Final Four

„Weitergehen, immer weiter!“ Hamburgs Damen holen den DM-Titel in die Hansestadt


7. August 2022 , Matthias Lettenbichler


So sehen Siegerinnen aus: Die Damen des Hamburger GC, Deutsche Mannschaftsmeisterinnen 2022, mit ihrem Coach Christian Lanfermann. Foto: DGV/mat
So sehen Siegerinnen aus: Die Damen des Hamburger GC, Deutsche Mannschaftsmeisterinnen 2022, mit ihrem Coach Christian Lanfermann. Foto: DGV/mat

Die Damen des Hamburger Golf-Club sind Deutsche Mannschaftsmeisterinnen 2022. In einem spannenden Finale gegen das Team des GC St. Leon-Rot setzten sich die Spielerinnen von Trainer Christian Lanfermann knapp mit 5:4 durch und holten den DM-Titel zum zweiten Mal nach 2018 in die Hansestadt. Den entscheidenden Punkt für den HGC brachte die 17-jährige Susanna Brenske auf dem 18. Grün des Gastgeberclubs GC Pfalz in Neustadt an der Weinstraße unter Dach und Fach. Das Match um Bronze entschieden die Damen des G&LC Berlin-Wannsee mit einem ebenfalls knappen 5:4-Erfolg über den GC München Valley für sich.

Neustadt an der Weinstraße – „Geht am besten morgen einfach raus und holt Euch beide Pokale!“ Die Empfehlung, die Marco Müntnich, der Co-Trainer der Männer des Hamburger GC, den Teams seines Clubs am Hamburger Abend gab, für den sein Verein am Samstag nach den Halbfinals kurzerhand das Clubhaus des GC Pfalz beinahe vollständig in Beschlag genommen hatte, war ebenso eindringlich wie einfach: Rausgehen, spielen, siegen. Was recht einfach klingt, wirkt schon etwas komplizierter, wenn man den Gegner kennt, der am Finaltag des Final Four 2022 auf die Hamburger Spielerinnen und Spieler wartete: Beide Erstligisten der Falkensteiner bekamen es in ihrem Endspiel mit den Aktiven des GC St. Leon-Rot zu tun, und die sind zumindest nach dem eigenen Anspruch immer Titelanwärter. Doch Müntnichs Wort hat offenbar Gewicht im Club im hohen Norden, denn sowohl die Hamburger Damen als auch die Herren hielten sich an seine Vorgabe und machten St. Leon-Rot jeweils zum Deutschen Vizemeister, während sie sicherstellten, dass der eigene Clubname in Kürze in die Siegerpokale der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft eingraviert wird, zusammen mit der Jahreszahl 2022.

Das Endergebnis des Final Four 2022 der Damen >>>

Doch während die Herren des HGC in die Verlängerung mussten und nach einem 6:6 den Titel erst im Stechen perfekt machten – hier geht’s zum Herren-Bericht –, jubelten Hamburgs Damen schon am späten Nachmittag, als die Sonne noch hoch am Himmel über dem Meisterschaftsplatz des GC Pfalz stand und gefühlt alle sechs Einzelpartien eigentlich noch eine Weile am Laufen waren. Doch dann ging plötzlich alles ganz schnell.

In den Vierern hatten die Youngster Susanne Brenske und Emelie von Finckenstein mit einem 4&3 gegen Daniëlle Modder und Anni Eisenhut am frühen Vormittag den ersten Punkt für Hamburg aufs Haben-Konto geschaufelt, Christin Eisenbeiß und Maike Schlender sorgten mit einem 3&1 über Charlotte Back und Isabelle Schlick für den zweiten HGC-Zähler, zuvor hatten Tessa Kremser und Paula Schulz-Hanßen mit einem 4&3 über Viktoria Maria Hund und Hannah-Leonie Karg für St. Leon-Rot gepunktet.

„Weitergehen, immer weiter!“, forderte Hamburgs Coach Christian Lanfermann den ganzen Tag über seine Spielrinnen auf, nicht nachzulassen, dran zu blieben, sich nach einem gewonnenen Loch nicht auszuruhen, sondern gleich den nächsten Lochgewinn im Focus zu haben. Eine Botschaft, die ankam in den Köpfen seiner Schützlinge, die nicht lockerließen und den Druck immer weiter erhöhten.

Mit einem 2:1 gingen die Hanseatinnen in die Einzel, und hier zeichnete sich nach wechselnder Führung auf den ersten neun Löchern auf dem Weg zum Clubhaus eine Zweiteilung ab: Während in den ersten drei Partien Christin Eisenbeiß gegen Celina Rosa Sattelkau, Susanna Brenske gegen Paula Schulz-Hanßen und Emilie von Finckenstein gegen Isabelle Schlick für Hamburg in Führung gingen, schickten sich Tessa Kremser gegen Maike Schlender, Charlotte Back gegen Hannah-Leonie Karg und Anni Eisenhut gegen Viktoria Maria Hund an, für den GC St. Leon-Rot zu punkten. Ein 3:3 auf der Anzeigetafel der Einzel und damit ein 5:4-Erfolg der Hanseatinnen zeichnete sich ab, und es blieb schließlich der 17-jährigen Susanne Brenske vorbehalten, den entscheidenden Punkt für den Hamburger Golf-Club tatsächlich unter Dach und Fach zu bringen.

Teamgeist und ein Viermeter-Putt an der 17

Zunächst buchte Christin Eisenbeiß, das gesamte Wochenende weithin sichtbar von Papa Willi begleitet, der eine riesige rote HGC-Fahne stundenlang über den Platz trug und schwenkte, mit einem 3&1 über Celina Rosa Sattelkau einen weiteren Punkt auf das Haben-Konto der Hamburgerinnen. Auch Emilie von Finckenstein gewann ihre Partie, sie schickte Isabelle Schlick mit 4&3 vorzeitig zurück ins Clubhaus, während wenig später Tessa Kremser mit einem 3&2 gegen Maike Schlender für SLR punktete. Damit kam es an Bahn 18 zwischen Susanna Brenske und Paula Schulz-Hanßen zum Showdown um den DM-Titel 2022 und die Karawane der zahlreichen Zuschauer bewegte sich im Laufschritt in Richtung des Clubhauses des GC Pfalz.

Die Hamburgerin lag nach einem starken Viermeter-Putt an der 17 Eins Auf gegen Paula Schulz-Hanßen, die damit das letzte Loch gewinnen musste, um die vorzeitige Niederlage ihres Teams noch abzuwenden. Doch während Susanne Brenske unter dem Jubel des Hamburger Anhangs ihren Drive anscheinend völlig unbekümmert perfekt auf der Bahn platzierte, verzog Paula Schulz-Hanßen ihren Abschlag nach rechts ins Gestrüpp. Susanne Brenske legte ihren Ball mit dem zweiten Schlag lässig aufs Grün und durfte wenige Minuten später den Glückwunsch von Paula Schulz-Hanßen zum Sieg entgegennehmen, der die Hamburgerinnen zum zweiten Mal nach 2018 zu Deutschen Mannschaftsmeisterinnen macht; im letzten Jahr waren sie ebenso Zweite geworden wie 2020 beim Bundespokal.

Die Bilder der Siegerehrung >>>

„Ich bin sehr stolz auf die Mädels, denn es war ein absoluter Teamgeist, der uns zu diesem Titel geführt hat, nicht nur hier beim Final Four, sondern über die gesamte Saison. Jede hat wirklich zu 100 Prozent für dieses Team und für diesen Titel gelebt und gekämpft“, so Lanfermann. „Ich habe immer an unseren Erfolg geglaubt, aber die Matches waren heute wirklich sehr eng, und dann ging es einfach nur noch schnell. Dass Susanna am Ende diese entscheidende Partie bei ihrem ersten Final Four so routiniert runterspielt, und dann auch noch gegen Paula Schulz-Hanßen, das ist wirklich phantastisch. Aber mein ganzes Team war einfach großartig – ich bin unheimlich stolz auf die Mädels.“

„Gekämpft wie echte Wölfe“

Faire Glückwünsche gab es direkt nach dem Sieg von SLR-Coach Sebastian Buhl: „Die Hamburgerinnen haben sehr stark gespielt, Gratulation zur Deutschen Meisterschaft. Die Partie war lange offen, aber so an den Bahnen 13/14 haben wir plötzlich unser Momentum verloren und konnten dann nicht mehr zurückkommen. Susanna Brenske hat das entscheidende Match dann sehr clever für sich entschieden. Natürlich sind wir enttäuscht, den Titel nicht geholt zu haben, wir hatten in den entscheidenden Phasen das Momentum heute nicht auf unserer Seite und haben unser Saisonziel, das Final Four zu gewinnen, verfehlt.“ Gleichzeitig zeigte auch er sich stolz auf sein Team, das den Spitznamen „Wolfpack“ trägt: Die Mädels haben da draußen einen großartigen Job gemacht und gekämpft wie echte Wölfe! Wir haben uns nichts vorzuwerfen, so ist nun mal der Sport. Fürs nächste Jahr werden wir eine Schippe drauflegen, um dann endlich mal die Tür einzutreten.“

„Wir feiern diese Medaille!“

Enttäuschung und Stolz – zwei Gefühle, die auch das Team des G&LC Berlin-Wannsee an diesem Final-Four-Wochenende erlebte. Zunächst am Samstag die Enttäuschung, die Finalteilnahme und damit auch die Chance aufs Triple verpasst zu haben – 2021 und auch 2022 beim Bundespokal hatten sich die Hauptstädterinnen durchgesetzt. Und dann doch große Freude über eine sehr wertvolle, weil mit viel Einsatz erkämpfte Bronzemedaille. „Wir sind sehr stolz auf diese Bronzemedaille, denn Valley hat uns einen Wahnsinns-Fight geliefert. Sie hatten Pech morgens mit dem Einwechsel-Fehler, es war dann aber wie bei einem angeschlagenen Boxer, der gefährlicher wird“, so Berlins Coach Mario Hansch. „Valley wollte diese Bronzemedaille auch unbedingt, das war in jeder Phase zu spüren. Und deshalb bin ich richtig stolz auf meine Mädels, dass sie da so gegengehalten und gekämpft haben. Ganz gleich, ob vorne Alexandra Försterling und Rosalie Stadler oder hinten Julia Neumann mit einer echten Nervenschlacht die schon zwei down lag und dann zwei auf gewonnen hat- das war phantastisch. Diese Bronzemedaille fühlt sich sehr wertvoll an, und wir feiern sie richtig!“

Valley mit Ausfall, Wechselfehler und großem Kampfgeist

Womit sich der GC München Valley wie schon im letzten Jahr mit dem undankbaren vierten Platz begnügen muss. Dabei klebte dem Team von Anfang an ein wenig das Pech am Schläger. Zum einen stand Maria Anetseder, an den letzten Spieltagen eine der stärksten Valleyer Akteurinnen und zuverlässige Punktelieferantin, ausgerechnet am Final-Four-Wochenende nicht zur Verfügung – „aus persönlichen Gründen“, so Trainer Sixten Rigol. Dann musste sich der Club nach der „doch auch ein wenig überraschenden Qualifikation fürs Final Four“ (Rigol) in den Tagen vor dem Finalturnier zumindest gedanklich mit dem Einspruch des Münchener GC beschäftigen, Valley hätte eine nicht für den Club spielberechtigte Aktive eingesetzt; der Einspruch wurde seitens der DGL abgeschmettert, da Valley das Spielrecht nachweisen konnte, „hat uns aber natürlich schon ein bisschen beschäftigt“, so Valleys Cheftrainer Danny Wilde. Und dann meldete sich am Morgen des Spiels um Platz 3 im GC Pfalz mit Chiara Horder ausgerechnet die absolute Punktegarantin krank, die sich seit Wochen in Bestform befindet und am Vortag als einzige Spielerin des GC München-Valley ihr Einzel gewinnen konnte; mit Corona-Verdacht musste sie für den Vierer passen. Doch damit nicht genug: Als Lilian Klug als Ersatzspielerin eingewechselt werden sollte, um gemeinsam mit Verena Gimmy den dritten Vierer zu bestreiten, versäumte es das Team in der Hektik des Augenblicks, diesen Wechsel rechtzeitig bei der Spielleitung anzuzeigen, und die Partie wurde kampflos für Berlin-Wannsee gewertet. Damit startete Valley schon mal mit einem 0:1 ins Match um Bronze.

„So gesehen haben wir uns unter diesen Umständen noch recht gut verkauft“, konstatierte Danny Wilde später, der die Partie als Zuschauer begleitete. „Es gab nach meinem Fauxpas mit der Einwechslung eine Trotzreaktion. Das war mal kurz in den Köpfen am Vormittag, aber am Nachmittag haben wir dann alles gegeben“, so Coach Sixten Rigol. Lara Ok spielte zunächst groß auf gegen die haushohe Favoritin Alexandra Försterling und musste sich erst auf den Back Nine geschlagen geben, als Försterling ihre große Klasse zeigte und mit starken Eisen auftrumpfte. Auch Sonya Knebel bot Rosalie Stadler lange Paroli, musste sich aber ebenfalls geschlagen geben. An Position 3 und 4 holten Nina Lang und Barbora Bujáková Punkte für Valley, und Professional Verena Gimmy zeigte Catharina Lohoff mit 8&6 sehr deutlich, dass sie aktuell in bestechender Form ist. Womit es auch im Bronze-Match zum Showdown nach 18 Löchern kam: Gleichauf gingen Valleys Kamila Handrychova und die Berlinerin Julia Neumann an den Abschlag der 9. Spielbahn des GC Pfalz, und während Julia Neumann ihren Drive perfekt auf dem Fairway platzierte, verzog Kamila Handrychova ihren Ball nach links ins Rough. Von da hatte führte der nächste Schlag hinters Grün, und sie hatte letztlich keine Chance mehr zu kontern, denn Julia Neumann holte sich mit zwei weiteren exzellenten Golfschlägen das Match und damit die Bronzemedaille für den G&LC Berlin-Wannsee.

„Wir konnten sie ein bisschen ärgern und es spannend machen, und Berlin war stark – mein Glückwunsch zu Bronze, die sich für uns wie Golf angefühlt hätte“, so Sixten Rigol nach seinem ersten Final Four als Trainer des GC München Valley. „Es würde mich freuen, wenn wir nächstes Jahr wieder hierher in die Pfalz kommen können, und dann wollen wir unbedingt Metall mitzunehmen. Wir sehen, dass der Abstand auch zu einem Team wie Hamburg, die jetzt Deutscher Meister geworden sind, nicht allzu große ist und trauen uns einiges zu“, so Rigol. „Es war eine anstrengende Saison, und sie hat sehr großen Spaß gemacht mit dem Team. Wir freuen uns auf 2023!“

GC Pfalz: Einladung für 2023

Dass das Final Four dann tatsächlich wieder in Neustadt an der Weinstraße stattfindet, ist durchaus möglich denn neben den beiden Siegerteams gab es bei diesem Final Four 2022 noch einen weiteren Gewinner, nämlich den GC Pfalz, der durchweg Bestnoten erhielt. „Ich muss gestehen, dass ich, als ich gehört habe, dass das Final Four 2022 im GC Pfalz gespielt wird, noch nicht einmal wusste, wo dieser Club liegt“, erklärte Christian Lanfermann bei der Siegerehrung. „Jetzt weiß ich es nicht nur, sondern jetzt weiß ich auch, was für ein phantastischer Golfclub und Golfplatz das ist. Man kommt hierhin und wird megafreundlich aufgenommen, die Leute sind unheimlich nett, wir haben uns auf Anhieb wohlgefühlt, und Platz selbst ist auch super! Die Löcher haben es teilweise wirklich in sich, auch die Grüns sind mega – es ist ein richtig guter Matchplay-Platz, auch für die Zuschauer übrigens, denn man kann auf der Anlage gut crossen. Wir würden nächstes Jahr sehr gerne wiederkommen, um unseren Titel hier zu verteidigen.“ Und Berlins Mario Hansch pflichtete bei: „Es ist ein phantastischer Golfplatz, ein traumhafter Parkland-Platz mit tollen Grüns und wahnsinnig interessanten Löchern. Ich fahre sehr gerne wieder in die Pfalz, wir würden gerne wiederkommen.“

Dass auch der Club nichts dagegen einzuwenden hätte, auch 2023 Austragungsort des Final Four der Deutschen Golf Liga presented by All4Golf zu sein, ließ sich GC-Pfalz-Präsident Michael Löffler bei der Siegerehrung entlocken „Wenn es Ihnen bei uns gefallen hat, dann wüsste ich nicht, was dagegenspräche“, so der Clubchef. Hat es, zum einen wegen des Platzes, der ebenso abwechslungsreich ist wie anspruchsvoll, mit großen, treuen, ondulierten Grüns, mit interessanten Spielbahnen, die Länge vom Tee und gleichzeitig der beidseitigen Bäume wegen höchste Präzision erfordern und damit prädestiniert sind für ein spannendes Matchplay-Finale. Und zum anderen wegen der großartigen Unterstützung des Clubs und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich als exzellente Gastgeber gezeigt haben. Vor allem natürlich gegenüber dem Hamburger GC, der nicht nur seinen Hamburger Abend im Clubhaus des GC Pfalz feiern durfte, sondern auch noch beide Siegertrophäen mit nach Hause nehmen. Ganz so, wie Marco Müntnich das empfohlen hatte.