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Tom Kim: “Ein Geschenk für unseren Sport”


30. Oktober 2022 , Thomas Fischbacher


Im Aufwind: Tom Kim
Im Aufwind: Tom Kim | © Warren Little/Getty Images

Tom Kim hat sich innerhalb von nur wenigen Monaten von der Asian Tour in die Weltspitze gespielt. Wer ist dieser junge Südkoreaner, dem der Aufstieg zu einem globalen Superstar zugetraut wird?

Auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des CJ Cup in South Carolina musste der spätere Sieger Rory McIlroy nach einer Frage kurz nachdenken. Ein wissbegieriger Gast wollte wissen, wie er mit dem großen Erfolg in noch sehr zartem Alter zurecht gekommen sei? Wie er alles hinbekommen hätte? Dieser wissbegierige Gast war kein geringerer als Tom Kim. Der Südkoreaner, dessen richtiger Name Kim Joo-hyung lautet, hat vor kurzem durchaus für Aufmerksamkeit auf der PGA Tour gesorgt. Er holte sich Anfang Oktober bei der Shriners Childrens Open seinen zweiten PGA-Tour-Sieg. Zwei Titel vor dem Beginn des 21. Lebensjahres – ein meisterliches Frühwerk, das zuletzt einem gewissen Tiger Woods gelungen war. Mehr als 26 Jahre ist das nun her. 

McIlroy holte zu einer ausführlichen und gleichermaßen eloquenten Antwort aus. "Ich hatte nicht so viel Erfolg wie du in so jungen Jahren", schmunzelte er zunächst. "Das Wichtigste, was ich erkannt habe, ist es, seine Zeit zu managen. Man wird in so viele verschiedene Richtungen gezogen."
 


Die neue und alte Nummer eins blickte auf das Shirt des jungen Top-Talents und stellte fest: "Ich sehe jetzt schon fünf Sponsoren auf dich zukommen, richtig? Man muss versuchen, seine Zeit einzuteilen und darf nie vergessen, was einen in diese Position gebracht hat. Warum bist du ein zweifacher PGA-Tour-Sieger? Warum bist du ein so großartiger Spieler? Es ist die Zeit, die man investiert, und es ist das Training, das man nicht aus den Augen verliert. Das ist das Entscheidende."

Intensives Training ist für Kim, der 2002 in Seoul auf die Welt kam und in Australien, den Philippinen und in Thailand aufwuchs, nichts Fremdes. Sein Vater versuchte es einst selbst auf der Tour, wurde im Anschluss Golflehrer und investierte viel Zeit in seinen Sohn. Der Spitzname Tom entstand im Kindesalter aufgrund einer Vorliebe für die Fernsehsendung "Thomas the Tank Engine". 

Schnellstart in Asien

Golf kristallisierte sich neben der geliebten TV-Serie schnell als die größte Leidenschaft heraus. Kim sorgte zunächst in Asien für Aufsehen. In der Sprungbrett-Liga zur Asian Tour gelang 2019 bei der PGA ADT Championship der erste Sieg. Zwei weitere sollten folgen, ehe er bereits im November – mittlerweile bereits auf der Asian Tour spielberechtigt – mit 17 Jahren und 149 Tagen zum jüngsten Asian-Tour-Gewinner aller Zeiten avancierte. 

Spätestens seit diesem Zeitpunkt galt Kim als Top-Talent, dem alles zuzutrauen war. 2022 nahm die Karriere auch außerhalb seiner Heimat so richtig Fahrt auf. Ein Gastspiel bei der Scottish Open nutzte er eindrucksvoll und wurde Dritter. In der Folge erspielte er sich durch starke Auftritte bei der Open Championship (T47) sowie der Rocket Mortage Classic (T7) seine Karte für die PGA Tour. Bei der Wyndham Championship eröffnete er das Turnier mit einem Quadruple-Bogey und beendete es fünf Schläge vor dem nächsten Konkurrenten. Der unwirkliche Aufstieg des jungen Tom Kims hatte mit seinem Sieg auf der großen Bühne der PGA Tour seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Vorläufig, wohlgemerkt. 

Mitreißender Auftritt beim Presidents Cup

Denn das Märchen ging rasant weiter: Kim trat für das aufgrund der LIV-Abgänge ersatzgeschwächte internationale Team beim Presidents Cup und begeisterte mit seinen emotionalen und unterhaltsamen Auftritten die Zuschauer weltweit. Sogar Rory McIlroy bestätigte, er sei bei seinen Partien vor lauter Aufregung im Bett gestanden. Auch Trevor Immelmann, Kapitän des Team International in Quail Hollow, war begeistert vom Auftritt des Debütanten. "Dieser junge Mann, der in den letzten sechs Monaten auf der Bildfläche erschienen ist, ist ein unglaubliches Geschenk für unseren Sport. Er hat die Fähigkeit, ein globaler Superstar zu werden. Ich weiß, dass er das Spiel hat. Wir haben gesehen, dass er das Spiel hat. Aber was ich in dieser Woche über seine Persönlichkeit, sein Herz und das, wofür er steht, erfahren habe, macht mich zu einem großen Fan."
 


Kim nutzte den Aufwind und triumphierte bei der Shriners Childrens Open gleich nochmal.  "Ich muss noch viel an meinem Spiel arbeiten. Da muss ich ehrlich sein," verriet er nach seinem Triumph bescheiden. "Es gibt einige Schwächen, die ich noch verbessern muss, und ich muss meine Stärken beibehalten. Hoffentlich kann ich eine lange Karriere haben, aber ich muss wirklich hart arbeiten. Ich darf mich auf keinen Fall zufrieden geben. Ich muss einfach immer besser spielen, denn es gibt eine Menge Leute, die wirklich hart arbeiten und viel mehr erreicht haben als ich. Ich komme nicht einmal in die Nähe von Tiger. Ob Tiger, Rory, Justin, Jordan, diese Jungs, ich habe noch einen langen Weg vor mir, also muss ich einfach weiter hart arbeiten."

Ob aus dem jungen Kim Joo-hyung, der anders als viele asiatische Tour-Kollegen fließend Englisch spricht, irgendwann ein globaler Superstar wird, wird sich zeigen. Darüber entscheidet auch die Zeit – und wie Kim sie für sich einteilt.

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