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Stark im Kopf – zehn Mentaltipps zum Start in die Saison


6. März 2023 , Felix Grewe


Mentale Stärke ist die Basis für den Erfolg.
Mentale Stärke ist die Basis für den Erfolg. | © Mark Runnacles/R&A via Getty Images

Mentale Stärke ist die Basis für einen niedrigen Score. Zehn Impulse, die Ihnen im Wettkampf helfen, Ihr bestes Golf zu spielen.

1) Atmung als Basis für Ruhe

Er ist überlebenswichtig und doch widmen sich ihm die meisten Menschen viel zu selten auf eine bewusste Weise: der Atem. Immer mehr wissenschaftliche Studien belegen, dass die Atmung einen wichtigen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden hat. Viele Volkskrankheiten, zum Beispiel Herz-Kreislauf-Probleme, können durch bestimmte Atemtechniken vermieden, gelindert und teilweise geheilt werden können. Auf dem Golfplatz kann die Fokussierung auf die Atmung eine beruhigende Wirkung haben – gerade dann, wenn die Nervosität vor einem Abschlag oder einem Par-Putt besonders groß ist. Die Aufmerksamkeit auf den Atem zu richten, hilft Ihnen, sich auf den Augenblick zu fokussieren und störenden Gedanken, Zweifel und Versagensängste auszublenden. 

2) Definition von Erfolg

Häufig führt übermäßiger Ehrgeiz zu anstrengenden Gefühlen wie Druck und Versagensangst. Man jagt Zielen hinterher, während die eigene Gemütslage nicht selten in eine direkte Abhängigkeit von den äußeren Erfolgen gerät – zum Beispiel einem verbesserten Handicap oder dem Titel bei den Clubmeisterschaften. Was helfen kann: eine neue Definition von Erfolg. Was viele Spitzensportler verbindet, ist ein besonderer Blick auf den Wettkampf. Natürlich wollen sie wenn möglich gewinnen. Erfolg definieren viele von ihnen aber nicht ausschließlich über große Siege, sondern stattdessen als das Gefühl, alles getan zu haben, was im eigenen Einflussbereich liegt. Ashleigh Barty, die ehemalige australische Nummer eins der Damen-Tennisweltrangliste, sagte einmal: „In der zweiten Phase meiner Karriere entwickelte ich das Bewusstsein, dass mein Glücklichsein nicht von den Ergebnissen abhängt. Erfolg ist für mich, dass ich weiß, alles gegeben zu haben.“ Was ist Erfolg für Sie?

3) Nervosität – ein Teil des Spiels

Nervosität hat ein schlechtes Image. Dabei werden Ihnen fast alle Leistungssportler, welchen Disziplinen auch immer sie nachgehen, bestätigen: Jeder ist nervös! Betrachten Sie Ihre Nervosität deshalb als einen normalen Teil des Spiels – vor allem am Anfang einer Runde. Bedenken Sie, dass das Gefühl der Nervosität auch einen positiven Effekt auf Ihr Spiel haben kann: Eine gesunde Anspannung versetzt Sie in den richtigen Wettkampfmodus und verhindert, dass Sie sich vom Wesentlichen ablenken lassen. Tiger Woods sagte einmal: „Für mich ist Druck gleichbedeutend mit einer positiven Aufregung, einem Adrenalinschub und einer gesteigerten Konzentration, um mein Bestes zu geben.“

4) Die Macht der Visualisierung 

Das Gehirn kann nicht zwischen Vorstellung und Realität unterschieden. Auf dieser Erkenntnis beruht der Erfolg der Visualisierung. Durch Bilder, die vor Ihrem geistigen Auge ablaufen, bereiten Sie Ihr Unterbewusstsein aktiv darauf vor, den gewünschten Zustand zu erreichen. Sie können Ihren Schwung visualisieren, einen gelochten Putt, einen erfolgreichen Pitch aus dem Bunker oder wie Sie mit innerer Ruhe den Abschlag betreten. Je genauer und klarer Sie sich in diesen Situationen selbst sehen können, desto besser programmieren Sie Ihre Abläufe. Das Visualisieren ist nicht schwierig – es bedarf lediglich einer regelmäßigen Praxis.  

 

Fokussierung ist nicht nur auf dem Grün wichtig, sondern auch beim Verfolgen von Zielen.
Fokussierung ist nicht nur auf dem Grün wichtig, sondern auch beim Verfolgen von Zielen. | © Neil Baynes/Getty Images


5) Das STOP-Tool

Wenn auf der Runde nichts funktionieren will und der Frust von Schlag zu Schlag zunimmt, dann ist es Zeit für eine mentale Unterbrechung. Timothy Gallwey, Autor des Buches „Inner Game Golf“ und Begründer des weltweit bekannten Inner Game-Ansatzes, empfiehlt (nicht nur) für diese Situationen ein einfaches Tool, das Sie jederzeit nutzen können. Es heißt STOP und es soll die Automatismen im Handeln und Denken unterbrechen. Dazu gehören auch die destruktiven Gedanken auf einer Golfrunde an einem Tag, an dem Sie an sich und Ihrem Spiel verzweifeln. Die Buchstaben im Wort STOP haben eine Bedeutung: S steht für Step back. Machen Sie also gedanklich einen Schritt zurück und blicken Sie wie ein Außenstehender auf Ihre Situation. T bedeutet Think. Fragen Sie sich: Was passiert hier gerade? Was geht Ihnen durch den Kopf? Was wollen Sie wirklich? Welche Möglichkeiten haben Sie? O bedeutet Organize. Sortieren Sie sich neu und entscheiden Sie sich dafür, sich neu zu fokussieren. P bedeutet Proceed. Fahren Sie also fort – mit innerer Ruhe und Klarheit.   

6) Distanz zur Stimme im Kopf

Jeder Mensch kennt die Stimme zwischen den Ohren, die uns so gern und so häufig malträtiert. Sie vergleicht, bewertet, kommentiert – auch und besonders auf dem Golfplatz. Erinnern Sie sich daran: Nicht allem, was sich zwischen Ihren Ohren abspielt, müssen Sie Glauben schenken. Manchmal genügt bereits diese kleine Erinnerung, um sich nicht in einen Kreislauf aus negativen Selbstgesprächen ziehen zu lassen und eine Distanz zur kritisierenden Stimme im Kopf herzustellen.

7) Konzentration üben

Kaum eine Fähigkeit ist auf und neben dem Golfplatz von so großer Wichtigkeit für Höchstleistungen wie die Konzentration. Nahezu alle herausragenden Erfolge beruhen auf einem ruhigen, fokussierten Geist. Wenn Sie Spitzensportler fragen, was Sie in den Momenten ihrer besten Leistungen gedacht haben, antworten fast alle gleich: nichts! Konzentration lässt sich einfach üben. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf einen Fokus – zum Beispiel auf Ihre Atmung (s.o.) oder das Geräusch, das entsteht, wenn Ihr Schläger den Ball trifft. Eines ist klar: Je besser Sie lernen, wie Sie sich beim Golf konzentrieren können, desto mehr werden Sie davon auch bei anderen Tätigkeiten profitieren.

 

Konzentration ist nicht nur auf dem Grün wichtig.
Konzentration ist nicht nur auf dem Grün wichtig. | © Boris Streubel/Getty Images


8) Keine besonderen Schläge erzwingen

Wenn Sie sich bereits unter Druck fühlen, vermeiden Sie unbedingt den Fehler, in dieser Situation einen besonderen Schlag spielen zu wollen. Agieren Sie stattdessen solide. Spielen Sie den Ball lieber vor den Bunker, anstatt das Grün direkt zu attackieren. Wählen Sie den längeren Weg und nicht den Harakiri-Schlag über die Bäume. Nicht falsch verstehen: Sie sollen nicht ängstlich spielen, aber eben auch nicht riskant. 

9) Akzeptanz lernen

Vielleicht ist sie der wichtigste Schlüssel zur Zufriedenheit – beim Golf und im Leben: die Akzeptanz. Wer die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit, die aus unterschiedlichen Gründen an einem Tag schneller erreicht werden können als an einem anderen Tag, macht es sich selbst leichter. Dazu gehört auch, zu lernen, das zu akzeptieren, was nicht in Ihrem Einflussbereich liegt – beim Golf zum Beispiel der Platz, das Wetter oder die Mitspieler.   

10) Die Freude nicht vergessen

Das Wichtigste zum Schluss: Golf ist ein Spiel – und das soll vor allem Freude machen! Erinnern Sie sich daran, wenn mal wieder nicht so läuft, wie Sie es gern hätten. Wenn der Ball dorthin fliegt, wo Sie ihn nie wiederfinden werden, wenn der Putt knapp am Loch vorbeikullert und der Aufenthalt im Bunker länger dauert als gewünscht. Nehmen Sie es mit heiterer Gelassenheit. Seien Sie glücklich darüber, dass Sie überhaupt Golf spielen können – und erinnern Sie sich an die Punkte eins bis neun! 

Über den Autor: Felix Grewe ist nicht nur Sportjournalist und Autor auf Golf.de, er ist auch ausgebildeter Coach und zertifizierter Inner-Game-Facilitator.