Interview

„Es braucht mehr Mut und Vertrauen“


19. September 2022 , Thomas Kirmaier


Für eine „gesunde Mischung beider Geschlechter“: Rachel de Heuvel, Deutsche Meisterin und Verbands-Mitarbeiterin. © Kirmaier
Für eine „gesunde Mischung beider Geschlechter“: Rachel de Heuvel, Deutsche Meisterin und Verbands-Mitarbeiterin. © Kirmaier

Rachel de Heuvel (42) ist amtierende Bayerische und Deutsche Meisterin der AK 30 sowie Champion des GC Olching. Sie war viele Jahre im Clubmanagement tätig und arbeitet aktuell als Turnierkoordinatorin für den Bayerischen Golfverband (BGV). Wir haben uns mit ihr über Sport, die Faszination Golf und die Rolle der Frauen unterhalten.

Frau de Heuvel, wann, wo und wie war Ihre letzte Golfrunde?
Vor einigen Tagen im wunderschönen St. Eurach L&GC. Wie? Sagen wir mal so, sie war etwas besser als das Wetter. Aber auf diesem Platz muss man einfach Spaß haben, daher war das Ergebnis irrelevant. Die Tatsache, dass ich am Wochenende mit meinem Mann eine entspannte Runde spielen kann, steht da eher im Vordergrund.

In manchen Artikeln lesen wir immer wieder von „Coachin“ oder „Championin“. Benutzen Sie diese weiblichen Formen auch?
Nein, denn ich verwende die deutschen Begriffe, keinen Anglizismus. Und daher spreche ich auch immer von Trainerin, Spielerin, Deutscher Meisterin usw.

Bekommen Damen in den Clubs oder in den Verbänden aus Ihrer Sicht genau so viel Aufmerksamkeit wie die Herren?
Bei einigen Clubs macht es den Anschein, dass sie eher traditionell aufgestellt sein wollen. Da würde ich sagen nein. Aber bei der Mehrheit denke ich, dass das tatsächlich vom Club bzw. auch vom Clubleben abhängt. Pauschal lässt sich das nicht sagen.

Warum gibt es an der Spitze der Verbände bzw. der Clubs oder im Clubmanagement so gut wie gar keine Frauen?
Ich denke, dass das viel mit der Familienplanung zu tun hat - vor allem in den Clubs. Was den Verband angeht, so kann ich das zumindest für den BGV nicht bestätigen. Mit Heidrun Klump haben wir eine langjährige Geschäftsführerin und auch die Mehrheit der Angestellten ist weiblich. Auch im Vorstand des BGV finden sich zwei Frauen. Daher ist auch hier die Quote hoch. Quasi ein weiblicher Verband.

Nehmen Sie eine Veränderung wahr, dass mehr Frauen in die Golfbranche drängen?
Ehrlich gesagt nicht. Dies hat auch, wie schon erwähnt, mit der Familienplanung zu tun. Die Arbeitszeiten in der Golfbranche sind meines Erachtens auch zu unattraktiv bzw. passen nicht zur Familienplanung.

Sie arbeiteten viele Jahre als Clubmanagerin mit einer Präsidentin und einer Head-Greenkeeperin. Das war einmalig in Deutschland. Was machen Frauen an der Spitze eines Clubs anders als Männer?
Hm, also ich glaube nicht, dass sie viel anders machen. Jeder Einzelne, egal ob männlich oder weiblich, hat seine Stärken und Schwächen. Daher interpretiert jeder seine Führungsposition auch entsprechen individuell. Vielleicht ist es bei uns Frauen ein wenig die charmantere Art, die man gegenüber Mitgliedern an den Tag legt (lacht). Zumindest wird man oft höflicher behandelt. Das liegt glaube ich daran, dass die Hemmschwelle viel höher liegt, gegenüber einer Frau barsch zu reagieren.

Merken Sie im beruflichen Alltag, dass Sie eine Frau sind? Welche Momente fallen Ihnen da ein?
Manchmal ist es tatsächlich so, dass Anrufer nach den männlichen Kollegen fragen und sind dann erfreut oder erstaunt, wenn man ihnen ebenso eine Antwort geben kann. Aber auch das ist ein Lernprozess in unserer Gesellschaft.

Liegt der Mangel an Frauen im gehobenen Management auch daran, dass viele Frauen sich die Verantwortung schlicht nicht zutrauen?
Ja, das glaube ich tatsächlich. In vielen Firmen macht es aber auch den Anschein, dass immer ein Mann an der Spitze war, und daher bleibt das eben auch so. Mehr Mut und Vertrauen wären dann auch in diesem Fall von Seiten der Firmenbosse ein Schritt in die richtige Richtung.

Vervollständigen Sie bitte diesen Satz: Es braucht mehr Frauen im deutschen Golf, weil…
... es ohne uns sonst langweilig wäre. Mal ehrlich, eine gesunde Mischung beider Geschlechter kann ja nur von Vorteil sein.

Vielen Dank für das Gespräch!