Women´s Am

Weltklasseleistung! Horder steht im Finale


17. Juni 2023 , Stefan Bluemer


Chiara Horder schlägt ab, Ingrid Lindblad schaut zu (© DGV)
Chiara Horder schlägt ab, Ingrid Lindblad schaut zu (© DGV)

Beim traditionsreichsten Turnier der Damen-Golfwelt, der 120. Women´s Amateur Championship, zieht Chiara Horder mit zwei phantastischen Siegen in Viertel- und Halbfinale gegen scheinbar übermächtige Gegnerinnen ins Finale ein.

Sandwich/England – Im Viertelfinale traf die Spielerin des GC München Valley auf Ffion Tynan. Die Waliserin lag mehrfach in Führung, konnte sich aber nie mehr als 2auf absetzen. Dreimal gelang Chiara Horder, das Match wieder auf all square zu stellen, ehe sie auf dem 18. Grün den entscheidenden Stich setzte und eine der ganz seltenen Schwächen der Waliserin ausnutzte. Die erste Führung mit 1auf war gleichbedeutend mit dem Endstand. Das Halbfinale war erreicht.
Parallel hatte Ingrid Lindblad wenig Mühe, ihre Landsfrau Kajsa Arwefjall mit 4&3 zu schlagen.

Eagle gegen Birdie

Im Halbfinale traf Chiara Horder also wie erwartet auf niemanden Geringes als Ingrid Lindblad. Die Schwedin war schon vor dem Start des Turniers als eine der Top-Favoritinnen auf den Sieg in Sandwich gehandelt worden. Und dies nicht nur, weil sie die neue Nummer eins im World Amateur Golf Ranking ist. Lindblad hat viele große Titel gewonnen, darunter 2018 auch den bei der German Boys & Girls Open in St. Leon-Rot. Ihre Vorgängerin bei diesem Jugend-Turnier, Linn Grant, eilt inzwischen bei den Profis auf den Touren von Sieg zu Sieg und die Nachfolgerin im Jahr 2022 steht beim Amundi German Master im G&CC Seddiner See auf der LET vor der Finalrunde in der Top Ten.
Das Halbfinale wurde eine einzige Demonstration von cooler Cleverness. Chiara Horder gelang mit einem frühen Birdie, in Führung zu gehen. Lindblad glich mit einem Birdie auf Loch 8 wieder aus. Zum Start der Back Nine leistete sich die Schwedin eines ihrer seltenen Bogeys. Diese Führung gab „Kiki“ Horder nicht mehr aus den Händen. Auf Loch 12 gelang der hohen Favoritin zwar ein Birdie, aber anstatt damit auszugleichen, geriet die Nummer 1 des WAGR mit 2down in Rückstand. Der Bundesadler hatte einfach mal einen Eagle gegen das Birdie gestellt. Krass!
Direkt danach schien Lindblad perplex und verlor einen Ball, so dass es nach 13 Löchern 3auf für Horder stand.
Ganz so leicht wollte die Schwedin das Match allerdings doch nicht herschenken und rappelte sich zu zwei weiteren Birdies auf den Löchern 14 und 15 auf. Und was machte die Spielerin des GC München Valley mit diesem Druck? Einfach wegatmen und selbst mit Birdie und einem weiteren Eagle das Match auf dem 15. Grün mit 4&3 für sich entscheiden.

Bundestrainer Sebastian Rühl, der das Match verfolgt hatte, zollte seiner Athletin größten Respekt: „Beeindruckend. Das ist so ziemlich die beste Beschreibung, die mir zu Chiaras Spiel einfällt. Im entscheidenden Moment kommen die entscheidenden Schläge und Putts. Besonders gut gefällt mir die Körpersprache. Ich sage oft: Gute Laune - Gute Golfschläge, nicht anders herum! Und das macht “Kiki” weltklasse!“

Co-Trainerin Esther Poburski konnte nur in die gleiche Kerbe schlagen, denn sie hatte sehr hochklassige Matches auf sehr hohem Niveau gesehen, die absolut sportlich und fair ausgetragen wurden.
Für die Spieler vom Kontinent sehr ungewöhnlich sind die viele interessierten und meist überaus sachkundigen Zuschauer. Das ergibt es tolle Kulisse. „Diese respektvollen Zuschauer ergeben in Kombination mit dem Live-TV eine besondere Atmosphäre. Das ist alles schon etwas anders hier in England, als wir es vom Festland gewohnt sind“, konstatierte Poburski.

Zum Spielgeschehen an sich merkte die Co-Trainerin noch an: „Kiki hat heute kaum Fehler gemacht. Charlotte Back am Bag war eine große Hilfe. Als Team waren die beiden sehr gut in der Entscheidungsfindung. Sie kennen sich ja gut aus zahlreichen Kadermaßnahmen und den gemeinsamen Erfolg bei der Team-EM der Mädchen 2020.“
Die Art und Weise, wie Chiara Horder die Siege einfuhr, beeindruckte mächtig. Die Bayerin hatte keinen der wichtigen Putts  nicht gelocht und die wenigen Misses waren alle auf der guten Seite, so dass sie meist ohne Folgen blieben. Auf den Grüns war Horder außergewöhnlich gut. Sie hat alle Fairways getroffen und dadurch auch viele Grüntreffer verbucht. „Kiki hat bisher hier eine sehr gute Performance abgeliefert, war sehr klar und committed und hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie das Match gewinnt. Vor allen Dingen gegen Ingrid Lindblad, da wirkte sie noch bestimmter“, war Esther Poburski sehr mit der Leistung der Spielerin des Junior Team Germany einverstanden.

Die Finalistin selbst war am Abend nach den beiden Matches müde aber auch glücklich: „Es war ein langer Tag. Das erste Match ging lang und war immer sehr knapp. Ich habe mich darauf konzentriert, Fairways und Grüns zu treffen und meinen Putts eine Chance zu geben. So konnte ich es am Ende dann doch noch drehen. In das Match gegen Ingrid bin ich zwar nicht ohne Erwartungen reingegangen, wusste aber, was sie für eine gute Spielerin ist. Ich dachte mir, dass ich richtig viel lernen kann und habe mich gefreut, gegen sie spielen zu dürfen. Vor allem auf der Back Nine hatte ich sehr gute Drives auf den Par-5-Löchern und konnte dadurch zwei Eagle machen. Der Putt zum Sieg war etwa fünf Meter lang. Die Stimmung war cool und mit Charly an der Tasche macht es eh super viel Spaß, denn wir sind ein eingespieltes Team. Ich genieße es sehr und achte nur auf mein Spiel. Was andere machen, kann ich ja ohnehin nicht beeinflussen. Ich freue mich jetzt sehr auf der morgige Finale!“

Finale 36 Löcher

Das Finale ist auf 36 Löcher angesetzt und wird am Sonntag um 8.30 Uhr gestartet. Gegnerin von Chiara Horder ist das US-Girl Annabelle Pancake, die im Halbfinale gegen Elin Pudas (Schweden) mit 2&1 bezwang. Im Achtelfinale hatte Pancake Paula Schulz-Hanßen in einem sehr spannendem Match geschlagen.

>>>>Livestream des Finales>>>>

Marcus Neumann, Vorstand Sport im DGV, feierte den Erfolg der Spielerin des National Team Germany auf seine ganz eigene Art und Weise. Nachdem der ehemalige Bundestrainer der Damen den Turniertag der Amundi German Masters vor den Toren Berlins erlebt hatte und zeitgleich im Livescoring den Weg von Chiara Horder verfolgte, schaute er nach Flügen, um rechtzeitig am Sonntag in Sandwich an der Nordseeküste zu sein und die Athletin mit dem Bundesadler auf dem Shirt zu unterstützen. Doch die eingeschränkten Zeiten lassen dies nicht zu. So wird Neumann am Sonntag wieder auf dem Platz des G&CC Seddiner See den Refresh-Button des Livescorings malträtieren, während er gleichzeitig Spitzengolf der Profis auf der LET sieht.

Chiara Horder liefert eine faszinierende Vorstellung ab
Chiara Horder liefert eine faszinierende Vorstellung ab | © Tom Dulat/R&A via Getty Images