Ludvig Åberg

Der neue Stern Europas


7. September 2023 , Thomas Kirmaier


Ist er Europas neuer Iceman? Der Schwede Ludvig Åberg wechselte Anfang 2023 zu den Profis und vertritt den Kontinent beim Ryder Cup in Rom. © Michael Reaves/Getty Images
Ist er Europas neuer Iceman? Der Schwede Ludvig Åberg wechselte Anfang 2023 zu den Profis und vertritt den Kontinent beim Ryder Cup in Rom. © Michael Reaves/Getty Images

Er ist die Überraschung im Team Europa. Im Netz wird die Nominierung des Shooting-Stars aus Schweden heftig diskutiert, zumal er der erste Spieler ist, der ohne Major-Teilnahme zum Ryder Cup darf. Aber wer ist Ludvig Åberg überhaupt?

Ludvig Noa Åberg kommt am 31. Oktober 1999 im südschwedischen Eslöv auf die Welt. In der 20.000-Einwohner-Stadt nahe Malmö wächst er mit seiner Schwester auf und macht 2007 seine ersten Golf-Schwünge im örtlichen Club, weil Papa Johan ein leidenschaftlicher Golfer ist. Und der Vater scheint Zeit gewinnen zu wollen, denn Filius Ludvig ist erst gar nicht so begeistert vom neuen Sport, aber der Papa verspricht ihm Eis, wenn sie länger bleiben. „Er hat sein erstes Hole-in-One auf Bahn 13 hier in Eslöv geschossen. Er war nicht groß, aber sein Schwung war sehr gut“, erinnert sich Papa Johan in einem Video-Portrait der PGA Tour.

Ludvig Åberg bevorzugt zu dieser Zeit eigentlich den größeren Fußball. Er spielt als zentraler Mittelfeldspieler und übernimmt in dieser Rolle früh Verantwortung. Sein Lieblingsclub bis heute: FC Liverpool. Aber sein Talent für Golf wird größer und Schwedens Verband wird auf den jungen Mann aus Eslöv aufmerksam. 2016 gewinnt er die Swedish Teen Tour Order of Merit und wird mit der Annika Sörenstam Trophy ausgezeichnet. Der Anfang einer beeindruckenden Amateur-Karriere eines jungen Mannes, der als Mahlzeit Korv Stroganoff bevorzugt, eine typisch schwedische Hausmannskost wie eine Art Wursteintopf auf Reis.

Åberg spielt ab 2017 bei internationalen Events für sein Land. Er ist bester Spieler bei der Team-EM der Jungen im spanischen La Manga, gewinnt die Fairhaven Trophy in England und belegt beim Toyota Junior Golf World Cup 2018 in Japan Rang drei. Er wird Siebter bei der Junior Players Championship im TPC Sawgrass und gibt sein Debüt auf der European Tour beim Nordea Masters 2018, wo er auf Anhieb den 34. Platz belegt. Im Februar 2019 wird er Zweiter bei der African Amateur Stroke Play Championship im Leopard Creek Country Club.

Das ist Ludvig Åberg


Åberg ist zu dieser Zeit Schüler der Oberstufe an Schwedens Sportschule (Riksidrottsgymnasium) in Helsingborg, ehe er im Herbst 2019 an die Texas Tech wechselt, um als Mitglied des Red Raiders-Golfteams College-Golf in den USA zu spielen. Übrigens genau an jener Uni, an der für Deutschlands Nationalspieler Tim Wiedemeyer aktuell ein neues Kapitel beginnt. Im selben Jahr holt Åberg mit Team Schweden Gold bei der Team-EM, die auf heimischem Boden - genauer: im Ljunghusen Golf Club - ausgetragen wird. Åberg beendet das Jahr 2019 mit einem Sieg beim Sun Bowl Marathon All-America Golf Classic, einem Event für die besten College-Studenten in Texas.

Während seiner Zeit an der Texas Tech überzeugt er über die Maßen. Åberg gewinnt acht Turniere und ist der erste Golfer, der in den Jahren 2022 und 2023 zwei aufeinanderfolgende Big 12 Conference Championship-Titel holt. Das sind die größten Events im amerikanischen College-Golf. Der Schwede holt 2022 und 2023 den Ben Hogan Award als bester College-Spieler der Vereinigten Staaten und ist der Erste seit Jon Rahm, der die Auszeichnung zweimal gewinnen kann. Als wäre das nicht schon Beweis genug für seine Verdienste, landet er in seiner letzten Saison als Amateur bei neun Starts neunmal in den Top Ten. Seine Dominanz führt dazu, dass er sich als erster Spieler überhaupt durch seine College-Verdienste eine PGA TOUR-Karte sichert - und natürlich Rang eins im PGA TOUR University Ranking 2023.


Anfang 2023 wechselt er zu den Profis und glänzt auf Anhieb durch Top-Leistung: T24 beim Arnold Palmer Invitational und bei der Travelers Championship sowie T4 Anfang Juli bei der John Deere Classic – mit einer 63er-Schlussrunde. Und weil Ludvig Åberg gerne zu Hause ist, spielt er auch Events auf der DP World Tour. Nach seinem geteilten 78. Platz bei der Scottish Open Mitte Juli nimmt kaum jemand Notiz von ihm, aber dann: Ende August wird er Vierter in Tschechien und eine Woche später gewinnt er in der Schweiz. Angekommen in der Spitze und in den Schlagzeilen der Golfmedien. Weltweit. Die Tour feiert ihn als „neuen Star in europäischen Golf“, Kapitän Luke Donald stattet ihn mit einem Rom-Ticket aus und lässt den Polen Adrian Meronk, der eine starke Saison spielt, sowie den Deutschen Yannik Paul zu Hause.

Der inzwischen 23-jährige Schwede weiß genau, wohin er den Ball schlagen muss. Neben seinem golferischen Talent ist es vielleicht auch seine Gelassenheit, seine Coolness unter Druck, die ihn vor allem bei hitzigen Bedingungen auszeichnet. Ist Åberg Europas und Schwedens neuer Iceman? Natürlich gehört Henrik Stenson zu seinen Idolen. Dessen Erfolge hat er als kleiner Junge im Fernsehen verfolgt. Nun ist er der Mann beim Ryder Cup. Für manche noch zu früh, für andere eine richtige und mutige Wahl. Und was sagt der neue Stern auf Europas Flagge selbst? Åberg: „In den letzten paar Monaten war ziemlich viel los, aber es war aufregend und ich kann es kaum erwarten, nach Rom zu fahren.“

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