Disabled Champ

IAM-Sieg für Sräga, Doppel-Titel für Klischan


21. Mai 2022 , Matthias Lettenbichler


Die stolzen Sieger der IAM (kleines Foto) und der DM 2022 der Golferinnen und Golfer mit Einschränkungen. Fotos: DGV/mat
Die stolzen Sieger der IAM (kleines Foto) und der DM 2022 der Golferinnen und Golfer mit Einschränkungen. Fotos: DGV/mat

Die 5. German International Disabled Championship war fest in deutscher Hand: Jennifer Alexandra Sräga vom GC Reischenhof und Timo Klischan vom G&CC Seddiner See sicherten sich die Titel der IAM-Gesamtwertung und sind damit die internationalen German Disabled Champions 2022. Timo Klischan holte sich beim 36-Löcher-Turnier im Baden Hills Golf und Curling Club in Rheinmünster außerdem in der Kategorie-Wertung „Arm“ den Deutschen Meistertitel. In den sieben weiteren ausgelobten DM-Kategorien gingen die Siegertrophäen an Katharina Pegau (GC München Valley / Bein), Reinhold Ludwig (GP Rittergut Birkhof / Sonstige mit Einschränkungen), Marco Ullmann (GC Neuhof / Sonstige ohne Einschränkungen), Maxime Waldheim (GC Dillenburg / Mental), Christian Nachtweih (Rothenberger GC Rittergut / Rollstuhl), Florian Kehr (GP Aschheim / Blind) und Lisa Schmitz (GC Hösel / Gehörlos).

Rheinmünster – Am Ende haben sie es noch einmal richtig spannend gemacht – die Damen ebenso wie die Herren. Nach 36 Löchern der 5. German International Disabled Championship trennte Jennifer Alexandra Sräga vom GC Reischenhof und Katharina Pegau vom GC München Valley nur ein einziger Schlag: Mit 28 über Par holte sich Jennifer Sräga den Titel 2022 und feierte ihren Sieg auf dem 18. Grün; im letzten Jahr war sie Zweite geworden. Eine 85er-Runde hatte die 22-Jährige im zweiten Durchgang auf den Platz gebracht und mit gesamt 172 Schlägen (87+85) Pegau denkbar knapp auf Rang 2 verwiesen (87+86/173); Dritte wurde Lisa Schmitz vom GC Hösel (91+89/180).

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„Es ist gut gelaufen für mich, aber es war auch ein sehr harter Kampf, Loch um Loch, und ich hatte einfach das glücklichere Ende“, so Championesse Jennifer Alexandra Sräga. „Ich habe nie aufgegeben und von Loch zu Loch gedacht und mich immer auf den nächsten Schlag konzentriert – das hat sehr geholfen.“ Insbesondere auf den Back Nine holte sie auf, setzte ihre Kontrahentin mit gefühlvollen Annäherungen und starken Putts immer wieder unter Druck – und sich selbst letztlich knapp durch. „Wenn ich weiß, dass ich solch ein stark besetztes Turnier gewinnen kann und damit auch die Nummer 1 der deutschen Damen bin, dann gibt mir das sehr viel Selbstvertrauen, wenn ich zum Beispiel demnächst bei der Europameisterschaft für mein Land an den Start gehen kann“, so Jennifer Sräga. „So ein Turnier wie hier ist dann auch die Bestätigung, dass ist richtig trainiere.“

Mit ihrem Coach David Hausner, Fully Qualified PGA Golfprofessional und Mitglied des Lehrteams der PGA of Germany, wird die 1,28 Meter große Athletin in den kommenden Wochen am Reischenhof vor allem an ihrem langen Spiel arbeiten, um „ordentlich aus der Teebox zu kommen“. Und um Anfang Juni in Belgien mit dem Team Germany den EM-Titel zu holen.

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Dann ist auch Timo Klischan im deutschen Aufgebot, der in Baden Hills wie Jennifer Sräga Weltranglistenpunkte sammelte und sich gleich zwei weitere Siegertrophäen für seine bereits umfangreiche Sammlung sicherte. Zum einen verteidigte der 40-Jährige vom Golf & Country Club Seddiner See, wohin er der „sehr sportlichen Ausrichtung wegen“ zu Saisonbeginn gewechselt hatte, seinen IAM-Titel aus dem Vorjahr. Außerdem gewann er die DM-Kategorie „Arm“.

Den ganzen Tag über lieferte sich der Titelverteidiger in der Schlussgruppe einen spannenden Schlagabtausch mit dem Türken Mehmet Kazan, der in Runde 1 eine 81 unterschrieben hatte und damit mit drei Schlägen Rückstand auf den führenden Klischan (78) in den Finaltag ging. Der Italiener Vittorio Cascino hatte als Zweitbester für seine Auftaktrunde 80 Schläge benötigt, doch während der Mann vom La Bagnaia Golf & Spa Resort am Finaltag 85 Schläge brauchte, lief es in der Schlussrunde vor allem für Mehmet Kazan prächtig.

Mit starken Drives und exzellenten Putts auch aus der Distanz hielt er stets Kontakt zu Timo Klischan – und holte auf den Back Nine immer mehr auf. Mit Birdies an den Löchern 17 und 18 machte er den Rückstand schließlich endgültig wett und brachte eine 73 ins Clubhaus, das mit Abstand beste Resultat des gesamten Turniers. Damit stellte er auf 10 unter Par und zog gleich mit Klischan, der den Sieg-Putt an der 18 aus einem halben Meter verschob. Das Turnier der Herren ging damit ins Stechen, wo beiden Kontrahenten am ersten Extra-Loch solide Drives gelangen. Doch dann überpowerte Kazan unter den Augen seines Trainer Erol Simsek und setzte seinen Ball beim Schlag zur Fahne 20 Meter übers Grün hinaus. Timo Klischan spielte sicher aufs Grün des 447 Meter langen Par 4 und brachte schließlich seinen zweiten IAM-Titel in Folge unter Dach und Fach.

„Dieses Turnier ist für unseren Club ein Geschenk und ein Segen!“


„Es ist immer etwas Besonderes, wenn man es schafft, einen Titel zu verteidigen“, freute sich Timo Klischan. Umso mehr, da am Morgen des Finaltags dieser 5. German International Disabled Championship, zu der 49 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus acht Ländern gekommen waren, noch nicht einmal klar war, ob der nach dem ersten Durchgang Führende überhaut an den Abschlag würde gehen können. Muskelschmerzen im Oberkörper machten eine freie Bewegung fast unmöglich. „Ich dachte, ich kann gar nicht spielen“, so Klischan. „Ich hatte den Schmerz gestern schon bemerkt, und über Nacht wurde es schlimmer. Wahrscheinlich eine Zerrung.“

Doch wie in so vielen anderen kleinen und großen Dingen, erwies sich auch hier das Team des Baden Hills Golf und Curling Club als ebenso rühriger wie engagierter und effizienter Gastgeber: Kurzerhand organisierte das Sekretariat eine Physiotherapeutin, die zum Club kam, den verklemmten Muskel mobilisierte und es Timo Klischan letztlich ermöglichte, seinen Titel zu verteidigen. „Ich habe wenig Driver geschlagen und sehr leicht geschwungen und immer wieder Dehnübungen gemacht. Die Hilfe war großartig – dafür noch einmal ein ganz großes Dankeschön“, so er Champion bei seiner Siegerrede, die er 2023 sehr gerne wieder an selber Stelle halten würde. „Es wäre schön, wenn wir wiederkommen dürften“, pflichtete auch Jennifer Sräga bei. Am Club soll’s nicht scheitern: „Wir werden uns definitiv wieder um die Austragung dieses Turniers bewerben“, so Sportwart Michael Kuhlen, „dieses Turnier ist für unseren Club ein Geschenk und ein Segen!“

Pokale und Medaillen gibt es in großer Menge bei der kombinierten internationalen und deutschen Disabled Championship des Deutschen Golf Verbands. Neben den Zählspiel-Champions Jennifer Sräga und Timo Klischan holten sich der Italiener Paolo Vernassa und Katharina Pegau die Netto-Titel der internationalen Wertung, Senne Nuyens aus Belgien und Julika Innig vom GC Münsterland setzten sich nach Stableford durch. Die Sonderwertung der Rollstuhlfahrer – vier waren am Start – entschied der Belgier Graham Freeman souverän für sich.

Parallel zum länderübergreifenden Wettbewerb ist die Disabled Championship zugleich auch die Deutsche Meisterschaft der Golferinnen und Golfer mit Behinderungen. Die Wertung erfolgt hier in acht verschiedenen Einschränkungs-Kategorien, wobei es jeweils eine gemeinsame Wertung für Damen und Herren gibt, und es Brutto-Punkte zu sammeln gilt. In der Kategorie „Arm“ setzte sich IAM-Sieger Timo Klischan vor Clemens Michael (Royal Dortmund) und Martin Schmedding (GP Nümbrecht) durch. Die neue Deutsche Meisterin „Bein“ ist Katharina Pegau, die weiteren Podestplätze belegen hier Reinhard Friske (GC Hamburg-Walddörfer) und Gabriele Lorenz (GC Lichtenau). Deutsche Meisterin der Kategorie „Gehörlos“ ist Lisa Schmitz vom GC Hösel, Petra Brandt (GC Biblis-Wattenheim) und Stefanie Scholz (GC Bad Rappenau) sicherten sich Silber und Bronze.

Weitere Goldmedaillen gehen an Florian Kehr vom GP Aschheim (Blind) und an Rollstuhlgolfer Christian Nachtwey vom Rothenberger GC Rittergut. In der Kategorie „Mental“ setzte sich Maxime Waldheim vom GC Dillenburg vor Lasse Zietzschmann (GC Trier) und Quentin Thomann (Mainzer GC) durch. Die Klasse „Sonstige mit Einschränkungen beim Golfspiel“ entschied Reinhold Ludwig vom GP Rittergut Birkhof vor Thomas Jandke vom GC Abenberg und Wilfried Ahrens vom G&LC Bad Arolsen für sich, und die Wertung „Sonstige ohne Einschränkungen beim Golfspiel“ ging schließlich an Marco Ullmann vom GC Neuhof (Gold) vor Paula Mielke-Salzmann (GC Oberhausen / Silber) und Mario Sundt (GC Oberneuland / Bronze).

Eine Goldmedaille im übertragenen Sinn und ein großes Dankeschön samt Erinnerungs-Urkunde gab es schließlich von Turnierdirektor Sven Hahnl für die großartigen Gastgeber vom Baden Hills Golf und Curling Club in Rheinmünster. Ein bestens gepflegter und landschaftlich hübscher Golfplatz, wo man den Ball flach halten muss wegen des zuweilen strammen Windes, wo man lernt, sich auf sein Spiel zu konzentrieren und unempfindlich zu werden gegen ein bisschen Flugzeug-Lärm aus dem benachbarten Baden Airpark, und wo sie sich freuen, wenn Deutschlands beste sowie einige der stärksten Golferinnen und Golfer Europas mit körperlichen oder mentalen Einschränkungen wieder zu Gast sind.

Die Bilder von Runde 1 >>>