Team-WM Damen

Deutschland gewinnt WM-Bronze


27. August 2022 , Stefan Bluemer


Bronze für Deutschland (© DGV/stebl)
Bronze für Deutschland (© DGV/stebl)

In einem noch nie dagewesenen Krimi wird diese World Amateur Team Championship (WATC) erst mit dem letzten Putt des letzten Flights auf dem letzten Grün nach 72 Löchern entschieden. Deutschland gewinnt mit nur einem Schlag Rückstand auf Schweden und die USA die Bronzemedaille. Der Tag auf dem Red Course von Golf Saint-Nom-La-Bretéche ist nichts für schwache Nerven. Adrenalin pur.

Guyancourt/Frankreich – Am Ende stehen Schweden und die USA mit -13 vor Deutschland und Japan, beide Teams mit -12 Schlägen in der Wertung.
Am Finaltag bringt Celina Sattelkau nervenstark eine 73 (+1) nach Hause, während Helen Briem mit 72 (Even) den Platz bezwingt. Alexandra Försterling hat am Finaltag nicht das nötige Glück. Die 77 (+5) ist aber nicht in der Wertung. Die Spielerin des G&LC Berlin-Wannsee hatte in den Tagen zuvor starke Runden nach Hause gebracht.
Helen Briem hat mit einem Gesamtscore von sieben unter Par das tiefste Ergebnis auf den Leaderboard und teilt sich den informellen Sieg der Einzelwertung mit der Nummer 1 des World Amateur Golf Ranking, Rose Zhang (USA) und Meja Örtengren aus der siegreichen schwedischen Mannschaft.

Großes geleistet

Vor dem Start der Finalrunde war schon klar, dass die deutsche Mannschaft in Frankreich Großes geleistet hatte. Noch nie war Deutschland bei einer Team-Weltmeisterschaft in Führung liegend in den letzten Akt gestartet. Zudem: die 13 unter Par waren der zweittiefste Score nach drei Runden, den je eine Mannschaft erspielt hatte.

Erfolgreiche Strategie

Drei Runden lang war die Taktik sehr gut aufgegangen, die Bundestrainer Stephan Morales ausgegeben hatte: Die Athletinnen sollten mutig nach vorne spielen und sich immer daran ausrichten, den Score nach unten zu drücken, dabei aber auch geduldig zu bleiben. Auch am Finaltag sollte genau so weitergespielt werden und nicht versucht werden, das Ergebnis zu verwalten.
Da Mannschaften, die früher gestartet waren und mit teils größerem Rückstand ins Finale gegangen waren, Schlag um Schlag aufholten, war das Leaderboard bald mit Mannschaften so eng geworden, dass dem Bundesadler das eine oder andere Birdie tatsächlich sehr gut getan hätte.
Zunächst ging es aber in eine andere Richtung. Celina Sattelkau hatte auf Bahn zwei ihren Ball hinter das Grün ins Wasser gesetzt, so dass der Gesamtscore auf -11 wechselte.
Da aller Spielerinnen noch Bogeys auf die Karte nehmen mussten, im Gegenzug an diesem Tag aber nur vier Birdies gelingen wollten, gelang zwar noch eine Verbesserung auf zwölf unter Par, aber Schweden und die USA waren  letztlich um einen Zähler besser.
Helen Briem, die als letzte Deutsche gestartet war, hätte mit ihrem beeindruckenden Spiel zwar fast noch dafür gesorgt, dass drei Mannschaften mit einem Endscore von -13 diese Welt-Titelkämpfe abschließen. Wäre der Stuttgarterin wie bei der ersten Runde auf Saint-Nom-la-Bretéche auf Bahn 17 ein Eagle gelungen, hätte Deutschland sogar erstmals den WM-Titel gewonnen.
So aber blieb es bei Platz drei. Die Bronzemedaille ist das drittbeste Ergebnis für die Auswahl des Deutschen Golf Verbandes in der langen Geschichte von Team-Weltmeisterschaften.

Stimmen zum Tag

Helen Briem, die mit sieben unter Par am Ende den gleichen Score hatte wie die Weltranglisten-Erste Rose Zhang und die neue Weltmeisterin Meja Örtengren, konnte mit ihrem Debüt auf dieser Weltbühne sehr glücklich sein: „Es ist unglaublich cool, mit der Mannschaft auf dem Podest zu stehen und auch in der Einzelwertung vorne zu sein. Das ist bei einem so stark besetzten Teilnehmerfeld, bei dem sehr viele Spielerinnen aus der Spitze der Weltrangliste dabei waren, nicht so schlecht. Es macht mich stolz, obwohl ich weiß, dass noch sehr viel Potenzial drin ist.“
Den Tag hatte die Spielerin des Stuttgarter GC intensiv erlebt: „Ich möchte schon immer genau wissen, wie es steht. Deshalb wusste ich, wie die Lage ist. Im Normalfall kann ich mit Druck sehr gut umgehen, weil ich es schon oft erlebt habe. Heute war es eine andere Situation, weil es nicht nur um eine nationale Meisterschaft ging, sondern wir hier bei einer Weltmeisterschaft sind.  Es waren viele Zuschauer hier.  Gestern war das aber schwieriger für mich, weil ich das zum ersten Mal so erlebt habe. Heute war es dann schon gewohnt, obwohl es doppelt und dreifach so viele Zuschauer waren. Manchmal musste ich mir meinen Weg durch die Menge richtig suchen. Als ich auf der 18 stand, habe ich vor meinem Chip einmal rundum geguckt und es waren wirklich überall Leute in zwei oder drei Reihen. Das war sehr schön.“


Celina Sattelkau vom GC St. Leon-Rot strahlte nach dem letzten Putt überglücklich: „Ich wusste, dass mir der Platz hier besser liegt als Le Golf National. Ich wollte heute auf jeden Fall zählen. Der Doppelbogey auf Bahn zwei war mental für mich anspruchsvoll, denn ich wollte unter Par spielen. Dann sofort einen solchen Rückschlag einzustecken, war nicht so einfach. Ich habe mich dann aber berappelt. Stephan Morales war auch relativ viel bei mir, hat mir Mut gemacht. Ich habe die Leaderboards gesehen und da war mir schon klar, dass mein Score zählen würde. Ich habe dann auf den Bahnen acht und neun zwei super Safes gemacht. Hinten raus habe ich gesehen, dass Schweden, Spanien und Japan stark unterwegs sind. Da habe ich mir vorgenommen, dass ich immer meine Pars halte und darauf vertraut, dass Helen am Ende noch Birdies spielen wird. Alles in allem bin ich echt happy, auch für Helen. Sie hat die ganze Woche super gespielt. Mitte Juli habe ich nicht damit gerechnet, überhaupt bei dieser WM dabei zu sein. Und jetzt hier zu stehen und Bronze zu bekommen, ist echt super. Ich freue mich riesig! Es ist noch eine Menge zu tun, aber ich freue mich mega.“

Bundestrainer Stephan Morales machte auf dem Platz viele Meter, konnte der enormen Spannung aber nicht entgehen: „Ich wusste es schon vorher, dass es extrem eng werden wird und dass wir bis zum Schluss um den Titel mitspielen können. Natürlich hätte ich vor dem Turnier gesagt, dass ich Bronze sofort nehme. Wenn man jetzt sieht, dass nur ein Schlag auf die Schweden und die Amerikaner fehlt, dann schmerzt das aber doch. Ich muss dieses Ergebnis für mich erstmal noch sortieren, damit die Freude über die gewonnene Medaille überwiegt. Jetzt aktuell bin ich von meiner Gefühlslage noch between. Ich glaube, wenn wir vor der Runde gewusst hätten, dass als Tagesergebnis -1 reicht, dann wären wir ein stückweit anders damit umgegangen. Es fühlt sich für uns sehr gut an, dass wir über die gesamte Woche mit den besten Mannschaften der Welt auf einem Niveau performt haben.

Pia Gassner, die als Kapitänin unermüdlich für ihre Spielerinnen unterwegs war,  war von der Spannung der Woche, vor allem aber auch des Finaltages angetan: „Das war meine bislang spannendste WM überhaupt. Wir waren bislang noch nie in der Situation, ganz vorne mitzuspielen. Ich kann mich an keine WM erinnern, die so knapp ausgegangen ist und wo so viele Teams so eng beisammen lagen. Zwischenzeitlich lagen sechs Teams innerhalb von nur zwei Schlägen. Da kann alles passieren. Wir hatten heute einfach nicht den Zwang zum Birdie und dann wird es echt schwer. Die Mädels haben großartig kämpft und alles gegeben. Wir haben Bronze gewonnen. Ganz eindeutig. Hätte man mir vorher gesagt, dass ich am Ende der Woche die Bronzemedaille bekomme, hätte ich diese strahlend angenommen. Ich bin super happy, dass die Mädels das mitnehmen und erleben können.“

Auch Marcus Neumann, Vorstand Sport im DGV, hatte es über Tag kaum ertragen können, wie sich alles zugespitzt hat. Am Ende war der ehemalige Bundestrainer aber doch mit dem Endergebnis mehr als zufrieden: „Wir haben Bronze gewonnen, nicht Gold verloren! Das Team kann stolz sein, mit nur einem Schlag Rückstand auf den Weltmeister unter 56 Nationen den dritten Platz erkämpft zu haben. Hätte man uns das vorher gesagt, hätten wir das natürlich liebend gerne genommen, aber es gab genügend Situationen in den vier Tagen, den einen Schlag noch zu holen. Aber das geht den anderen Teams ja ganz genau so. Ich freue mich riesig für das Team, das eine phantastische Woche erlebt hat. Ich hoffe, dass die Athletinnen das nie vergessen werden.“
 

Endstand
1. Schweden  -13
2. USA  -13
T3 Deutschland  -12
T3 Japan  -12
5. Spanien  -11
6. Taipei  -6

 

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