Kolumne

Sie wollen doch nur spielen


15. August 2023 , Carsten Moritz


Die Bunkerharke hatten an diesem Tag nicht viele Golfer angefasst.
Die Bunkerharke hatten an diesem Tag nicht viele Golfer angefasst. | © C.Moritz

In seiner neuen Kolumne sieht Golfmentor Carsten Moritz seine Leserschaft als Selbsthilfegruppe an und schüttet sein Herz aus in Sachen Durchspielenlassen, Zügigspielen und Readygolfen.

Liebe Leser, es tut mir leid. Wirklich! Die Erfahrungen des wirklichen Lebens auf Golfplätzen sind manchmal zu grotesk. Auch wenn Sie es nicht mehr hören/lesen können, möchte ich Sie hier als Selbsthilfegruppe verstehen, der ich mein Herz ausschütte. Vorab dazu zwei wichtige Bemerkungen: Erstens handelt es sich nicht um ein Märchen, sondern um gelebte Realität. Zweitens glaube ich, dass sich die meisten Golfer Ihrer Handlungen gar nicht bewusst sind und doch eigentlich alle nur spielen wollen! Nun gut.

Zunächst konnte ich eine DGL-Spielgruppe begleiten. Neben den tollen Ergebnissen war ich sehr angenehm überrascht, Golf so zu erleben, wie es sein kann. Der Ablauf aller Beteiligten war in meinen Augen vorbildlich von Höflichkeit, gegenseitiger Rücksichtnahme und dem spielerischen Miteinander geprägt. Nicht überraschend hat auch eine gute Kommunikation für saubere und schnelle Abläufe auf dem Platz gesorgt. Kann nicht immer so sein, aber toll!

Drei Tage später konnte ich dann mal wieder zu einer abendlichen 9-Löcher-Runde antreten und die Abendsonne genießen. Ich wollte gar nicht schnell spielen und beobachte gerne nebenher das Geschehen auf dem Platz. Eine Dreiergruppe junger Männer bewegte sich vor mir in tranceähnlichem Zustand nach vorne. Fairerweise wollte man mich durchwinken lassen, was ich aus Gründen der Taktik und Sicherheit in der Landezone aber an der angebotenen Stelle ablehnte. Lass Dir Zeit - dachte ich und spielte, nachdem das Grün frei war, schnell das Loch zu Ende. Der nächste Abschlag wäre für ein Durchspielen perfekt gewesen, aber die Gruppe hatte bereits abgeschlagen und sich in Bewegung gesetzt. Leider kein Blick mehr nach hinten um die Situation neu zu bewerten.

Kennen Sie das Abteen? Nein? Nachdem alle Abschläge links und rechts der Spielbahn platziert wurden, schien die Ballsuche der Spieler eher unkoordiniert von Statten zu gehen. Also nahm ich meinen Ball vom Tee und da die Möglichkeit bestand, kürzte ich abseits der Spielbahnen ab. Ist ja toll, wenn man den Platz auch aus einer anderen Perspektive kennenlernt. Natur und so. Ohne jemanden zu behindern spielte ich das nächste Loch sogar in Par und sah in weiter Entfernung eine Vierergruppe. Also lief ich mit angemessener Geschwindigkeit hinterher und passierte auf dem Weg einen Bunker der so aussah, als ob die Bundeswehr dort Ihre Übungen abgehalten hatte. Die Spieler vor mir konnten es nicht gewesen sein, aber die Bunkerharke hatten an diesem Tag nicht viele Golfer angefasst.

Spiele mit Menschen Golf und Du erkennst ihren Charakter – habe ich mal gehört. Ob das hier auch passt?

Am nächsten Abschlag musste ich warten. Vom Grunde her nicht schlimm. So kam ich in den Genuss, mir ein verbreitetes Phänomen auf deutschen Golfplätzen anzusehen. Ich wage zu behaupten, dass der Vierer doch nur spielen wollte und gerade weder an die Golfregel 5.6b (Zügiges Spiel) noch dieses moderne Ready Golf dachte. Warum auch? So hatte man mehr Zeit für die Ballsuche, konnte die Freunde (m/w/d) bei Schlagvorbereitung und Schlag beobachten, konnte sich auf dem Weg von A nach B schön Zeit lassen sowie ausgiebig die Situationen oder andere Themen besprechen. Ist es nicht herrlich?

Ich selbst war dankbar für die Möglichkeit, bei den Beobachtungen mein Mentalspiel zu trainieren. Selbstverständlich blieb ich ruhig und versuchte noch meine Erkenntnisse zusammenzufassen. Da diese Diskussion nicht neu ist, schlussfolgere ich hier, dass es viel zu viele Amateurgolfer gibt, die sich ihrer Stellung und Verpflichtung auf dem Platz nicht ausreichend bewusst sind. Auch wenn man hier mehr als „5 gerade sein lässt“ spielt man nicht nur in seiner Gruppe, sondern auch mit der Gruppe davor und dahinter.

Ich bin sicher, dass Sie diese Situationen kennen, die Ihnen den Spaß auf dem Platz verderben können. Hätten wir nicht Bedarf an weiteren Maßnahmen, die hier für eine Verbesserung sorgen können? Die Anlagen dürfen natürlich keinen vergraulen, aber Kommunikation, Aus- und Fortbildung der Golfer scheint hier entwicklungsfähig zu sein. Und wenn wir dafür eine neue Philosophie brauchen - bitteschön: Play well – play fast. Play poorly – play faster!

Herzliche Grüße,
Carsten Moritz

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