langer löste mit seinem Erfolg hierzulande so etwas wie einen Urknall im Golfsport aus. Ähnlich wie Boris Becker ein paar Monate später in Wimbledon. 

Erinnerungen in bewegten Bildern

Wie also sich diesem Ereignis nähern? Natürlich, mit historischem Material. Es gibt genügend Fundstücke im Netz, die zeigen und erzählen, wie es damals war. Fotos, Texte, Videos. Da wäre zum Beispiel ein dreistündiger Clip auf YouTube von der Finalrunde. Ein Original-Mitschnitt mit englischem Kommentar und gelegentlicher Klampfen-Musik zur Untermalung, Nostalgie pur. Der Ton rauscht etwas, was aber keineswegs stört, weil es vielmehr Zeugnis einer echten Perle von früher ist. Die Bilder sind leicht verwackelt und natürlich nicht immer scharf. War halt noch eine andere Zeit, aber keine schlechte. Obwohl Verlauf und Ausgang hinlänglich bekannt sind, fiebert man bis zum letzten Putt mit. Der Andy-Brehme-Effekt: Seinen Elfmeter im Fußball-WM-Finale 1990 gegen Argentinien kann man auch heute noch nicht anschauen, ohne zu hoffen, dass er wieder reingeht... 

Kaum einer glaubte an Langer

Es ist ein sonniger Tag damals, der Himmel über Augusta in Georgia ist klar, es weht kein Lüftchen. Traumhafte Bedingungen für ein furioses Finale, vor dem immer noch kaum jemand an einen Triumph Langers glaubt. Man kennt den Deutschen zwar, auch international, immerhin war er 1981 und 1984 bereits Zweiter bei der Open Championship und Gewinner der Order of Merit. Außerdem ist er als jener Verrückter bekannt, der 1981 in Yorkshire seinen Ball in einen Baum gehauen hatte und zur Vermeidung eines Strafschlags auf die Astgabel geklettert war, um von dort weiterzuspielen. Bilder, die um die Welt gingen. Nach den ersten zwei Runden in Augusta hatte der Anhausener sechs Schläge hinter der Spitze gelegen, nach dem Moving Day zwar nur noch drei – aber Langer im grünen Sakko kann sich trotzdem noch niemand so recht vorstellen. 

Die letzten sechs Bahnen... 

Der Rest ist schnell erzählt: Langer liefert sich in dieser vierten Runde lange einen spannenden Vierkampf mit Seve Ballesteros und den beiden Amerikanern Curtis Strange und Raymond Floyd. Vor den letzten sechs Löchern liegt der Deutsche drei Schläge hinter Strange. Dann folgt die Wende: Erst verliert der Amerikaner Schläge an Bahn 13, wo er den Ball ins Wasser drischt, in den kleinen Bach steigen muss und zwei Versuche braucht, um den Ball aufs Grün zu bugsieren. Langer hingegen fabriziert ein Birdie nach dem nächsten. An Loch 17 – im YouTube-Video nach etwa 2:23 Stunden, unbedingt anschauen! – versenkt er einen Putt aus gut und gern vier, fünf, sechs Metern erneut zum Birdie. Da lässt er kurz den Schläger fallen und jubelt bereits, um dann wieder schnell die Fassung zu gewinnen. Er liegt jetzt mit zwei Schlägen in Führung und er ahnt: So viel kann nicht mehr schiefgehen. Ballesteros klopft ihm auf dem 18. Abschlag auf den Rücken, raunt ihm zu: „Du hast es geschafft!“. Zwar leistet sich Langer zum Abschluss noch ein Bogey, doch weder Strange noch die anderen können kontern. 

Ein Signal für Europa

Als Langer später bei der Siegerehrung im biederen grünen Champions-Sakko strahlt, beginnt für Deutschland der Weg von einem Golf-Entwicklungsland zu einer bedeutenden Golf-Nation. Die Tagesschau am Abend berichtet zum ersten Mal überhaupt über den elitären Sport, den zu diesem Zeitpunkt gerade einmal knapp 72.000 Menschen in 214 Clubs der Bundesrepublik ausüben – ein Hobby für besonders Privilegierte. Kein Vergleich zu den damals 15 Millionen Golfern in Amerika. Die französische Sportzeitung „L’Equipe adelt Langer als „Das große Signal für Europa“, weil er nach Ballesteros und Gary Player erst der dritte nicht amerikanische Champion in Augusta ist. Arnold Palmer schwärmt von Langers „ungeheuer großen Entschlossenheit und Willenskraft“. Der Mann aus dem kleinen Anhausen in Bayern gehört nun endgültig zu den großen Stars der Amerika-Tour, obwohl er auf PGA-Level zuvor keinen Titel hat gewinnen können. 

Zweiter Triumph 1993

Langers weiterer Weg ist bekannt, die Liste seiner Errungenschaften zu lang, um sie alle zu nennen: Er wurde 1986 die erste Nummer eins der neuen Weltrangliste, wenn auch nur für drei Wochen. Er wiederholte seinen Augusta-Traumlauf 1993, acht Jahre nach dem ersten Coup. Er führte Europa als Spieler und als Kapitän zu unvergessenen Siegen im Ryder Cup – und er jagt noch heute Rekorde auf der PGA Tour Champions. Längst ist Langer eine der berühmtesten lebenden Golflegenden auf diesem Planeten. Der Urknall aber liegt fast 37 Jahre zurück. Damals, am 14. April 1985...

 

Pure Nostalgie: Die Finalrunde von Augusta 1985