Spec. Olympics

„Davon können wir uns eine Scheibe abschneiden!"


16. Juni 2023 , Christopher Tiess


Bradley Kerr ist der Competition Manager für die Golf-Wettbewerbe der Special Olympics World Games 2023.
Bradley Kerr ist der Competition Manager für die Golf-Wettbewerbe der Special Olympics World Games 2023. | © DGV/ Tiess

Die Special Olympics Weltspiele 2023 stehen unmittelbar vor der Tür. Einen Tag vor der offiziellen Eröffnung stand für die Golf-Athleten der Trainingstag an. Nach wochenlanger Dürre war es allerdings auch der erste Tag mit Gewittern und starken Regenfällen. Wir haben mit Bradley Kerr gesprochen, dem Competition Manager Golf der Special Olympics World Games.

Bradley, man bekommt den Eindruck, alle wollen mit dir reden. Erkläre uns nochmal: Was ist deine Aufgabe hier?

Meine Aufgabe hier ist es, zu gucken, dass alles geschmeidig läuft. Competition Manager heißt das. Ich bin da, um zu gucken, dass die Athleten hier eine gute Zeit haben, und nicht vergessen, dass sie einen Wettbewerb haben. Und im Grunde bin ich ein kleiner Teil eines großen Teams, das für die Athleten arbeitet. 

Wieviele Athleten haben sich zu den Golf-Wettbewerben angemeldet?

Vor ein paar Wochen hatten wir 195 Anmeldungen. Es sind nun noch ein paar Absagen reingekommen und heute war ein Trainingstag, bei dem ja auch nicht alle dabei waren. Aber zirka 185 Teilnehmer werden an den Golfwettbewerben teilnehmen. 

Heute war mitunter übles Wetter. Inwiefern hat dies den Trainingstag beeinflusst?

Das Wetter hatte starken Einfluss auf den Tag. Heute morgen hatten wir bei der Ankunft relativ gutes Wetter. Plötzlich kam dann ein Gewitter und die zwei Stunden um die Mittagszeit war starker Regen. Das macht alles unruhig. Aber hier in Bad Saarow ist sehr schön, dass wir mit dem Forum ein wunderschönes Gebäude direkt am Übungsgelände haben. Da konnte jeder hingehen und etwas essen oder sich entspannen. Es war nie voll, sondern immer genug Platz, um sich auch mal zurückzuziehen. Und das war von ganz großem Wert heute. 

Wo wir schon davon reden: Wie schätzt du Bad Saarow insgesamt ein?

Ich sehe Bad Saarow konzipiert für den Ryder Cup. Das ist eines der größten Sportereignisse in der Welt. Und dem entsprechend finde ich Bad Saarow genau auf diesem Niveau. In Deutschland kenne ich keine bessere Anlage, die drei 18-Loch-Plätze in diesem Kaliber hat. Mit der Infrastruktur, den Driving Ranges, mit zwei verschiedenen Anlagen für Kurzes Spiel, dazu die Putting Grüns. Für mich ist das wirklich oberste Liga hier. 

Wie ist die Stimmung unter den Athleten?

Die Stimmung unter den Athleten ist so gut - das motiviert mich ständig, die Arbeit immer weiter zu machen. Und auch die Volunteers, die das erste Mal dabei sind, erleben diese Stimmung unter den Athleten. Das ist wirklich nicht zu toppen. Was für ein Elan, was für eine liebevolle Art, sich geduldig zu zeigen in Situationen, in denen Menschen ohne Behinderung manchmal schon durchdrehen. Diese unangenehmen Zustände wie Gewitter - davon war in der Stimmung nichts zu erkennen, egal ob man beim Essen ansteht oder was auch immer. Von dieser Gelassenheit können wir uns alle eine riesige Scheibe abschneiden. 

Du bist bei Special Olympics schon lange aktiv. Bitte erzähle uns davon…

Ich bin schon seit einiger Zeit National Coordinator. Ich bin also zuständig für die Szene in Deutschland. Ich versuche, den Sport und unsere Gruppe zu vergrößern und zu verbreitern. Ich will mehr Aufmerksamkeit für Menschen mit geistiger Behinderung. Das passt zu so einer tollen Sportart wie Golf und so bin ich vor ungefähr 20 Jahren dazu gekommen. Den ersten Wettbewerb gab es damals in Bremen. Damals war es alles viel kleiner und vieles wurde auch gar nicht so ernst genommen. Wir hatten vielleicht acht oder neun deutsche Athleten dabei. Und seitdem hat sich das Ganze toll entwickelt. 

Selbst in den letzten Jahren war die Szene trotz Corona ziemlich lebendig. Wir haben viele Turniere und Veranstaltungen angeboten und was ich am allerschönsten fand: Es ist eine langfristige Sache. Die Facette, über die Zeit hinweg die Selbständigkeit von Athleten zu befördern und am Ende kann der Athlet sich ohne Betreuung auf dem Platz bewegen - das macht die Sache so vollständig und toll. Und Special Olympics bietet hier eine wichtige Plattform an, ganz besonders in der Anfangsphase. Die Athleten treffen sich und motivieren sich untereinander, weiter zu trainieren und das Ganze weiter ernst zu nehmen. 

Wir haben zum Beispiel ein Mädchen in Bielefeld, Alexandra Reck, sie hat in Abu Dhabi eine Silbermedaille in Level 1 gewonnen. Vorgestern hat sie ein Pro-Am mit einer Proette in Seddiner See gespielt. Und ohne Level 1 und all dem Training wäre sie nicht dazu gekommen, auf dem Golfplatz so gut zu werden. Alexandra ist also ein tolles Beispiel, wie stark man sich entwickeln kann. 

Bahn 10 des Arnold-Palmer-Platzes im GC Bad Saarow. Alles ist vorbereitet für die Special Olympics Weltspiele.
Bahn 10 des Arnold-Palmer-Platzes im GC Bad Saarow. Alles ist vorbereitet für die Special Olympics Weltspiele. | © DGV/ Tiess

 

Was war die Initialzündung für dich, bei Special Olympics mitzumachen?

Ich hatte zu Hause in Schottland bereits erste Erfahrungen gemacht, wo Menschen mit geistiger Behinderung mit ihren Betreuern auf einer Golfanlage zumindest in der Peripherie gespielt haben.

In Bielefeld haben wir das Stadtviertel Bethel mit seinen Krankenhäusern, die dem ganzen Viertel den Namen geben (Anm. der Red.: gemeint ist das Evangelische Klinikum Bethel). Das ist ein weltbekannten Zentrum in der Behandlung von Menschen mit geistiger Behinderung. Nun hatten wir vor zirka 20 Jahren einen Arzt im Bielefelder Golfclub gehabt - der hatte wiederum Kontakt zu einem Sportarzt in Bethel. Und aus dieser Verbindung ist die Idee entstanden, Patienten in den Golfsport zu bringen und Golf als Therapie zu nutzen. 

Wir haben erst einmal mit Schülern während der Mittagspause angefangen - es war zunächst auch viel Jux und Dallerei. Aber die Lehrer haben gesehen: das geht. Und man muss sagen, durch die positive Resonanz der Schule konnten wir die Initiative in eine AG umwandeln. Dabei wurden wir von der Firma Hörmann unterstützt - und ohne diese Hilfe wäre das alles wirklich nicht möglich gewesen. 

Es hat noch eine Weile gedauert, aber letztendlich gab es ab da einen Schneeball-Effekt. Wir haben immer wieder geguckt: was kann man besser machen. Und mittlerweile ist das alles schon ziemlich gut. Die Schul-AG von damals gibt es übrigens noch immer. Und zwei der Athleten, Lukas Kollmeyer und Petra Constanze Pithan, werden auch hier bei den Weltspielen dabei sein. Darüber freue ich mich sehr.