US Open

Die bewegende Story über den feiernden und trauernden Champion


19. Juni 2023 , Thomas Kirmaier


Blick nach oben: US-Open-Champion Wyndham Clark dachte im Moment des Sieges zu allererst an seine verstorbene Mama Lise. © Ross Kinnaird/Getty Images
Blick nach oben: US-Open-Champion Wyndham Clark dachte im Moment des Sieges zu allererst an seine verstorbene Mama Lise. © Ross Kinnaird/Getty Images

Wyndham Clark ist der US-Open-Champion 2023. Der Weg bis dahin war steinig und schwer – mit einem tragischen Schicksalsschlag.

Sie alle hätten den Titel so gerne geholt. Aber weder McIlroy noch Scheffler oder Fowler gewannen die US Open. Es war dann doch ein eher noch unbekannterer Name in der Welt des Golfsports, der am Ende ganz oben stand. Wyndham Clark sicherte sich die begehrte Trophäe und ein Preisgeld (3,6 Mio. US-Dollar), das das höchste war, das jemals bei einem Major ausbezahlt wurde. Aber wer ist dieser Clark eigentlich? Und warum ist es fast schon wieder tragisch bzw. kurios, dass ausgerechnet er am US-Vatertag gewann?

Dass der Champion wenige Sekunden nach seinem Siegputt in den Himmel blickte, hatte einen traurigen Grund: Clarks Mutter Lise war 2013, also zehn Jahre vor dem größten Erfolg ihres Sohnes, an Brustkrebs gestorben. Das wirbelte die Familie ziemlich durcheinander und schubste den damals 19-Jährigen fast aus der Bahn. „Abseits des Golfplatzes habe ich keine Emotionen gezeigt, aber als ich auf dem Golfplatz war, hätte ich nicht wütender sein können“, sagte Clark über seinen Geisteszustand, als er zum ersten Mal von der Diagnose seiner Mutter erfuhr. „Ich habe Schläger zerbrochen, obwohl ich noch nicht einmal einen so schlechten Schlag hatte. Ich bin von Golfplätzen weggelaufen.“

Der Weg zurück führte dazu, dass er das College an der Oklahoma State verließ und in Oregon einen Neuanfang startete. Für einen aufstrebenden Profigolfer war es ein relativ schneller Aufstieg, aber diese Wut, diese Trauer – sie kamen über die Jahre immer wieder in ihm hoch. „Ich bin oft nach Hause gegangen und habe in meinem Auto geschrien, auf Dinge geschlagen und war einfach so wütend“, sagte Clark. Die Erinnerung an seine Mum hielt ihn am Leben und machte ihn irgendwann stärker. „Sie nannte mich immer ‚Winner‘ als ich klein war. Sie sagte oft einfach: ‚Ich liebe dich, Winner‘“, so Clark.


Um Champion dieser US Open zu werden, musste Clark dicke Brocken aus dem Weg räumen. Rory McIlroy, Scottie Scheffler und Rickie Fowler waren die Männer, die sicher mehrere Experten auf dem Zettel hatten. Es wurde aber Clark. Der 29-Jährige blieb cool. Unter Druck machte er seine besten Schläge. Einen „aufstrebenden Star“ nannte ihn sein Caddy und ehemaliger Co-Trainer in Oregon, John Ellis. „Wenn er vorher keiner war, ist er jetzt einer. Dabei lief bei dieser US Open im Los Angeles Country Club nicht immer alles rund. Sogar Clark war nach der dritten Runde am Samstag, die fast im Dunkeln endete, alles andere als zufrieden. Der neue Star aus Denver sagte, dass das Spielen im Dunkeln ihn an seine Kindheit erinnerte und er in der Dämmerung im Cherry Hills Country Club trainierte – dem Platz, auf dem Arnold Palmer 1960 mit seinem mitreißenden Comeback bei der US Open fette Schlagzeilen gemacht hatte.

Cherry Hills und Denver haben nun einen weiteren Champion zu feiern, denn Clarks Sieg kam sechs Tage nach dem Triumph der Denver Nuggets, die sich den NBA-Titel gewonnen hatten. Als die Sonne beim dritten Major des Jahres unterging, war Clark der glücklichste Mann auf Erden. Er stand neben dem 18. Grün, hielt die Trophäe in der Hand und machte Fotos – mit seinem Caddie, seiner Schwester, seiner Freundin und zahlreichen weiteren Freunden und Familienmitgliedern. Ein perfekter Anlass, Vatertag zu feiern. Fast perfekt. Clark: „Alles, was ich mir wirklich wünsche, ist, dass meine Mutter hier sein könnte und ich sie einfach umarmen und wir zusammen feiern könnten. Aber ich weiß, dass sie stolz auf mich ist.“