Tour-Sieg

Der Aufstieg zur Tour-Siegerin


21. September 2023 , Stefan Bluemer


Alex Försterling 2023 nach ihrem ersten Sieg auf der LET (@ Tristan Jones/LET)
Alex Försterling 2023 nach ihrem ersten Sieg auf der LET (@ Tristan Jones/LET)

Gerade eben hat sie sich mit dem ersten Sieg auf der LET einen Traum erfüllt. In ihrer Rookie-Saison als Profi sollte direkt ein Sieg her. Gedacht, gemacht: Alexandra Försterling vom G&LC Berlin-Wannsee schafft einen großen Schritt in ihrer noch immer jungen Karriere. Die Spielerin vom Wannsee ist aber auch weiterhin eines der Gesichter der Deutschen Golf Liga presented by All4Golf.

Berlin – Mit der Mannschaft des G&LC Berlin-Wannsee feierte Alexandra Försterling zahlreiche Erfolge in der Deutschen Golf Liga und war dadurch beinahe ständiger Gast beim Final Four. Meister war Wannsee in den Jahren 2015 und 2021. Dazu holte sich der älteste Golfclub Deutschland beim Final Four noch einmal Silber und gewann fünfmal die Bronzemedaille. Auch 2023, als Alex Försterling direkt vom Turnier der LET aus England zum GC Pfalz eilte, um sich ganz und gar in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Försterling bot an, schon im Halbfinale beide Matches zu bestreiten, auch wenn sie mit nur vier Stunden Schlaf hätte auskommen müssen. Die Coaches entschieden aber, ihre Top-Spielerin am Morgen noch zu schonen – und anschließend holte die ausgeschlafene LET-Proette in jedem Match einen Punkt für Wannsee, so dass es erneut für die Bronzemedaille mit dem Team reichte.Im November wird die Berlinerin 24 Jahre alt. Die Liste ihrer großer Erfolge, national und international, reicht bis ins Jahr 2012 zurück. Als junge Göre holte Försterling mit der Mannschaft des G&LC Berlin-Wannsee zweimal den Titel des Deutschen Mannschaftsmeisters der AK 14.
Schon bis dahin war es ein weiter Weg, der im Alter von sieben Jahren begann. Durch die Eltern kam die kleine Alex zum Golfsport. Schon als Fünfjährige wollte sie Bälle schlagen und mit acht Jahren nahm sie an ersten Turnieren teil.  Trainer in den ersten Jahren und für sehr lange Zeit war Daniel Mertl, der sich an viele schöne Momente mit Alexandra erinnert.
„Ich habe Alex trainiert, bis sie 16 oder 17 Jahre alt war. Dann hat es intern ganz gut gepasst, dass es mit Mario Hansch weiter ging. Als Alex zehn Jahre als war, hat sie zum ersten Mal in der Mannschaft von Wannsee gespielt. Bei der DMM AK 14 hatte sie schon neun Löcher gespielt, als ich sie sah. Sie stand ganz bedröppelt mit ihren Zahnstocher-Beinchen vor mir und meinte, sie spiele  so schlecht und läge schon zehn über Par. Ich darauf: „Iss jetzt erstmals was.“ Darauf erwiderte Alex: „Meine Mama hat mir Schokolade eingepackt.“ Na wunderbar. Genau die richtige Sportlernahrung, aber ich habe ihr tatsächlich einen Schokoriegel verabreicht und bin auf der Back Nine bei ihr als Caddie mitgegangen. Die zweite Hälfte der Runde hat sie dann zwei unter Par gespielt. Das Kind war wieder glücklich, hat zu sich gefunden, hat dann einfach stark performt und als Zehnjährige eine riesen Runde nach Hause gebracht. Wenn wir heute gemeinsam ein Turnier bestreiten, gebe ich ihr vor der Runde noch immer einen Schokoriegel mit. Das ist eine wahre Geschichte und das ist unser ständiger Running-Gag“, strahlte Mertl, als er sich an diese Anekdote erinnerte, die bis heute nachwirkt.

Besondere Fähigkeiten

Natürlich kennt der Trainer, der auch heute noch intensiv mit Jugendlichen beim G&LC Berlin-Wannsee arbeitet, die besonderen Fähigkeiten seiner ehemaligen Schülerin besonders gut. „Alex ist eine Kämpfernatur, die sich ganz gut im Griff hat. Das hat sie auch erst lernen müssen, aber sie ist sehr fokussiert und ist dann wirklich voll bei der Sache. Sie ist gesegnet mit einem wahnsinnigen Ballgefühl, ist eine sehr gut Ballstrikerin und ist oft sehr gut im Hier und Jetzt. Das alles ist natürlich noch keine Garantie dafür, dass man gleich im ersten Jahr einen Toursieg einfährt, aber es wundert mich nicht, dass sie es bis zum Schluss so gut nach Hause gebracht. Da ist sie schon wirklich voll bei der Sache und lässt sich dann durch nichts allzu sehr ablenken“, zollt Daniel Mertl der Athletin des National Team Germany großen Respekt.

>>>>Bilder der Karriere>>>>

Für die Zukunft traut der erfahrene Teaching-Pro der Athletin noch einiges zu: „Ich hoffe für sie, dass sie den Schritt in die USA wagt und schafft. Sie hat ja lange genug an einem sehr guten College gespielt und ist vertraut mit den Gegebenheiten dort. Sie hat das Zeug, kennt sich drüben auch schon aus und ich hoffe, dies ist der nächste Schritt.“

Schlüsselerlebnisse

Der Kick, Golf als Leistungssport zu betreiben, kam bei Försterling sehr früh und so war es kein Wunder, dass sie mit 14 schon in den Nationalkader der Jugend berufen wurde. „Da habe ich gemerkt, dass ich gut genug bin, dass es mir richtig Spaß macht, auch die internationalen Turniere mitzuspielen. Schlüsselerlebnisse waren die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften der AK 14 und dann ganz besonders die European Young Masters“, erinnert sich Försterling. 2014 hatte sie bei der inoffiziellen Team-EM der Jugend auf ganzer Front abgeräumt und sich sowohl den Titel in der Einzelwertung, wie auch das Team-Gold abgeholt. Das war ein starker Hinweis darauf, dass es auch gegen die internationale Konkurrenz reicht. Im gleichen Jahr durfte Alex Försterling beim Junior Ryder Cup mitspielen, traf dort auch auf Martin Kaymer, der damals auf dem Zenit seiner Karriere stand und ein Weltstar war. Typisch für Alex Försterling war, dass sie aus dem Rampenlicht des Ryder Cups sofort zu ihrer Mannschaft des G&LC Berlin-Wannsee eilte, um wieder bei einer DMM der Jugend mitzuspielen. Ganz ohne jede Starallüren. Im Gegenteil: Als sie vom Ryder Cup zur Mannschaft stieß, sorgte sie sofort auf ihre ganz eigene Art für gute Stimmung im Team und hatte einfach nur Spaß.

Trainer

Auch bei den Trainern war und ist Alexandra Försterling total bodenständig. Nach Daniel Mertl folgte am Wannsee Mario Hansch, dazu noch die Coaches des Junior Team Germany. In den USA arbeitete Försterling mit zwei Trainern sehr gut zusammen. „Die haben mich wirklich maßgeblich beeinflusst. Dadurch konnte ich kurz vor dem Wechsel zu den Profis noch mal die nächsten Schritte machen. Ich habe mich wirklich toll verbessert. In der Zeit bin ich in der Weltrangliste von Platz 250 in die Top Ten geklettert. Jetzt arbeite ich mit Philipp Mejow zusammen. Er hat mir auf jeden Fall in den letzten Monaten auch extrem geholfen. Ich bin wirklich froh, dass ich ihn habe“, vergisst die erfolgreiche Jung-Proette nicht die Menschen, die ihr den Weg geebnet haben.
In die College-Zeit fällt auch ein weiteres Schlüsselerlebnis der Berlinerin, die an der Arizona State University studierte und 2022 das Ping ASU Invitational gewinnen konnte. Dieses Turnier ist Jahr für Jahr mit der absoluten Weltelite der Nachwuchsgolferinnen besetzt. Wer dort bestehen kann, kann jedes Turnier gewinnen.

Kernkompetenz

Um so erfolgreich spielen zu können, wie Alexandra Försterling, sind einige Kompetenzen nötig. Da reicht es nicht nur, den Ball weit und gerade hauen zu können. Eine besondere Gabe hat Daniel Mertl schon in der Jugend entdeckt und gefördert. Im Moment zu sein, konzentriert und ruhig, geht in eine ähnliche Richtung, wie die Athletin es selbst einschätzt: „Meine wichtigste Kompetenz ist eine gewisse Art von Konstanz. Ich mache relativ wenig Fehler und versuche immer, die ganz hohen Zahlen raus zu lassen und schlimmstenfalls ein Bogey zu spielen. Dadurch kann man es mit einem Birdie immer wieder retten. Ich spiele jetzt Woche um Woche eigentlich immer relativ konstant, ohne extreme Ausreißer. Es gibt keine Achterbahn. Vor kurzem habe ich den Putter gewechselt und in den letzten Wochen war das Putten wirklich auch richtig gut. Ich hatte in der Schweiz nur drei Bogeys, habe aber viele Birdies gemacht. Ich habe meinen Ball oft an die Fahne gehauen und die Putts immer sicher gelocht. Das macht es alles ein bisschen leichter und es macht natürlich dann auch mehr Spaß.“

Spaß

Spaß spielt in der Erfolgswelt der Alex Försterling ohnehin eine sehr große Rolle. So rät sie allen jungen Spielerinnen, die auf dem Weg nach oben sind, immer positiv zu bleiben: „Ich rate jedem, immer dran zu bleiben und vor allem auch Spaß zu haben. Bei mir ist es halt so, dass die Sachen besser funktionieren, wenn ich Spaß habe. Spaß haben,  es genießen und immer dran bleiben, auch wenn einmal ein paar Rückschläge kommen. Nie die Hoffnung aufzugeben, denn im Golf kann es natürlich nicht immer gut laufen. Man sollte aus einer schlechteren Woche nicht zu viel machen und einfach diese Hoffnung nicht aufgeben.“

Sieg auf der LET

Vorläufiger Höhepunkt der Karriere ist der erste Sieg auf der LET. Alexandra Försterling hat es geschafft, in ihrer Rookie-Saison auf der LET gleich auch schon den ersten Sieg einzufahren. Die 23-Jährige vom G&LC Berlin-Wannsee spielte im Golfpark Holzhäusern in der Schweiz groß auf, unterschrieb dreimal 66 (-5) Schläge, blieb am Finaltag sogar bogeyfrei und hatte am Ende zwei Schläge Vorsprung auf die erste Verfolgerin.
Die Siegerin strahlte und war überglücklich, dass sie das große Ziel für diese Saison erreicht hat: „Richtig gut liefen vor allem meine Schläge ins Grün und das Putten. Ich lag oft echt nah dran und konnte dann meistens auch noch den Putt machen. Das hilft natürlich extrem. Mir liegt der Platz generell ganz gut und es macht extrem viel Spaß, dort zu spielen. Ich war natürlich sehr aufgeregt in der letzten Runde, aber ich hab versucht, einfach mein Spiel zu spielen und meine Chancen zu nutzen. Ich bin froh, dass es dann am Ende geklappt hat!“

Zweite Familie

Der G&LC Berlin-Wannsee spielte und spielt für Alex Försterling eine ganz große Rolle im Leben. „Der Club ist so ein Art zweites zu Hause für mich geworden und ich kann mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu spielen“, ist Försterling dankbar und glücklich, es am Wannsee so gut angetroffen und so viel Unterstützung erhalten zu haben. Ganz Wannsee freut sich mit der 23-Jährigen.
Miriam Hiller, Sportdirektorin des G&LC Berlin-Wannsee, war nach dem bislang größten Erfolgs einer Athletin des Traditionsclubs mehr als zufrieden: „Der Sieg von Alexandra ist ein Riesenerfolg, für sie selbst in allererster Linie, aber natürlich auch für unseren Club. Ich habe ihr so sehr die Daumen gedrückt. Alex spielt in Wannsee, seit sie sieben Jahre alt ist, hat bereits als Jugendliche und auch mit unserer Damenmannschaft in der 1. Bundesliga große Erfolge errungen. Sie ist mit ihren Leistungen auf der Tour ein Vorbild und Zugpferd für alle Mädchen und Jungen im Club. Sie hat bisher eine wirklich gute Rookie-Saison gespielt, aber sie wollte dieses Jahr unbedingt direkt gewinnen - einfach toll, dass es geklappt hat. More to come!“
In eine ähnliche Kerbe schlug auch Daniel Mertl, Alexandra Försterlings Coach aus Kindertagen: „Wir sind natürlich wahnsinnig stolz, dass sie das in sehr kurzer Zeit erreicht hat. Gleichzeitig rechnen wir Alex hoch an, dass sie eine so treue Seele ist, dass sie sich, wenn sie Zeit hat, weiterhin bereit erklärt, für uns zu spielen. Sie verbringt sehr viel Zeit im Club, ist da sehr präsent und ist eine Frohnatur. Sie ist ein Teil der großen Wannsee-Familie. Wir haben glücklicherweise viele Erfolge links und rechts, die unsere Jugendarbeit bestätigen. Aber das ist jetzt wirklich das Sahnehäubchen oben drauf, was man gerne dann auch nimmt, um den Mitgliedern und allen andere zu zeigen, dass wir daran glauben, unsere Sache ganz gut zu machen. Dementsprechend sind wir stolz, dass man das eben auch noch mal mit einem Toursieg von einem unserer Sprösslinge unterstreichen kann.“

Glückwünsche

Bundestrainer Stephan Morales gratulierte der Berlinerin zu ihrem ersten Sieg auf der LET: „Natürlich freu man sich als Bundestrainer, wenn zwei Spielerinnen um den Sieg mitspielen. Heute zu erleben, wie Alex Försterling über den Platz gelaufen ist, war ein weiterer Schritt in Richtung Erwachsenwerden. Ich hatte schon seit gestern ein gutes Gefühl, dass wir mal wieder dran sind mit einem Sieg einer Spielerin aus dem National Team Germany. Die Schweiz ist für uns ein gutes Pflaster.“

Marcus Neumann, Vorstand Sport im DGV, freute sich riesig über diesen frühen Sieg der Spielerin, die er im letzten Jahr noch bei der Team-WM der Amateure intensiv beobachtet hatte: „Dass Alexandra Försterling viel Potential und die Aussichten auf eine große Karriere bei den Profis hat, war schon mehrfach zu sehen. Die Berlinerin hat mich immer wieder beeindruckt. Ich freue mich für die Athletin und ihre Trainer, gerade auch im G&LC Berlin-Wannsee, dass die viele Arbeit und der große Einsatz jetzt schon im ersten Profijahr mit einem ersten Sieg belohnt wird. So kann es weiter gehen.“


Die größten Erfolge:
2023: 1. Platz Swiss Ladies Open
2022: 1.Platz Ping ASU Invitational, 3. Platz World Amateur Team Championship
2021: 1. Platz German International Ladies Amateur Championship, 2. Platz Europameisterschaft, 1. Platz Deutsche Mannschaftsmeisterschaft
2020: 2. Platz Team-Europameisterschaft
2019: 1. Platz Berlin Open Championship
2018: T3 Scottish Women's Open Stroke Play Championship
2017: 1. Platz Berlin Open Championship, 3. Platz Deutsche Meisterschaft AK 18; T3 Helen Holm Scottish Women's Open Championship, 3. Platz Deutsche Mannschaftsmeisterschaft2016: 1. Platz Berlin Open Championship
2015: 1. Platz Deutsche Mannschaftsmeisterschaft, 2. Platz Deutsche Mannschaftsmeisterschaft AK 16
2014: Teilnahme Junior Ryder Cup (Team Europa), 1. Platz European Young Masters (Einzel- und Nationenwertung), 1. Platz Deutsche Mannschaftsmeisterschaft AK 16
2013 und 2012: 1. Platz Deutsche Mannschaftsmeisterschaft AK 14