Menschen

Balltaucher und Wassermanager


8. Dezember 2023 , Thomas Kirmaier


Abgetaucht: Ralf Oestmann holt jedes Jahr tausende von Golfbällen aus den Teichen und kümmert sich um das ökologische Gleichgewicht der Gewässer.
Abgetaucht: Ralf Oestmann holt jedes Jahr tausende von Golfbällen aus den Teichen und kümmert sich um das ökologische Gleichgewicht der Gewässer. | © Verena Hornung

Ralf Oestmann (52) ist Golfball-Taucher, Wassermanager, Berater, Problemlöser. Golf.de hat den Niedersachsen im Einsatz auf einer bayerischen Anlage begleitet.

Abtauchen. Das ist genau sein Ding. „Mein Aufgabenbereich wächst und wächst. Die Anfragen und Aufträge werden immer mehr“, sagt Ralf Oestmann. Der Mann ist ein Segen für nahezu jede Golfanlage in Deutschland, denn er taucht nicht nur Golfbälle aus Teichen und entfernt somit Mikroplastik aus den Gewässern, er kümmert sich auch ums Wassermanagement. Damit ist nicht nur die Bewässerung von Grüns und Fairways gemeint. Es geht auch ums ökologische Gleichgewicht in den Teichen - und noch viel mehr. Bei seinem Einsatz im Golfclub München Eschenried hat er einen Gleichgesinnten getroffen. „Es ist Gold wert, wenn man im Club einen Manager hat, der Golfer und gleichzeitig Angler ist und der sich mit der Materie auskennt“, sagt Oestmann über Eschenrieds Geschäftsführer Thomas Huber.

Wie kam er überhaupt zum Golfball-Tauchen? „Das ist schnell erzählt. Ich habe mich schon als Kind sehr für Fische, Krebse und Muscheln interessiert, habe eine Ausbildung zum Gärtner und später noch eine zum Greenkeeper gemacht.“ Und als er während eines längeren Jamaika-Aufenthalts noch das Tauchen für sich entdeckte, kam das eine zum anderen. Sein Ruf hat sich in der Branche inzwischen herumgesprochen. Und weil er so viel zu tun hat, muss er gelegentlich auch externe Taucher engagieren. Zurzeit sei er viel im Raum München unterwegs, auch aus Österreich wurde er angefragt. Aber nicht nur das: „Sogar aus Ägypten und Abu Dhabi habe ich Anrufe bekommen. Aber die Angebote habe ich abgelehnt. Irgendwann ist mal Schluss.“ Ihm ist es lieber, weniger Plätze vernünftig zu betreuen als viele nur so halb.

Wenn Ralf Oestmann ins Wasser geht oder sich um die Fischpopulation bzw. die Ökologie in den Teichen kümmert, ist er auf Golfanlagen in ganz Deutschland ein sehr gern gesehener Gast. „Er macht einen großartigen und sehr wichtigen Job. Durch seinen Einsatz auf unseren Anlagen hat sich sehr viel zum Guten gewendet, was unser Wassermanagement betrifft“, sagt Huber. Durch die Zusammenarbeit mit Nordlicht Oestmann entsteht eine klassische Win-Win-Situation: Er darf die beim Tauchen gefundenen Bälle behalten, wäscht sie (natürlich ausschließlich mit Wasser) und verkauft sie als Lakeballs wieder. Im Gegenzug sorgt er dafür, dass die Teiche nicht umkippen. „Die Golfplatzbetreiber bekommen eine kostenfreie Gewässerpflege“, erklärt der Mann aus Verden bei Bremen.

Ralf Oestmann taucht nach Golfbällen und setzt Teichmuscheln sowie Edelkrebse aus, die wie eine Art Gesundheitspolizei arbeiten.
Ralf Oestmann taucht nach Golfbällen und setzt Teichmuscheln sowie Edelkrebse aus, die wie eine Art Gesundheitspolizei arbeiten. | © Kirmaier


Was er diesmal Wertvolles in seinem Anhänger hat? Teichmuscheln, Edelkrebse, Zander und mehr. Auch Schnecken und kleinere Fischarten setzt er aus und bestimmte heimische Pflanzen ein, nimmt Wasserproben, um zu untersuchen, ob die Wasserwerte (Nitrat, pH etc.) stimmen. Dann kann man bei Bedarf gezielt gegensteuern, wenn der Teich in einem schlechten Zustand ist. Auch das Fischen nach den sogenannten Lakeballs diene übrigens nicht nur dem Wiederverkauf, sondern auch der Natur selbst. Denn Golfbälle im Teich seien Fremdkörper, sagt Oestmann. 8.000 bis 10.000 pro Anlage fischt er jährlich aus dem Wasser.

Die Krebse und Muscheln, die er aussetzt, haben dazu eine teils unglaubliche, heilende Wirkung und sind für Teiche wie Medizin. Der Edelkrebs etwa frisst abgefallenes Laub, Pflanzenreste und Algen. Die Teichmuschel wiederum sorgt für klares Wasser. Oestmann: „Nur eine Muschel filtert 150 bis 200 Liter am Tag.“ Ein Wunder der Natur. Und wenn irgendwo in Golf-Deutschland wieder Mitglieder motzen, wie verschlammt und streng riechend die Gewässer sind, kommt Oestmann ins Spiel, bringt vieles wieder in Ordnung und macht somit indirekt auch Golfer glücklich. Der Wassermanager aus Niedersachsen züchtet vieles selbst: Rotfedern, Zander, Muscheln, Krebse, Bitterlinge, Gründlinge. Einiges kauft er zu.

Beim Besatz, den Oestmann vornimmt, sind zahlreiche Tierarten dabei, die zum Teil stark vom Aussterben bedroht sind. Allein durch seine Arbeit werden einige überleben. „Sicher mehrere 100.000 Edelkrebse müssten deutschlandweit in den Teichen auf Golfplätzen leben“, erzählt er. Oestmann hat neben eigenen Teichen eine Indoor-Hälteranlage mit 50 Becken und einem Wasservolumen von 100.000 Litern. In diesem Jahr hat er zum Beispiel einheimische Fische gegen Wasserlinsen gefunden sowie eine Schneckenart gegen eine spezielle Blaualgenart, die vermehrt in Pumpenteichen auftritt und über die Beregnung auf dem Golfplatz verteilt wird. Durch zahlreiche Tests hat er über die Jahre ein Wissen erlangt, das nicht im Internet zu finden ist.

Mit Thomas Huber (r.), Geschäftsführer von Münchner Golf Eschenried, hat Ralf Oestmann einen Gleichgesinnten gefunden.
Mit Thomas Huber (r.), Geschäftsführer von Münchner Golf Eschenried, hat Ralf Oestmann einen Gleichgesinnten gefunden. | © Kirmaier


Zu schaffen macht ihm die Verbreitung von invasiven Arten in den Teichen. Neben amerikanischen Krebsarten und Sonnenbarschen richteten besonders Blaubandbärblinge großen Schaden an. Die bis zu zehn Zentimeter großen Fische sehen einheimischen Arten sehr ähnlich. Bis zu viermal pro Jahr legten die Fische rund 500 Eier. „1000 Blaubandbärblinge fallen in einem Jahr nicht auf. Ein Jahr später können es aber schon Millionen sein. Die Blaubandbärblinge fressen den Teich leer. Die Waage zwischen Zoo- und Phytoplankton ist nicht mehr gegeben.“ Die Folge sind Blaualgen. Um zeitnah invasive Arten zu lokalisieren, werden mindestens einmal pro Jahr Fisch- und Krebsreusen aufgestellt, auch um den Bestand des Besatzes zu analysieren. Die Arbeit geht ihm sicher nicht aus.

Bis vor ein paar Jahren hat Ralf Oestmann selbst noch ab und zu Golf gespielt. Im Hamburger GC Falkenstein hat er damit angefangen und auf weiteren Anlagen, auf denen er als Greenkeeper im Einsatz war, abgeschlagen. Bis eine Schulterverletzung ihn stoppte. Ein Segen für zahlreiche Golfanlagen in Deutschland, die den Niedersachsen in diesen Tagen wohl mehr denn je als Balltaucher und vor allem als Wassermanager brauchen. Und nicht nur das: Zuletzt stellte er auf einem anderen Golfplatz in Bayern mehr durch Zufall fest, dass die Teichfolie nicht mehr dicht ist. Das Problem ist erkannt und lässt sich beheben. Zwar mit Kosten, aber hätte man das nicht entdeckt, wären die Investitionen hinterher noch viel höher und der Schaden an der Natur noch größer gewesen. Deutschlandweit kümmert sich Ralf Oestmann um rund 600 bis 700 Gewässer auf Golfplätzen. Und es werden fast täglich mehr.

Das Leistungsspektrum

  • Balltauchen
  • Wasseranalyse
  • Besatz der Teiche
  • Teichsanierungen
  • Teichentschlammungen
  • Teichbepflanzungen
  • Analyse von Wasserverlusten und Behebung