Panorama

Schwierige Lage? Manche machen das mit links


21. April 2023 , Thomas Kirmaier


In der National Association of Lefthanded Golfers sind rund 200 deutsche Linkshand-Golfer organisiert. © Kirmaier
In der National Association of Lefthanded Golfers sind rund 200 deutsche Linkshand-Golfer organisiert. © Kirmaier

Rund zehn Prozent der Bevölkerung sind Linkshänder. Im Golf gibt es sogar nationale und Weltmeisterschaften sowie extra Verbände für Linkshänder.

Was haben Bubba Watson, Barack Obama und Lady Gaga gemeinsam? Genau, sie alle sind Linkshänder. Jetzt ist über die Golf-Künste der schrillen US-Sängerin wenig bekannt. Die beiden Herren schwingen aber hin und wieder die Eisen. Der eine mehr, der andere weniger erfolgreich. Und beide machen sie das mit links, denn Masters-Champion Watson und der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten schlagen andersherum, also „falsch rum“, wie es viele Linkshänder in der Teebox immer wieder zu hören bekommen.

Solche Sprüche kennt auch Claudia Posselt. Sie ist Golf-Professional im GC Feldafing und Doppel-Weltmeisterin im Linkshand-Golf. In Bad Griesbach und an der spanischen Costa del Sol hatte sie die Titel geholt. „Das ist aber schon wieder ewig her. Und klar kenne ich solche Sprüche, aber die nimmt man doch gar nicht mehr ernst oder eben einfach mit Humor“. Sie hat festgestellt, dass viele linkshändige Schüler auch einen linkshändigen Golf-Pro bevorzugen. Zudem sei es in Einzelfällen auch eine Option, vor allem das kurze Spiel mal mit der anderen, vermeintlich schwächeren Hand auszuprobieren.

Das könne vor allem bei gesundheitlichen Einschränkungen teils zu erstaunlichen Ergebnissen führen, sagen Claudia Posselt und Achim Lehnstaedt unisono. Er ist ebenfalls Golf-Pro und Manager des Golf- und Land-Clubs Köln. „Ich bin eigentlich Linkshänder, zu meiner Schulzeit aber noch auf rechts getrimmt worden. Das war ganz fürchterlich“, erzählt er. Seine Ausbildung zum PGA-Pro habe er noch mit rechts gemacht, die Prüfung dann aber mit links. Wenn man so will, ist Achim Lehnstaedt das, was Franz Beckenbauer für den Fußball mal so ausgedrückt hat: „Der kann links wie rechts.“

Claudia Posselt, Golf-Professional des GC Feldafing, war schon zweimal Weltmeisterin der Linkshänder.
Claudia Posselt, Golf-Professional des GC Feldafing, war schon zweimal Weltmeisterin der Linkshänder. | © PGA of Germany


Zu seiner Zeit in Bayern habe es Achim Lehnstaedt hin und wieder auch mit ehemaligen Eishockey-Stars zu tun gehabt, die nach ihrer sportlichen „Rente“ zum Golf gewechselt sind. Auch da habe es Rechtshänder gegeben, bei denen es mit links besser lief – und andersherum. Man müsse eben einfach ausprobieren, mit welcher Seite man mittel- bis langfristig bessere Ergebnisse erziele. Diese These bestätigt Ines Halmburger: „Unsere Schüler und Schülerinnen werden bei ihrer Ausbildung angewiesen, die Golf-Neulinge nicht auf die häufiger vorkommende rechte Seite zu drücken, sondern den Schüler/die Schülerin seine bzw. ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen, auf welcher Seite er oder sie eben besser golft“, sagt die Geschäftsführerin der Aus- und Fortbildungs GmbH der PGA of Germany.

Die Gefahr, dass man sich auf die rechte Seite versteife, sei groß, was nicht weiter verwundert, denn es gibt einfach deutlich mehr Rechts- als Linkshänder. Laut Statistik sind rund zehn Prozent der Menschen linkshändig. Tendenz jedoch steigend. In der Vergangenheit war Linkshändigkeit sogar stigmatisiert. Im alten Rom galten linkshändige Sklavinnen und Sklaven als „beschädigt“ und weniger wert. In Japan durfte sich früher ein Mann scheiden lassen, wenn er entdeckte, dass seine Frau Linkshänderin war. Und noch heute können in einem Stamm Ghanas Menschen, die die linke Hand bevorzugen, nicht König oder Königin werden, weil Linkshändigkeit als unrein gilt.

In Europa ist zum Glück klar: Linkshändigkeit ist „eine Normvariante der biologischen Entwicklung, die im Alltags- und Arbeitsleben zu berücksichtigen ist“. So steht es jedenfalls in der Leitlinie „Händigkeit“ der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin und der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft. Weil die Akzeptanz der Linkshändigkeit in den vergangenen Jahren immer größer wurde, ist manchen Wissenschaftlern zufolge auch der Anteil der Linkshänder mittlerweile gestiegen: auf bis zu 20 Prozent.

Geringere Auswahl beim Equipment

Patrick Schröter kann das bestätigen. Er ist beim Online-Versandhändler All4Golf zuständig für den Hartware-Einkauf und sagt: „Wenn man heute als Linkshänder ein bestimmtes Equipment sucht, ist man ganz schnell beim Fitting, weil es am Markt logischerweise einfach deutlich weniger Material gibt als für Rechtshänder. Das ist in den USA anders. Da gibt es deutlich mehr Auswahl für Linkshänder als in Europa. Aber auch hierzulande sind wir inzwischen bei etwa 15 Prozent Linkshändern.“ Schröter führt das darauf zurück, dass in den Staaten mehr junge Menschen golfen.

Wenn es um Linkshand-Golf in Deutschland geht, ist Josef Langenberger absoluter Experte. Wir treffen den 72-Jährigen in seinem Heimat-Golfclub im Golfpark Gut Häusern. „Angefangen hat das 1999, als ein paar engagierte Golfer in Krefeld die National Association of Lefthanded Golfers gründeten. Ich war quasi ein Kind der ersten Stunde und bin damals zu den ersten großen Meisterschaften gefahren, die Alois Hartl in Bad Griesbach ausgerichtet hat“, erzählt Langenberger. Seit zehn Jahren ist er Präsident der NALG und seit 2022 auch Vizepräsident der WALG, also des Weltverbandes der Linkshand-Golfer.

Josef Langenberger aus Bayern ist seit zehn Jahren Präsident der National Association of Lefthanded Golfers (NALG).
Josef Langenberger aus Bayern ist seit zehn Jahren Präsident der National Association of Lefthanded Golfers (NALG). | © Kirmaier


Und die sind sehr gut organisiert. Im April 2024 findet in Vietnam die nächste Weltmeisterschaft der Linkshänder statt. Vom 7. bis 13. April wird auf den Golfplätzen Montgomerie Links Course, BRG Danang Golf/Greg Norman Course, Hoiana Shores Golf Course sowie Ba Na Hills Golf Course in Danang gespielt. „Wir haben ein Einzelzählspiel über vier Runden, wobei es nach zwei Runden einen Cut und einen Tag gibt, an dem der jeweilige Spielort näher kennengelernt wird. Anschließend folgen erneut zwei Runden, für die dann die Gruppen nach Leistungsstärke eingeteilt werden“, so Langenberger.

Und die Deutschen reisen mit großen Hoffnungen nach Asien, denn bei der letzten WM in Paris hatte Sophie-Charlott Hempel vom 1. GC Westpfalz mit 301 Schlägen souverän Gold geholt. Ihre Landsfrau Celina Richter vom GP Wilkendorf (328 Schläge) kam mit Bronze nach Hause – ebenso wie Christopher Hintz (GC Kallin), der trotz Knieverletzung ebenso Rang drei bei den Herren belegte. „Unser nächstes Highlight ist die offene nationale Linkshand-Golfmeisterschaft am 3. und 4. Juni 2023 im Golfpark Schloss Wilkendorf vor den Toren Berlins auf dem Sandy-Lyle-Platz. Da freuen wir uns schon drauf“, sagt Langenberger stolz.

Wer mit links golft, ist also längst kein "Außerirdischer" mehr. Okay, hin und wieder gibt es einen flapsigen Spruch von einem lustigen Rechtshänder. Den nimmt der Lefty aber mit Humor und lässt ihn links liegen. Wie wär's eigentlich mal mit einem Turnier Links gegen Rechts? So im Matchplay-Modus. Es soll ja auch eine Menge Politiker geben, die hin und wieder gerne golfen...