Natur

„Konzentration aufs Grün”


1. September 2023 ,


Eine Zukunft gibt es fürs Golfen auf jeden Fall
Eine Zukunft gibt es fürs Golfen auf jeden Fall | © Head-Greenkeeper des Golf-Club St. Dionys Christian Steinhauser

Im Gastbeitrag spricht Andreas Müller mit Head-Greenkeeper Christian Steinhauser über die „Platzreife“ und den Golfsport in Zeiten von Wasser-Knappheit und Klimawandel.

Journalist Andreas Müller im Interview mit dem Head-Greenkeeper des Golf-Club St. Dionys: Der Sommer 2023 geht allmählich zu Ende, die größte Trockenheit ist überstanden. Mussten wegen Hitze, Trockenheit oder Wasserknappheit von den bundesweit 729 Golfplätzen welche vorübergehend geschlossen werden oder sogar um ihr Aus fürchten?
Christian Steinhauser: So weit ist es aufgrund des Wetters glücklicherweise noch nicht gekommen. Es gibt höchstens einige ganz wenige Klubs, die wegen wirtschaftlicher Probleme um ihre Existenz kämpfen. Natürlich regnet es vor allem in den Sommer-Monaten tendenziell immer weniger und Golfplätze in höheren Lagen sind klar im Vorteil gegenüber Anlagen zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern oder in Brandenburg, die noch weniger Regen abbekommen als andere Bundesländer. Ich habe mal einige Zeit auf einem Golfplatz im Gebirge in Bayern gearbeitet. Da gab es pro Jahr 2.000 Liter pro Quadratmeter, jetzt habe ich hier im Norden nur 600 Liter.

Sie sind seit 2010 als Greenkeeper auf der zwischen Hamburg und Lüneburg gelegenen Anlage des Golf-Clubs St. Dionys unterwegs. Was sind für Sie und Ihre etwa eintausend Kollegen vom Bundesverband infolge des zunehmenden Extremwetters die größten beruflichen Herausforderungen?
Das betrifft eindeutig und vorrangig die Pflege der Grüns. Das ist sportlich der wichtigste Teil, weil dort eingeputtet wird, und zugleich der wichtigste Teil unter dem Aspekt des Klimas. Wobei das Grün, neben dem Abschlag und dem Vorgrün die einzige Fläche, die beregnet werden muss, zum Glück nicht sehr umfänglich ist. Auf meinem 18-Löcher-Platz mit seiner Größe von 90 Hektar machen alle Grüns nur zirka 1,4 Hektar aus, bei den Golfplätzen im Bundesgebiet mit ihrer durchschnittlichen Größe von 69 Hektar nur jeweils einen Hektar. Kein Vergleich zur Größe der Fairways, der Bunker, also den mit Sand gefüllten Senken, sowie den Wasserhindernissen wie Teichen, Wasserläufen oder Sümpfen, die wir weitestgehend der Natur überlassen können. Das gilt erst recht für das Rough als sowieso eher ungepflegtes Gelände.

Das hört sich fast so an, als ob Ihre Arbeit infolge des Klimawandels etwas leichter wird? 
Zugespitzt könnte man das fast so ausdrücken. Die Konzentration aufs Grün ist so ein bisschen wie 'Back to the Roots', ein Zurück zu den Anfängen des Golfsports und zur Konzentration aufs Wesentliche. Wobei wir die Qualität des gesamten Platzes natürlich nicht außer Acht lassen dürfen. 

Einige Landkreise mussten in diesem Sommer, wie schon in den Vorjahren, für die Bevölkerung das Wasser rationieren. Wo Vorgärten nicht mehr besprenkelt werden dürfen, rücken auch Golfplätze in den Fokus … 
Bei uns ist es so, dass die Golf-Clubs beziehungsweise die Plätze jeweils über eine offizielle Genehmigung zur Wasserentnahme verfügen und darin der Wasserverbrauch in Kubikmetern für ein Jahr genau festgelegt ist. Meistens liegt dieser Zuteilung der durchschnittliche Verbrauch über zehn Jahre hinweg zugrunde. Jede Golf-Anlage muss entsprechend so wirtschaften, dass sie mit diesem Quantum über die Runden kommt und ist außerdem verpflichtet, jedes Jahr den tatsächlichen Verbrauch an den Landkreis zu melden. Wir müssen in Niedersachsen Wasserzähler an unseren Brunnenpumpen haben, um die Mengen zu dokumentieren. Die Behörden passen sehr genau auf, was wir und andere an Wasser rausziehen. Die Behörden haben zwar keine eigenen Messstellen auf den Golfplätzen. Aber sie beobachten den Grundwasserspiegel, der sich bei der Entnahme senkt, durch die im Landkreis verteilten Messstellen oder durch Probebohrungen. Außerdem wird von den Behörden versucht, den Verbrauch über den sogenannten Wasserpfennig zusätzlich zu regulieren. Dieser Betrag ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Wir zum Beispiel bezahlen derzeit 18 Cent pro Kubikmeter, vor zwei Jahren sind es noch zwei Cent gewesen. Wasserknappheit, Kostensteigerungen und die Gesamtsituation zwingen uns, sämtliche Grüns umzugestalten und den neuen Verhältnissen anzupassen.

Wie muss man sich das in der Praxis vorstellen?
Wir verändern die Grüns in ihrer Zusammensetzung. Wir setzen dort Gräser ein, die Hitze besser vertragen und weniger Wasser verbrauchen und die zugleich gegenüber Krankheiten resistenter sind. Mit solchen Umgestaltungen sind wir ja nicht allein. Das betrifft die Hobby-Gärtner genauso wie die städtischen Grünflächen-Ämter. Die Rasen- bzw. Saatgut-Branche hat für uns auf diesem Weg schon gute Vorarbeiten geleistet und ist sehr hinterer, um dem Bedarf gerecht zu werden. Wir haben auf unserer Anlage in St. Dionys schon vor fünf, sechs Jahren damit begonnen, sukzessive Gräser einzusetzen, die gegenüber Trockenheit und Hitze beständiger sind. Es dauert Jahre, bis die neuen und tiefer wurzelnden Halme die alten auf allen Grüns verdrängt haben, ohne dass Lücken entstehen und das Putten behindern. Theoretisch wäre dieser Austausch der Gräser viel schneller möglich. Was aber bedeutet, einen ganzen Platz über ein halbes Jahr lahm zu legen und den Spiel-Betrieb einzustellen. Das ist Clubs nur möglich, wenn sie das wirtschaftlich verkraften können und ihre Mitglieder damit einverstanden sind.

Hat der Golfsport in Zeiten des Klimawandels eine Zukunft?
Eine Zukunft gibt es fürs Golfen auf jeden Fall, da muss man keinerlei Befürchtungen haben. Wir kennen Gräser aus anderen Ländern, die selbst bei extremer Trockenheit gewährleisten, dass die Plätze bespielbar bleiben. Denn die Grüns mit dem Loch sind und bleiben nun mal das A und O für den Golf-Sport.   

Interview: Andreas Müller