Stephan Jäger

Birdie-Maschine und Konstanz in Person


17. August 2023 , Daniel Dillenburg


Beendete den FedExCup auf Rang 56: Stephan Jäger.
Beendete den FedExCup auf Rang 56: Stephan Jäger. | © golfsupport.nl/Joe Robbins/ism

Stephan Jäger beendet den FedExCup auf Rang 56 und feiert damit seine bislang beste Saison auf der PGA Tour. Wir blicken auf seine Schlüssel zum Erfolg und stellen fest: Da ist sogar noch Luft nach oben!

Es war ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Natürlich hätte Stephan Jäger seinem unglaublichen Lauf gerne ein weiteres Kapitel hinzugefügt und auch das zweite Playoff-Event des FedExCups erreicht. Der geteilte 20. Rang bei der FedEx St. Jude Championship in Memphis reichte aber knapp nicht. Für Jäger war die Saison als 56. der Saisonwertung – die Top 50 kamen weiter – beendet. Mit einem hängenden Kopf wird der Münchner nach diesem Aus aber keineswegs in die wohlverdiente Pause gegangen sein. Immerhin hatte er seine bislang erfolgreichste Spielzeit auf der PGA Tour hinter sich, zum zweiten Mal in Folge die Playoffs erreicht und damit auch für die kommende Saison die Tourkarte sicher. In der offiziellen Weltrangliste kletterte der Spieler aus dem Elite Team Germany auf Rang 88 – persönlicher Höchstwert.

Seit Martin Kaymer 2014 mit der US Open und der Players Championship zwei der größten Turniere weltweit gewinnen konnte, spielte kein Deutscher mehr eine solch gute PGA-Tour-Saison wie Jäger. Der 34-Jährige hat sich längst einen Namen in der stärksten Golfliga der Welt gemacht. Bis dato war der 34-Jährige eher wegen seiner Erfolge in Liga zwei in den Schlagzeilen. Unvergessen seine 58 bei der Ellie Mae Classic 2016, mit der er noch immer in den Rekordbüchern steht. Insgesamt gewann Jäger sechs Titel auf der Korn Ferry Tour. Nur der US-Amerikaner Jason Gore hat mehr. 2021 wurde Jäger dann zum Spieler des Jahres in Liga zwei gekürt.

Beeindruckende Cut-Serie

Seitdem spielt der Mann aus Eichenried Seite an Seite mit den ganz Großen. Und Jäger nahm eine erstaunliche Entwicklung auf dem Golfplatz. „Mister 58“ wusste, dass einzelne Ausreißer nach oben auf diesem Niveau nicht ausreichen, um sich unter den besten Golfern der Welt zu etablieren. Es brauchte eine gewisse Konstanz in seinem Spiel. Eine PGA-Tour-Saison ist ein Marathon, kein Sprint. Und niemand bewies in diesem Jahr eine solche Ausdauer wie Jäger. Zahlen belegen dies: Bei 29 Turnieren verpasste er nur drei Cuts. Niemand auf der Tour spielte so viele Wochenenden auf der PGA Tour wie der Deutsche.

Hat noch einiges vor auf der PGA Tour: Stephan Jäger.
Hat noch einiges vor auf der PGA Tour: Stephan Jäger. | © golfsupport.nl/Ken Murray/ism


Im Vergleich zum Vorjahr spielte Jäger 2022/23 zwar zwei Turniere weniger, schaffte aber elf Cuts mehr. „Ich bemühe mich schon seit einiger Zeit um diese Beständigkeit“, so die neue Konstanz in Person. „Es gab schon Wochen, in denen ich heiß war, und das war großartig, aber es gab auch eine Menge schlechter Wochen.“ Schlechte Wochen hatte Jäger nun schon lange nicht mehr. Auf der PGA Tour verpasste er seit Mitte April keinen Cut mehr – das sind 13 Cuts in Folge. Und die heißen Wochen streute er immer noch ein. Bei diesen 13 Cuts sprangen sieben Top-25-Ergebnisse heraus. Eine Erfolgsserie, die sich auch im gewonnenen Preisgeld wiederspiegelt: Jäger verdiente in der vergangenen Saison mehr als 2,3 Millionen US-Dollar. 2022 war es noch etwa die Hälfte.

Driver als neue Stärke

Die Leistungssteigerung ist offensichtlich und hat natürlich Gründe. „Ich drive jetzt besser als je zuvor, länger und gerader, und es ist viel schwieriger, einen Score zu versauen, wenn man da oben steht“, lautet Jägers Selbstanalyse. Auch hier ein Blick in die Statistiken: Jäger belegte in der Kategorie „Strokes Gained: Off The Tee“ – hier werden verschiedenste relevante Parameter vom Abschlag einbezogen – Rang 40 und damit vor aktuellen Turniersiegern wie Keegan Bradley, Tony Finau oder Sam Burns. Im Vorjahr lag er hier noch außerhalb der Top 180. Jägers größte Stärke aber ist das Spiel um die Grüns. Hier wurde er auf dem siebten Platz geführt. Zwei Wertungen führte Jäger sogar an: Niemand spielte so viele Runden unter Par wie der Münchner (69) und niemand notierte so viele Birdies (424).

Die Birdie-Maschine Jäger sorgt also trotz der neuen Konstanz weiter für positive Ausreißer und doch sieht er noch Luft nach oben. Vor allem in einem Bereich seines Spiels. „Mein Putter war in diesem Jahr so schlecht wie nie zuvor in meiner Karriere, also werde ich mich damit befassen.“ Tatsächlich verlor Jäger über die Saison auf den Grüns Schläge auf die Konkurrenz – 107. in „Strokes Gained: Putting“. „Wenn ich ihn wieder so hinbekomme, wie er sein muss oder kann - das war jahrelang meine Stärke auf der Tour -, dann werde ich an den Wochenenden sicher gefährlich sein.“ Dass der beste deutsche PGA-Tour-Spieler seit Kaymer Titel gewinnen kann, zeigte er auf der Korn Ferry Tour zu genüge.

Akkus aufladen

Doch bevor wieder um Siege gespielt wird – Jägers nächstes Turnier ist die Fortinet Championship Mitte September -, stehen zunächst einige Wochen zuhause in Chattanooga, Tennessee, auf dem Plan. Gemeinsam mit seiner Frau Shelby und ihrem gemeinsamen Sohn, Harrison, reiste der Familienvater bereits in den vergangenen Wochen von Turnier zu Turnier und kam so abseits vom Golfplatz auf andere Gedanken. „Es ist schwer, nach einem Turnier traurig zu sein, wenn man sein Baby nach dem 18. Loch lächeln sieht.“ Und so wird bei Jäger auch nach dem Finale bei der FedEx St. Jude Championship ganz sicher die Freude überwogen haben – erst recht nach dieser hervorragenden Saison.